François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.telstunde erschien er indessen lauschend unter der Thür, Ich saß allein bei der Kranken, ihre Hände in Nein, ich hoffte noch, hoffte noch, als ich mich Ich hätte Siegmund Faber herbeirufen mögen, Louise v. Francois, Die letzte Reckenburgerin. II. 14
telſtunde erſchien er indeſſen lauſchend unter der Thür, Ich ſaß allein bei der Kranken, ihre Hände in Nein, ich hoffte noch, hoffte noch, als ich mich Ich hätte Siegmund Faber herbeirufen mögen, Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. II. 14
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0213" n="209"/> telſtunde erſchien er indeſſen lauſchend unter der Thür,<lb/> bis er endlich mit dem Entſchluſſe, ſchlafen zu wol¬<lb/> len, in ein paar Stunden ungeſtörter Ruhe die er¬<lb/> ſchöpften Kräfte wiederfand.</p><lb/> <p>Ich ſaß allein bei der Kranken, ihre Hände in<lb/> den meinen und Gott weiß! in welchem Aufruhr der<lb/> Gedanken! Was für eine Ironie in dem beglückenden<lb/> Wahne des getäuſchten Mannes! Was für eine Strafe<lb/> in dem gräßlichen Wahne der täuſchenden Frau!<lb/> Aber ſie lag ſo ſtill, ſie athmete ſo gleichmäßig leiſe:<lb/> ſollte es wirklich zu ſpät ſein, Wahrheit und Frieden<lb/> an Stelle der Irrung walten zu laſſen?</p><lb/> <p>Nein, ich hoffte noch, hoffte noch, als ich mich<lb/> beim grauenden Morgen erhob, um die Lampen zu<lb/> löſchen und die Fenſterbehänge zurückzuziehen. Als<lb/> ich aber nach wenigen Minuten auf meinen Platz zu¬<lb/> rückkehrte, da gewahrte ich jene plötzliche, unbeſchreib¬<lb/> liche Wandlung, welche jede Hoffnung vernichtet.</p><lb/> <p>Ich hätte Siegmund Faber herbeirufen mögen,<lb/> zum letzten Lebewohl. Aber Dorothee ſchlug jetzt die<lb/> Augen zu mir auf, nicht mehr im Flimmer des Wahns,<lb/> nein, die fragenden Kinderaugen aus ihrer ſchuldloſen<lb/> Zeit. Sie taſtete nach meiner Hand und flüſterte in<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. II. 14<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [209/0213]
telſtunde erſchien er indeſſen lauſchend unter der Thür,
bis er endlich mit dem Entſchluſſe, ſchlafen zu wol¬
len, in ein paar Stunden ungeſtörter Ruhe die er¬
ſchöpften Kräfte wiederfand.
Ich ſaß allein bei der Kranken, ihre Hände in
den meinen und Gott weiß! in welchem Aufruhr der
Gedanken! Was für eine Ironie in dem beglückenden
Wahne des getäuſchten Mannes! Was für eine Strafe
in dem gräßlichen Wahne der täuſchenden Frau!
Aber ſie lag ſo ſtill, ſie athmete ſo gleichmäßig leiſe:
ſollte es wirklich zu ſpät ſein, Wahrheit und Frieden
an Stelle der Irrung walten zu laſſen?
Nein, ich hoffte noch, hoffte noch, als ich mich
beim grauenden Morgen erhob, um die Lampen zu
löſchen und die Fenſterbehänge zurückzuziehen. Als
ich aber nach wenigen Minuten auf meinen Platz zu¬
rückkehrte, da gewahrte ich jene plötzliche, unbeſchreib¬
liche Wandlung, welche jede Hoffnung vernichtet.
Ich hätte Siegmund Faber herbeirufen mögen,
zum letzten Lebewohl. Aber Dorothee ſchlug jetzt die
Augen zu mir auf, nicht mehr im Flimmer des Wahns,
nein, die fragenden Kinderaugen aus ihrer ſchuldloſen
Zeit. Sie taſtete nach meiner Hand und flüſterte in
Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. II. 14
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |