François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.endlich zwischen ihr und mir zu Boden gleiten. Die¬ Alle Nebel des Geistes waren bei dem erschüt¬ Sie war noch immer schön; dieselbe biegsame, 9*
endlich zwiſchen ihr und mir zu Boden gleiten. Die¬ Alle Nebel des Geiſtes waren bei dem erſchüt¬ Sie war noch immer ſchön; dieſelbe biegſame, 9*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0135" n="131"/> endlich zwiſchen ihr und mir zu Boden gleiten. Die¬<lb/> ſes Geräuſch, dieſe Berührung ſcheuchten den Alp.<lb/> Es war kein Traum: die räthſelhafte Erſcheinung lag<lb/> zu meinen Füßen. Ich ſprang auf, ergriff die Lampe<lb/> und leuchtete in ihr Geſicht, — Dorothee! Dorothee<lb/> im Krampfe erſtarrt, eiſeskalt, ſtieren, glaſigen<lb/> Auges, die Zähne knirſchend zuſammengepreßt, die<lb/> Hände in der Gegend des Herzens in das Kleid ge¬<lb/> krallt, — das nämliche Schreckensbild, das die Mut¬<lb/> ter am Hochzeitstage verlaſſen hatte.</p><lb/> <p>Alle Nebel des Geiſtes waren bei dem erſchüt¬<lb/> ternden Anblick geſchwunden, das eigene Schickſal faſt<lb/> vergeſſen. Ich trug ſie nach dem Sopha, öffnete das<lb/> Fenſter, flößte ihr von den belebenden Tropfen ein,<lb/> welche für die Mutter bereit ſtanden. Sie ſchien das<lb/> Bewußtſein nicht verloren zu haben, und es währte<lb/> nur wenige Minuten, bis die ſteifen Muskeln ſich zu<lb/> ſtrecken, die Glieder ſich zu erwärmen begannen. Der<lb/> Puls wurde fühlbar, nur aus den Augen wich erſt<lb/> langſam der ſtarre Ausdruck der Qual.</p><lb/> <p>Sie war noch immer ſchön; dieſelbe biegſame,<lb/> jugendliche Geſtalt, dieſelbe Durchſichtigkeit der Haut in<lb/> dem gerundeten Kinderangeſicht. Die geſchonten Hände,<lb/> Haartracht und Kleidung, alles was ich ſah, zeugten<lb/> <fw place="bottom" type="sig">9*<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [131/0135]
endlich zwiſchen ihr und mir zu Boden gleiten. Die¬
ſes Geräuſch, dieſe Berührung ſcheuchten den Alp.
Es war kein Traum: die räthſelhafte Erſcheinung lag
zu meinen Füßen. Ich ſprang auf, ergriff die Lampe
und leuchtete in ihr Geſicht, — Dorothee! Dorothee
im Krampfe erſtarrt, eiſeskalt, ſtieren, glaſigen
Auges, die Zähne knirſchend zuſammengepreßt, die
Hände in der Gegend des Herzens in das Kleid ge¬
krallt, — das nämliche Schreckensbild, das die Mut¬
ter am Hochzeitstage verlaſſen hatte.
Alle Nebel des Geiſtes waren bei dem erſchüt¬
ternden Anblick geſchwunden, das eigene Schickſal faſt
vergeſſen. Ich trug ſie nach dem Sopha, öffnete das
Fenſter, flößte ihr von den belebenden Tropfen ein,
welche für die Mutter bereit ſtanden. Sie ſchien das
Bewußtſein nicht verloren zu haben, und es währte
nur wenige Minuten, bis die ſteifen Muskeln ſich zu
ſtrecken, die Glieder ſich zu erwärmen begannen. Der
Puls wurde fühlbar, nur aus den Augen wich erſt
langſam der ſtarre Ausdruck der Qual.
Sie war noch immer ſchön; dieſelbe biegſame,
jugendliche Geſtalt, dieſelbe Durchſichtigkeit der Haut in
dem gerundeten Kinderangeſicht. Die geſchonten Hände,
Haartracht und Kleidung, alles was ich ſah, zeugten
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