François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.Die brave Marketenderin aber verstand sich auf "Sei kein Narr, August," sagte sie zu dem Sie legte bei diesen Worten die treulich verwahr¬ "Hüte diese Blätter als das einzige Erbtheil, das Die brave Marketenderin aber verſtand ſich auf „Sei kein Narr, Auguſt,“ ſagte ſie zu dem Sie legte bei dieſen Worten die treulich verwahr¬ „Hüte dieſe Blätter als das einzige Erbtheil, das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0044" n="37"/> <p>Die brave Marketenderin aber verſtand ſich auf<lb/> den düſteren Geſellen, den ſie unter Männern kennen<lb/> gelernt. Sie hatte ihn langſam heranſchleichen ſehen<lb/> und blickte ihm unerſchrocken in's Angeſicht, als er<lb/> jetzt hart an ihrer Seite ſtand. Ob es ihr wehe that,<lb/> von dem Weſen zu ſcheiden, das die Natur erſt ſo<lb/> ſpät an ihr Herz gelegt? Es ſchien nicht ſo. Die<lb/> Pflicht für ſeine Erhaltung jedoch erfüllte ſie bis zum<lb/> letzten Athemhauche.</p><lb/> <p>„Sei kein Narr, Auguſt,“ ſagte ſie zu dem<lb/> Manne, der ſich faſſungslos an der Bettſeite nieder¬<lb/> geworfen hatte. — „<hi rendition="#g">Einmal</hi> muß doch ein Ende ſein.<lb/> Setz' Dich hier auf den Rand; merke auf und thu',<lb/> was ich Dir ſagen werde.“</p><lb/> <p>Sie legte bei dieſen Worten die treulich verwahr¬<lb/> ten Familienpapiere in des Mannes Hand und fuhr<lb/> darauf in klarer, eindringlicher Rede alſo fort:</p><lb/> <p>„Hüte dieſe Blätter als das einzige Erbtheil, das<lb/> Du Deinem Kinde zu hinterlaſſen haſt. Ich habe<lb/> dieſe ſechs Jahre Tag und Nacht darüber nachgedacht,<lb/> und nun ſterbe ich in der Gewißheit, daß Fräulein<lb/> Hardine Deine Mutter geweſen iſt. Für Dich ſelber<lb/> thu' oder laſſ', was Du willſt. Du biſt ein Mann.<lb/> Aber ſuche ſie auf und bring' ihr das Kind, das Du<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [37/0044]
Die brave Marketenderin aber verſtand ſich auf
den düſteren Geſellen, den ſie unter Männern kennen
gelernt. Sie hatte ihn langſam heranſchleichen ſehen
und blickte ihm unerſchrocken in's Angeſicht, als er
jetzt hart an ihrer Seite ſtand. Ob es ihr wehe that,
von dem Weſen zu ſcheiden, das die Natur erſt ſo
ſpät an ihr Herz gelegt? Es ſchien nicht ſo. Die
Pflicht für ſeine Erhaltung jedoch erfüllte ſie bis zum
letzten Athemhauche.
„Sei kein Narr, Auguſt,“ ſagte ſie zu dem
Manne, der ſich faſſungslos an der Bettſeite nieder¬
geworfen hatte. — „Einmal muß doch ein Ende ſein.
Setz' Dich hier auf den Rand; merke auf und thu',
was ich Dir ſagen werde.“
Sie legte bei dieſen Worten die treulich verwahr¬
ten Familienpapiere in des Mannes Hand und fuhr
darauf in klarer, eindringlicher Rede alſo fort:
„Hüte dieſe Blätter als das einzige Erbtheil, das
Du Deinem Kinde zu hinterlaſſen haſt. Ich habe
dieſe ſechs Jahre Tag und Nacht darüber nachgedacht,
und nun ſterbe ich in der Gewißheit, daß Fräulein
Hardine Deine Mutter geweſen iſt. Für Dich ſelber
thu' oder laſſ', was Du willſt. Du biſt ein Mann.
Aber ſuche ſie auf und bring' ihr das Kind, das Du
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