François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.der sich zu einem tüchtigen Arbeiter auf meinem Felde Die Sorge für diese körperliche Erholung hatte der ſich zu einem tüchtigen Arbeiter auf meinem Felde Die Sorge für dieſe körperliche Erholung hatte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0250" n="246"/> der ſich zu einem tüchtigen Arbeiter auf meinem Felde<lb/> heranziehen ließ. Aber ein Mädchen! was ſollte mir und<lb/> meiner Reckenburg ſolch ein ſchwächliches, zerbrechliches<lb/> Ding, das beſtenfalls Stricknadel und Kochlöffel re¬<lb/> gieren lernte? Und ein verkümmertes, trübſeliges Ge¬<lb/> ſchöpf obendrein, in dem kein Zug mich an das Paar<lb/> erinnerte, das mir den Jugendſinn der Schönheit er¬<lb/> weckt und bisher allein befriedigt hatte. Gründete<lb/> ich dem Kinde eine bürgerlich behagliche Exiſtenz, für<lb/> welche ich es, nach ſeiner körperlichen Erholung, in<lb/> einer braven Predigerfamilie erziehen ließ, ſo war<lb/> mein gegebenes Wort und damit meine Aufgabe gelöſt.<lb/></p> <p>Die Sorge für dieſe körperliche Erholung hatte<lb/> ich meiner Kammerfrau übertragen, auf die ich mich<lb/> verlaſſen durfte, wie auf mich ſelbſt. Denn „gleiche<lb/> Herren, gleiche Diener,“ das Axiom galt ſeit der<lb/> Neubegründung der Reckenburg. Das Kind wurde<lb/> gekleidet, genährt, gebadet, gepflegt auf ein Titelchen<lb/> nach der Vorſchrift des Medicus oder meinem eige¬<lb/> nen Befehl, mit der nämlichen Accurateſſe, wie meine<lb/> Wäſche gebügelt, oder meine Zimmer entſtäubt wur¬<lb/> den; aber auch nicht einen Funken über den Dienſt¬<lb/> eifer hinaus. Ich konnte deſſen verſichert ſein, ohne<lb/> nachzuſchauen. Indeſſen ſchaute ich nach, ſo oft ich vor<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [246/0250]
der ſich zu einem tüchtigen Arbeiter auf meinem Felde
heranziehen ließ. Aber ein Mädchen! was ſollte mir und
meiner Reckenburg ſolch ein ſchwächliches, zerbrechliches
Ding, das beſtenfalls Stricknadel und Kochlöffel re¬
gieren lernte? Und ein verkümmertes, trübſeliges Ge¬
ſchöpf obendrein, in dem kein Zug mich an das Paar
erinnerte, das mir den Jugendſinn der Schönheit er¬
weckt und bisher allein befriedigt hatte. Gründete
ich dem Kinde eine bürgerlich behagliche Exiſtenz, für
welche ich es, nach ſeiner körperlichen Erholung, in
einer braven Predigerfamilie erziehen ließ, ſo war
mein gegebenes Wort und damit meine Aufgabe gelöſt.
Die Sorge für dieſe körperliche Erholung hatte
ich meiner Kammerfrau übertragen, auf die ich mich
verlaſſen durfte, wie auf mich ſelbſt. Denn „gleiche
Herren, gleiche Diener,“ das Axiom galt ſeit der
Neubegründung der Reckenburg. Das Kind wurde
gekleidet, genährt, gebadet, gepflegt auf ein Titelchen
nach der Vorſchrift des Medicus oder meinem eige¬
nen Befehl, mit der nämlichen Accurateſſe, wie meine
Wäſche gebügelt, oder meine Zimmer entſtäubt wur¬
den; aber auch nicht einen Funken über den Dienſt¬
eifer hinaus. Ich konnte deſſen verſichert ſein, ohne
nachzuſchauen. Indeſſen ſchaute ich nach, ſo oft ich vor
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