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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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vor welcher das niedrigste Weib in Scham und Zorn
entbrannt sein würde.

Die Unterredung mit dem Grafen, ihrem Be¬
gleiter schien ihre Aufmerksamkeit so sehr in Anspruch
genommen zu haben, daß sie das Nahen der beiden
Fremdlinge nicht früher bemerkte, bis August Müller
dicht zu ihren Füßen ihren Namen rief. In seinem
verwilderten Zustande, mit allen Anzeichen des Trunken¬
bolds, war der erste Eindruck der des Widerwillens
und der Entrüstung. "Fort!" befahl sie, indem sie
einen Diener herbei winkte, den Eindringling zurück
zu treiben.

"Fort!" rief der Invalid, bis jetzt noch aufge¬
räumten Humors; "fort weisen Sie mich Fräulein
Hardine? Sie erkennen mich wohl nicht, und ich er¬
kannte Sie doch auf den ersten Blick, wenngleich Sie
vor zwanzig Jahren noch keine Krone getragen haben."

Er war während dieser Worte die Stufen hin¬
angestiegen und faßte nun dreist nach der Dame Hand.
Unwillig wehrte sie mit beiden Armen den Zudring¬
lichen ab, während mehrere Diener herbeisprangen,
die Gäste aus dem Garten sich nach der Terrasse
drängten und der Graf eine Bewegung machte, den
wüsten Gesellen die Treppe hinabzuwerfen. War es

vor welcher das niedrigſte Weib in Scham und Zorn
entbrannt ſein würde.

Die Unterredung mit dem Grafen, ihrem Be¬
gleiter ſchien ihre Aufmerkſamkeit ſo ſehr in Anſpruch
genommen zu haben, daß ſie das Nahen der beiden
Fremdlinge nicht früher bemerkte, bis Auguſt Müller
dicht zu ihren Füßen ihren Namen rief. In ſeinem
verwilderten Zuſtande, mit allen Anzeichen des Trunken¬
bolds, war der erſte Eindruck der des Widerwillens
und der Entrüſtung. „Fort!“ befahl ſie, indem ſie
einen Diener herbei winkte, den Eindringling zurück
zu treiben.

„Fort!“ rief der Invalid, bis jetzt noch aufge¬
räumten Humors; „fort weiſen Sie mich Fräulein
Hardine? Sie erkennen mich wohl nicht, und ich er¬
kannte Sie doch auf den erſten Blick, wenngleich Sie
vor zwanzig Jahren noch keine Krone getragen haben.“

Er war während dieſer Worte die Stufen hin¬
angeſtiegen und faßte nun dreiſt nach der Dame Hand.
Unwillig wehrte ſie mit beiden Armen den Zudring¬
lichen ab, während mehrere Diener herbeiſprangen,
die Gäſte aus dem Garten ſich nach der Terraſſe
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[75/0082] vor welcher das niedrigſte Weib in Scham und Zorn entbrannt ſein würde. Die Unterredung mit dem Grafen, ihrem Be¬ gleiter ſchien ihre Aufmerkſamkeit ſo ſehr in Anſpruch genommen zu haben, daß ſie das Nahen der beiden Fremdlinge nicht früher bemerkte, bis Auguſt Müller dicht zu ihren Füßen ihren Namen rief. In ſeinem verwilderten Zuſtande, mit allen Anzeichen des Trunken¬ bolds, war der erſte Eindruck der des Widerwillens und der Entrüſtung. „Fort!“ befahl ſie, indem ſie einen Diener herbei winkte, den Eindringling zurück zu treiben. „Fort!“ rief der Invalid, bis jetzt noch aufge¬ räumten Humors; „fort weiſen Sie mich Fräulein Hardine? Sie erkennen mich wohl nicht, und ich er¬ kannte Sie doch auf den erſten Blick, wenngleich Sie vor zwanzig Jahren noch keine Krone getragen haben.“ Er war während dieſer Worte die Stufen hin¬ angeſtiegen und faßte nun dreiſt nach der Dame Hand. Unwillig wehrte ſie mit beiden Armen den Zudring¬ lichen ab, während mehrere Diener herbeiſprangen, die Gäſte aus dem Garten ſich nach der Terraſſe drängten und der Graf eine Bewegung machte, den wüſten Geſellen die Treppe hinabzuwerfen. War es

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/82>, abgerufen am 22.11.2024.