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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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die Paare sich verschlangen und in einander schoben!
Wie die rosige Hebe im Arme ihres Götterjünglings
den Saal durchkreiselte, wenn beim Schlusse jede Tour
in eine Galoppade überging! Wie nun in den Wirbel
der Glieder auch der der Kehlen sich mischte, der prinz¬
liche Vortänzer unter Händeklatschen und jauchzendem
Chorus die alte Sangesmähr von "dem Großvater,
der die Großmutter nahm," intonirte, und endlich nichts
Altes und Neues mehr übrig blieb als -- der Kuß!

Zeitlich, sittlich, meine Freunde! Wir schrieben
zweiundneunzig und ein Küßchen im Tanze dünkte uns
damals beileibe nicht ein Raub. Manchmal wurde
gleich die Polonaise damit eingeleitet; oder man ver¬
legte es in eine Tour des Englischen; keinenfalls fehlte
es im biederen, vaterländischen Großvater und nicht
etwa blos beim Mannschießen, oder auf der Kirmeß.
Meine Mitschwestern von der Montagsgesellschaft
waren es gewohnt, die Bäckchen ihrem Partner dar¬
zureichen und nach dem Partner jedem Anderen, mit
dem die Verschiebung sie zusammenführte. So ein
halbes Hundert Mäulchen in einer Tour, -- nun es
war kein berauschendes Gewürz, aber es würzte doch.

Unsere vornehme Reunion, mit den Reminiscenzen
des weiland Herzogshofs war allerdings zu nobel con¬

die Paare ſich verſchlangen und in einander ſchoben!
Wie die roſige Hebe im Arme ihres Götterjünglings
den Saal durchkreiſelte, wenn beim Schluſſe jede Tour
in eine Galoppade überging! Wie nun in den Wirbel
der Glieder auch der der Kehlen ſich miſchte, der prinz¬
liche Vortänzer unter Händeklatſchen und jauchzendem
Chorus die alte Sangesmähr von „dem Großvater,
der die Großmutter nahm,“ intonirte, und endlich nichts
Altes und Neues mehr übrig blieb als — der Kuß!

Zeitlich, ſittlich, meine Freunde! Wir ſchrieben
zweiundneunzig und ein Küßchen im Tanze dünkte uns
damals beileibe nicht ein Raub. Manchmal wurde
gleich die Polonaiſe damit eingeleitet; oder man ver¬
legte es in eine Tour des Engliſchen; keinenfalls fehlte
es im biederen, vaterländiſchen Großvater und nicht
etwa blos beim Mannſchießen, oder auf der Kirmeß.
Meine Mitſchweſtern von der Montagsgeſellſchaft
waren es gewohnt, die Bäckchen ihrem Partner dar¬
zureichen und nach dem Partner jedem Anderen, mit
dem die Verſchiebung ſie zuſammenführte. So ein
halbes Hundert Mäulchen in einer Tour, — nun es
war kein berauſchendes Gewürz, aber es würzte doch.

Unſere vornehme Reunion, mit den Reminiscenzen
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[244/0251] die Paare ſich verſchlangen und in einander ſchoben! Wie die roſige Hebe im Arme ihres Götterjünglings den Saal durchkreiſelte, wenn beim Schluſſe jede Tour in eine Galoppade überging! Wie nun in den Wirbel der Glieder auch der der Kehlen ſich miſchte, der prinz¬ liche Vortänzer unter Händeklatſchen und jauchzendem Chorus die alte Sangesmähr von „dem Großvater, der die Großmutter nahm,“ intonirte, und endlich nichts Altes und Neues mehr übrig blieb als — der Kuß! Zeitlich, ſittlich, meine Freunde! Wir ſchrieben zweiundneunzig und ein Küßchen im Tanze dünkte uns damals beileibe nicht ein Raub. Manchmal wurde gleich die Polonaiſe damit eingeleitet; oder man ver¬ legte es in eine Tour des Engliſchen; keinenfalls fehlte es im biederen, vaterländiſchen Großvater und nicht etwa blos beim Mannſchießen, oder auf der Kirmeß. Meine Mitſchweſtern von der Montagsgeſellſchaft waren es gewohnt, die Bäckchen ihrem Partner dar¬ zureichen und nach dem Partner jedem Anderen, mit dem die Verſchiebung ſie zuſammenführte. So ein halbes Hundert Mäulchen in einer Tour, — nun es war kein berauſchendes Gewürz, aber es würzte doch. Unſere vornehme Reunion, mit den Reminiscenzen des weiland Herzogshofs war allerdings zu nobel con¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/251>, abgerufen am 22.11.2024.