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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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"Die Liebe zündet Herzen durch der Augen Kerzen,
Im Anfang ist's ein Scherzen, dann folget Pein"

Der Eindruck war mir widerlich; ich machte ein
Geräusch und die Alte bemerkte mich. Noch mur¬
melte sie:

"Sie zwingt den Muth, sie dringt in's Blut,"

dann schlug sie das Hauptbuch auf und wir rechneten
noch eine Stunde miteinander, um die laufenden Ge¬
schäfte vor der Reise abzuschließen.

Nach dem Souper folgte ich ihr zum Abschied in
ihr Kabinet. "Du bist siebenzehn Jahre alt, Eberhar¬
dine," sagte sie, "und es könnte sich auch in Deiner
kleinen Stadt eine Gelegenheit finden, bei welcher eine
standesmäßige Toilette geboten ist. Ich habe Dir
eine solche bestimmt, die für mich angeschafft aber nicht
benutzt wurde. Sie wird sich für Dich zweckent¬
sprechend arrangiren lassen. Du findest den Carton
in Deinem Zimmer. Oeffne ihn erst, wenn Du
heim kommst, daß der Stoff sich nicht unnöthig zer¬
drücke."

Ich küßte ihre Hand mit aufrichtigem Dank.
Immerhin war es ja ein Akt des Heroismus, sich von
einem in Reckenburg eingeführten Gegenstande zu tren¬
nen. Heimlich aber mußte ich darüber lächeln, daß

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„Die Liebe zündet Herzen durch der Augen Kerzen,
Im Anfang iſt's ein Scherzen, dann folget Pein“

Der Eindruck war mir widerlich; ich machte ein
Geräuſch und die Alte bemerkte mich. Noch mur¬
melte ſie:

„Sie zwingt den Muth, ſie dringt in's Blut,“

dann ſchlug ſie das Hauptbuch auf und wir rechneten
noch eine Stunde miteinander, um die laufenden Ge¬
ſchäfte vor der Reiſe abzuſchließen.

Nach dem Souper folgte ich ihr zum Abſchied in
ihr Kabinet. „Du biſt ſiebenzehn Jahre alt, Eberhar¬
dine,“ ſagte ſie, „und es könnte ſich auch in Deiner
kleinen Stadt eine Gelegenheit finden, bei welcher eine
ſtandesmäßige Toilette geboten iſt. Ich habe Dir
eine ſolche beſtimmt, die für mich angeſchafft aber nicht
benutzt wurde. Sie wird ſich für Dich zweckent¬
ſprechend arrangiren laſſen. Du findeſt den Carton
in Deinem Zimmer. Oeffne ihn erſt, wenn Du
heim kommſt, daß der Stoff ſich nicht unnöthig zer¬
drücke.“

Ich küßte ihre Hand mit aufrichtigem Dank.
Immerhin war es ja ein Akt des Heroismus, ſich von
einem in Reckenburg eingeführten Gegenſtande zu tren¬
nen. Heimlich aber mußte ich darüber lächeln, daß

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[211/0218] „Die Liebe zündet Herzen durch der Augen Kerzen, Im Anfang iſt's ein Scherzen, dann folget Pein“ Der Eindruck war mir widerlich; ich machte ein Geräuſch und die Alte bemerkte mich. Noch mur¬ melte ſie: „Sie zwingt den Muth, ſie dringt in's Blut,“ dann ſchlug ſie das Hauptbuch auf und wir rechneten noch eine Stunde miteinander, um die laufenden Ge¬ ſchäfte vor der Reiſe abzuſchließen. Nach dem Souper folgte ich ihr zum Abſchied in ihr Kabinet. „Du biſt ſiebenzehn Jahre alt, Eberhar¬ dine,“ ſagte ſie, „und es könnte ſich auch in Deiner kleinen Stadt eine Gelegenheit finden, bei welcher eine ſtandesmäßige Toilette geboten iſt. Ich habe Dir eine ſolche beſtimmt, die für mich angeſchafft aber nicht benutzt wurde. Sie wird ſich für Dich zweckent¬ ſprechend arrangiren laſſen. Du findeſt den Carton in Deinem Zimmer. Oeffne ihn erſt, wenn Du heim kommſt, daß der Stoff ſich nicht unnöthig zer¬ drücke.“ Ich küßte ihre Hand mit aufrichtigem Dank. Immerhin war es ja ein Akt des Heroismus, ſich von einem in Reckenburg eingeführten Gegenſtande zu tren¬ nen. Heimlich aber mußte ich darüber lächeln, daß 14*

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/218>, abgerufen am 25.11.2024.