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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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"Ich bin nicht ausgerissen, Fräulein Hardine," sagte
er schluchzend, "blos versprengt. "Und meine Wunde
ist auch nicht zum Sterben, wie ich dachte, blos ein
Ritz. Nur meinen Herrn Major zur Ruhe, dann suche
ich das Regiment und lasse mich todtschießen wie er."

Taube hatte während der Herfahrt erkundet, daß
die Vortruppen von Saalfeld sich nordwärts auf das
Gros des Hohenlohe'schen Corps zurückgezogen und
mit diesem Stellung bei Jena genommen hatten.
Dort war demnach das Regiment aufzufinden. Mehr¬
fältigen Aussagen nach hielten jedoch die Feinde be¬
reits den Saalpaß bei Kösen besetzt, und so mußte
man sich zu einem Umwege durch das Unstrutthal
entschließen. Welches unselige Verhängniß unserer Armee
drohte, wenn jene feindliche Umgehung sich bewahrhei¬
tete, durch welche gröblichen Irrungen sie möglich ge¬
worden war, daran sollten wir nur zu bald jammer¬
voll gemahnt werden; in jenen ersten Stunden per¬
sönlichen Schmerzes fehlte uns der Vorausblick in die
allgemeine Lage.

Christlieb Taube hatte den Weg zum Kloster an¬
getreten, die Magd, nach der Unruhe der verwichenen
Nacht, früh ihr Bett gesucht; Purzel hielt Wacht, das
heißt, der arme übermüdete Mensch schlief selbst wie

„Ich bin nicht ausgeriſſen, Fräulein Hardine,“ ſagte
er ſchluchzend, „blos verſprengt. „Und meine Wunde
iſt auch nicht zum Sterben, wie ich dachte, blos ein
Ritz. Nur meinen Herrn Major zur Ruhe, dann ſuche
ich das Regiment und laſſe mich todtſchießen wie er.“

Taube hatte während der Herfahrt erkundet, daß
die Vortruppen von Saalfeld ſich nordwärts auf das
Gros des Hohenlohe’ſchen Corps zurückgezogen und
mit dieſem Stellung bei Jena genommen hatten.
Dort war demnach das Regiment aufzufinden. Mehr¬
fältigen Ausſagen nach hielten jedoch die Feinde be¬
reits den Saalpaß bei Köſen beſetzt, und ſo mußte
man ſich zu einem Umwege durch das Unſtrutthal
entſchließen. Welches unſelige Verhängniß unſerer Armee
drohte, wenn jene feindliche Umgehung ſich bewahrhei¬
tete, durch welche gröblichen Irrungen ſie möglich ge¬
worden war, daran ſollten wir nur zu bald jammer¬
voll gemahnt werden; in jenen erſten Stunden per¬
ſönlichen Schmerzes fehlte uns der Vorausblick in die
allgemeine Lage.

Chriſtlieb Taube hatte den Weg zum Kloſter an¬
getreten, die Magd, nach der Unruhe der verwichenen
Nacht, früh ihr Bett geſucht; Purzel hielt Wacht, das
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[128/0132] „Ich bin nicht ausgeriſſen, Fräulein Hardine,“ ſagte er ſchluchzend, „blos verſprengt. „Und meine Wunde iſt auch nicht zum Sterben, wie ich dachte, blos ein Ritz. Nur meinen Herrn Major zur Ruhe, dann ſuche ich das Regiment und laſſe mich todtſchießen wie er.“ Taube hatte während der Herfahrt erkundet, daß die Vortruppen von Saalfeld ſich nordwärts auf das Gros des Hohenlohe’ſchen Corps zurückgezogen und mit dieſem Stellung bei Jena genommen hatten. Dort war demnach das Regiment aufzufinden. Mehr¬ fältigen Ausſagen nach hielten jedoch die Feinde be¬ reits den Saalpaß bei Köſen beſetzt, und ſo mußte man ſich zu einem Umwege durch das Unſtrutthal entſchließen. Welches unſelige Verhängniß unſerer Armee drohte, wenn jene feindliche Umgehung ſich bewahrhei¬ tete, durch welche gröblichen Irrungen ſie möglich ge¬ worden war, daran ſollten wir nur zu bald jammer¬ voll gemahnt werden; in jenen erſten Stunden per¬ ſönlichen Schmerzes fehlte uns der Vorausblick in die allgemeine Lage. Chriſtlieb Taube hatte den Weg zum Kloſter an¬ getreten, die Magd, nach der Unruhe der verwichenen Nacht, früh ihr Bett geſucht; Purzel hielt Wacht, das heißt, der arme übermüdete Menſch ſchlief ſelbſt wie

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/132>, abgerufen am 22.11.2024.