Verpflichtungen gänzlich zu entbinden, ward die Stelle von Seiten des Dominiums auskömmlich verbessert, und Ludwig Nordheim, der Zweite, trat auf meine Einladung in dieselbe ein.
Seiner Anlage und meiner späteren Entwicklung gemäß, konnte der Sohn mir nicht ein Freund wer¬ den, wie der Vater es gewesen war; aber der rüstige Mann war mir ein Amtsgenosse, mehr als jener es hätte werden können. Hatte der Vater sich abgemüht, durch mildes Reden und Thun, das Himmelreich un¬ ter uns auszubreiten, so sparte der Sohn kein Don¬ nerwort, um uns die Hölle heiß zu machen. Jener scheiterte, dieser wirkte; denn wir zählten zur Zeit mehr Höllen- als Himmelreichscandidaten in der Reckenburger Flur. -- Desgleichen fand sich für die Zucht unserer noch unflüggen Brut ein Meister, der neben dem Bakel auch Axt und Pflugschaar instructiv zu handhaben verstand. Ich hatte anfangs mit Sehn¬ sucht an meinen getreuen Christlieb Taube gedacht, sparte ihm aber schließlich die Opferung auf einem verlorenen Posten. Er lebt noch heute zwischen seinen Bergen, pflegt seinen Rosenflor und spielt die Orgel zu Gottes Ehr'! Ohne eigenes Weib und Kind, ist er
Louise v. Francois, Die letzte Reckenburgerin. II. 11
Verpflichtungen gänzlich zu entbinden, ward die Stelle von Seiten des Dominiums auskömmlich verbeſſert, und Ludwig Nordheim, der Zweite, trat auf meine Einladung in dieſelbe ein.
Seiner Anlage und meiner ſpäteren Entwicklung gemäß, konnte der Sohn mir nicht ein Freund wer¬ den, wie der Vater es geweſen war; aber der rüſtige Mann war mir ein Amtsgenoſſe, mehr als jener es hätte werden können. Hatte der Vater ſich abgemüht, durch mildes Reden und Thun, das Himmelreich un¬ ter uns auszubreiten, ſo ſparte der Sohn kein Don¬ nerwort, um uns die Hölle heiß zu machen. Jener ſcheiterte, dieſer wirkte; denn wir zählten zur Zeit mehr Höllen– als Himmelreichscandidaten in der Reckenburger Flur. — Desgleichen fand ſich für die Zucht unſerer noch unflüggen Brut ein Meiſter, der neben dem Bakel auch Axt und Pflugſchaar inſtructiv zu handhaben verſtand. Ich hatte anfangs mit Sehn¬ ſucht an meinen getreuen Chriſtlieb Taube gedacht, ſparte ihm aber ſchließlich die Opferung auf einem verlorenen Poſten. Er lebt noch heute zwiſchen ſeinen Bergen, pflegt ſeinen Roſenflor und ſpielt die Orgel zu Gottes Ehr'! Ohne eigenes Weib und Kind, iſt er
Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. II. 11
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0165"n="161"/>
Verpflichtungen gänzlich zu entbinden, ward die Stelle<lb/>
von Seiten des Dominiums auskömmlich verbeſſert,<lb/>
und Ludwig Nordheim, der Zweite, trat auf meine<lb/>
Einladung in dieſelbe ein.</p><lb/><p>Seiner Anlage und meiner ſpäteren Entwicklung<lb/>
gemäß, konnte der Sohn mir nicht ein Freund wer¬<lb/>
den, wie der Vater es geweſen war; aber der rüſtige<lb/>
Mann war mir ein Amtsgenoſſe, mehr als jener es<lb/>
hätte werden können. Hatte der Vater ſich abgemüht,<lb/>
durch mildes Reden und Thun, das Himmelreich un¬<lb/>
ter uns auszubreiten, ſo ſparte der Sohn kein Don¬<lb/>
nerwort, um uns die Hölle heiß zu machen. Jener<lb/>ſcheiterte, dieſer wirkte; denn wir zählten zur Zeit<lb/>
mehr Höllen– als Himmelreichscandidaten in der<lb/>
Reckenburger Flur. — Desgleichen fand ſich für die<lb/>
Zucht unſerer noch unflüggen Brut ein Meiſter, der<lb/>
neben dem Bakel auch Axt und Pflugſchaar inſtructiv<lb/>
zu handhaben verſtand. Ich hatte anfangs mit Sehn¬<lb/>ſucht an meinen getreuen Chriſtlieb Taube gedacht,<lb/>ſparte ihm aber ſchließlich die Opferung auf einem<lb/>
verlorenen Poſten. Er lebt noch heute zwiſchen ſeinen<lb/>
Bergen, pflegt ſeinen Roſenflor und ſpielt die Orgel<lb/>
zu Gottes Ehr'! Ohne eigenes Weib und Kind, iſt er<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. II. 11<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[161/0165]
Verpflichtungen gänzlich zu entbinden, ward die Stelle
von Seiten des Dominiums auskömmlich verbeſſert,
und Ludwig Nordheim, der Zweite, trat auf meine
Einladung in dieſelbe ein.
Seiner Anlage und meiner ſpäteren Entwicklung
gemäß, konnte der Sohn mir nicht ein Freund wer¬
den, wie der Vater es geweſen war; aber der rüſtige
Mann war mir ein Amtsgenoſſe, mehr als jener es
hätte werden können. Hatte der Vater ſich abgemüht,
durch mildes Reden und Thun, das Himmelreich un¬
ter uns auszubreiten, ſo ſparte der Sohn kein Don¬
nerwort, um uns die Hölle heiß zu machen. Jener
ſcheiterte, dieſer wirkte; denn wir zählten zur Zeit
mehr Höllen– als Himmelreichscandidaten in der
Reckenburger Flur. — Desgleichen fand ſich für die
Zucht unſerer noch unflüggen Brut ein Meiſter, der
neben dem Bakel auch Axt und Pflugſchaar inſtructiv
zu handhaben verſtand. Ich hatte anfangs mit Sehn¬
ſucht an meinen getreuen Chriſtlieb Taube gedacht,
ſparte ihm aber ſchließlich die Opferung auf einem
verlorenen Poſten. Er lebt noch heute zwiſchen ſeinen
Bergen, pflegt ſeinen Roſenflor und ſpielt die Orgel
zu Gottes Ehr'! Ohne eigenes Weib und Kind, iſt er
Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. II. 11
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/165>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.