mein Ohr: "Glaubst Du, daß Gott barmherzig ist, Hardine?"
"Ich glaube es, Dorothee," antwortete ich be¬ stimmt.
"Auch gegen Eine, die nicht mehr Vater zu ihm sagen darf?"
"Gegen jedes schwache, irrende Geschöpf, das sich nach seiner Vaterliebe sehnt."
"Und er lebt, hast Du gesagt, er lebt?"
"Er lebt und ich werde meine Augen über ihn halten und ihm sagen, daß im Vaterreiche eine lie¬ bende Mutter seiner Heimkehr harrt."
Kaum hatte ich diese Worte gesprochen und Do¬ rothee mit letzter Lebenskraft ihre Lippen auf meine Hand gedrückt, als Siegmund Faber in das Zimmer trat und mit einem herzdurchdringenden Schrei an dem Sterbebette niederstürzte. Sie schlug das brechende Auge noch einmal zu ihm auf, ein letztes Beben er¬ schütterte den halberstarrten Leib. "Faber!" röchelte sie. "Barmherzigkeit, Faber! Herr, mein Heiland Barmherzigkeit!"
Und Alles war zu Ende.
Ich entfernte mich unbemerkt. Als ich aber nach etlichen Stunden wiederkehrte, um Abschied von dem
mein Ohr: „Glaubſt Du, daß Gott barmherzig iſt, Hardine?“
„Ich glaube es, Dorothee,“ antwortete ich be¬ ſtimmt.
„Auch gegen Eine, die nicht mehr Vater zu ihm ſagen darf?“
„Gegen jedes ſchwache, irrende Geſchöpf, das ſich nach ſeiner Vaterliebe ſehnt.“
„Und er lebt, haſt Du geſagt, er lebt?“
„Er lebt und ich werde meine Augen über ihn halten und ihm ſagen, daß im Vaterreiche eine lie¬ bende Mutter ſeiner Heimkehr harrt.“
Kaum hatte ich dieſe Worte geſprochen und Do¬ rothee mit letzter Lebenskraft ihre Lippen auf meine Hand gedrückt, als Siegmund Faber in das Zimmer trat und mit einem herzdurchdringenden Schrei an dem Sterbebette niederſtürzte. Sie ſchlug das brechende Auge noch einmal zu ihm auf, ein letztes Beben er¬ ſchütterte den halberſtarrten Leib. „Faber!“ röchelte ſie. „Barmherzigkeit, Faber! Herr, mein Heiland Barmherzigkeit!“
Und Alles war zu Ende.
Ich entfernte mich unbemerkt. Als ich aber nach etlichen Stunden wiederkehrte, um Abſchied von dem
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mein Ohr: „Glaubſt Du, daß Gott barmherzig iſt,
Hardine?“
„Ich glaube es, Dorothee,“ antwortete ich be¬
ſtimmt.
„Auch gegen Eine, die nicht mehr Vater zu ihm
ſagen darf?“
„Gegen jedes ſchwache, irrende Geſchöpf, das ſich
nach ſeiner Vaterliebe ſehnt.“
„Und er lebt, haſt Du geſagt, er lebt?“
„Er lebt und ich werde meine Augen über ihn
halten und ihm ſagen, daß im Vaterreiche eine lie¬
bende Mutter ſeiner Heimkehr harrt.“
Kaum hatte ich dieſe Worte geſprochen und Do¬
rothee mit letzter Lebenskraft ihre Lippen auf meine
Hand gedrückt, als Siegmund Faber in das Zimmer
trat und mit einem herzdurchdringenden Schrei an
dem Sterbebette niederſtürzte. Sie ſchlug das brechende
Auge noch einmal zu ihm auf, ein letztes Beben er¬
ſchütterte den halberſtarrten Leib. „Faber!“ röchelte
ſie. „Barmherzigkeit, Faber! Herr, mein Heiland
Barmherzigkeit!“
Und Alles war zu Ende.
Ich entfernte mich unbemerkt. Als ich aber nach
etlichen Stunden wiederkehrte, um Abſchied von dem
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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/214>, abgerufen am 27.07.2024.
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