Das Schlußcapitel meiner Geschichte haben wir miteinander durchlebt, liebe Hardine. Es wird Dir wenig erzählen, dessen Du Dich nicht erinnertest, und soll nur ein Facit sein von dem, was wir uns gegen¬ seitig schuldig geworden sind.
Du glaubst, es sei eine warme Hand gewesen, welche die Waise von der Leiche des Vaters unter ein heimisches Dach geführt hat. Wie oft habe ich mit Scham den Dank Deiner Thränen auf dieser Hand empfunden! Mein Kind, es war ein sehr frosti¬ ges Geleit, und es hat lange gewährt, bis ich -- Dich lieben etwa ? -- o nein, bis ich Deinen Anblick nur ertragen lernte.
Es war ein Moment in meinem Leben, in wel¬ chem die letzte matte Spur von dem, was die Men¬
16*
Siebentes Capitel. Der Jungbrunnen.
Das Schlußcapitel meiner Geſchichte haben wir miteinander durchlebt, liebe Hardine. Es wird Dir wenig erzählen, deſſen Du Dich nicht erinnerteſt, und ſoll nur ein Facit ſein von dem, was wir uns gegen¬ ſeitig ſchuldig geworden ſind.
Du glaubſt, es ſei eine warme Hand geweſen, welche die Waiſe von der Leiche des Vaters unter ein heimiſches Dach geführt hat. Wie oft habe ich mit Scham den Dank Deiner Thränen auf dieſer Hand empfunden! Mein Kind, es war ein ſehr froſti¬ ges Geleit, und es hat lange gewährt, bis ich — Dich lieben etwa ? — o nein, bis ich Deinen Anblick nur ertragen lernte.
Es war ein Moment in meinem Leben, in wel¬ chem die letzte matte Spur von dem, was die Men¬
16*
<TEI><text><body><pbfacs="#f0247"n="[243]"/><divn="1"><head>Siebentes Capitel.<lb/><hirendition="#b">Der Jungbrunnen.</hi><lb/></head><p>Das Schlußcapitel meiner Geſchichte haben wir<lb/>
miteinander durchlebt, liebe Hardine. Es wird Dir<lb/>
wenig erzählen, deſſen Du Dich nicht erinnerteſt, und<lb/>ſoll nur ein Facit ſein von dem, was wir uns gegen¬<lb/>ſeitig ſchuldig geworden ſind.</p><lb/><p>Du glaubſt, es ſei eine warme Hand geweſen,<lb/>
welche die Waiſe von der Leiche des Vaters unter<lb/>
ein heimiſches Dach geführt hat. Wie oft habe ich<lb/>
mit Scham den Dank Deiner Thränen auf dieſer<lb/>
Hand empfunden! Mein Kind, es war ein ſehr froſti¬<lb/>
ges Geleit, und es hat lange gewährt, bis ich — Dich<lb/>
lieben etwa ? — o nein, bis ich Deinen Anblick nur<lb/>
ertragen lernte.</p><lb/><p>Es war ein Moment in meinem Leben, in wel¬<lb/>
chem die letzte matte Spur von dem, was die Men¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig">16*<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[[243]/0247]
Siebentes Capitel.
Der Jungbrunnen.
Das Schlußcapitel meiner Geſchichte haben wir
miteinander durchlebt, liebe Hardine. Es wird Dir
wenig erzählen, deſſen Du Dich nicht erinnerteſt, und
ſoll nur ein Facit ſein von dem, was wir uns gegen¬
ſeitig ſchuldig geworden ſind.
Du glaubſt, es ſei eine warme Hand geweſen,
welche die Waiſe von der Leiche des Vaters unter
ein heimiſches Dach geführt hat. Wie oft habe ich
mit Scham den Dank Deiner Thränen auf dieſer
Hand empfunden! Mein Kind, es war ein ſehr froſti¬
ges Geleit, und es hat lange gewährt, bis ich — Dich
lieben etwa ? — o nein, bis ich Deinen Anblick nur
ertragen lernte.
Es war ein Moment in meinem Leben, in wel¬
chem die letzte matte Spur von dem, was die Men¬
16*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. [243]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/247>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.