François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.gegen unsere Trauer abstechen wollte. Der reiche Wie sie aber auch starren mochte, der dichte Mor¬ Endlich hörte sie Schritte auf der Treppe und Damit trat er in das Krankenzimmer; auch einer Er wurde uns allen ein Rather und Ordner an gegen unſere Trauer abſtechen wollte. Der reiche Wie ſie aber auch ſtarren mochte, der dichte Mor¬ Endlich hörte ſie Schritte auf der Treppe und Damit trat er in das Krankenzimmer; auch einer Er wurde uns allen ein Rather und Ordner an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0144" n="140"/> gegen unſere Trauer abſtechen wollte. Der reiche<lb/> Haarſchleier war der Zeitmode zum Opfer gefallen;<lb/> die kurzen Löckchen ringelten ſich natürlich um den<lb/> feinen Kopf. Sie ſtand hinter der Gardine und ſtarrte<lb/> mit flammenden Augen und eine Fiebergluth auf den<lb/> Wangen hinaus nach dem Knaben, den ſie nicht mehr<lb/> ihren Knaben zu nennen wagte.</p><lb/> <p>Wie ſie aber auch ſtarren mochte, der dichte Mor¬<lb/> gennebel — der Nebel des vierzehnten Oktober! —<lb/> wehrte jede Umſchau. Sie ſprach keinen Laut; ein<lb/> leiſes Zittern durchflog die Geſtalt, über welche die<lb/> Leidenſchaft der Erwartung den lebensvollen Hauch<lb/> erſter Jugend ergoſſen hatte.</p><lb/> <p>Endlich hörte ſie Schritte auf der Treppe und<lb/> ich folgte ihr bis unter die Thür. Aber es war der<lb/> Prediger allein, der die Schluchzende in ſeinen Ar¬<lb/> men aufgefangen hatte. „Mein Pflegeſohn folgt mir<lb/> in Kurzem,“ ſagte er. „Dieſe erſte Stunde gehöre<lb/> unſeren trauernden Freunden, liebe Dorothee.“</p><lb/> <p>Damit trat er in das Krankenzimmer; auch einer<lb/> jener ſtillgetreuen, Balſamſpender für die verwundeten<lb/> Herzen, auch ein lange entfremdeter, wiedergefundener<lb/> Freund.</p><lb/> <p>Er wurde uns allen ein Rather und Ordner an<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [140/0144]
gegen unſere Trauer abſtechen wollte. Der reiche
Haarſchleier war der Zeitmode zum Opfer gefallen;
die kurzen Löckchen ringelten ſich natürlich um den
feinen Kopf. Sie ſtand hinter der Gardine und ſtarrte
mit flammenden Augen und eine Fiebergluth auf den
Wangen hinaus nach dem Knaben, den ſie nicht mehr
ihren Knaben zu nennen wagte.
Wie ſie aber auch ſtarren mochte, der dichte Mor¬
gennebel — der Nebel des vierzehnten Oktober! —
wehrte jede Umſchau. Sie ſprach keinen Laut; ein
leiſes Zittern durchflog die Geſtalt, über welche die
Leidenſchaft der Erwartung den lebensvollen Hauch
erſter Jugend ergoſſen hatte.
Endlich hörte ſie Schritte auf der Treppe und
ich folgte ihr bis unter die Thür. Aber es war der
Prediger allein, der die Schluchzende in ſeinen Ar¬
men aufgefangen hatte. „Mein Pflegeſohn folgt mir
in Kurzem,“ ſagte er. „Dieſe erſte Stunde gehöre
unſeren trauernden Freunden, liebe Dorothee.“
Damit trat er in das Krankenzimmer; auch einer
jener ſtillgetreuen, Balſamſpender für die verwundeten
Herzen, auch ein lange entfremdeter, wiedergefundener
Freund.
Er wurde uns allen ein Rather und Ordner an
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