François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.seinen Dienst verlassen hat, wenn derselbe pünktlich Das Souper war schweigsam verzehrt worden Ich küßte die dargebotene Hand und ging knixend "Du bedarfst keiner Toilettenhülfe, nicht wahr?" Damit tastete sie sich nach ihrer Klause, deren ſeinen Dienſt verlaſſen hat, wenn derſelbe pünktlich Das Souper war ſchweigſam verzehrt worden Ich küßte die dargebotene Hand und ging knixend „Du bedarfſt keiner Toilettenhülfe, nicht wahr?“ Damit taſtete ſie ſich nach ihrer Klauſe, deren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0195" n="188"/> ſeinen Dienſt verlaſſen hat, wenn derſelbe pünktlich<lb/> und ſchweigſam im Sinne der Herrſchaft verrichtet<lb/> ward und gleich dieſer die Mehrzahl ein Uralter bei<lb/> demſelben erreichte, ſo ziehe ich unſerer Spinnſtuben¬<lb/> romantik von einer Verhexung der Zunge und Einge¬<lb/> weide die nüchterne Auslegung vor, daß beſagtem<lb/> Perſonal durch Koſt wie Lohn auskömmlich Magen<lb/> und Mund geſtopft worden ſei.</p><lb/> <p>Das Souper war ſchweigſam verzehrt worden<lb/> und in wenigen Minuten abgethan. Während ich der<lb/> Gräfin in das Vorzimmer folgte, bemerkte ich, wie<lb/> der Rieſe Jaques in gewiſſenhafter Eile die Kerzen<lb/> des Candelabers löſchte. Die Gräfin entließ mich<lb/> mit den Worten: „Morgen Mittag auf Wiederſehen.<lb/> Vertreibe Dir die Zeit wie Du kannſt. Das Vorzim¬<lb/> mer ſteht Dir offen und iſt immer geheizt.“</p><lb/> <p>Ich küßte die dargebotene Hand und ging knixend<lb/> nach der Thür.</p><lb/> <p>„Du bedarfſt keiner Toilettenhülfe, nicht wahr?“<lb/> rief die alte Dame mir noch nach. Ich verneinte.<lb/> „Halte Dich vor Schlafengehen nicht auf, verriegle<lb/> die Thür und löſche das Licht allſobald.“</p><lb/> <p>Damit taſtete ſie ſich nach ihrer Klauſe, deren<lb/> inneren Thürriegel ich noch klirren hörte. Dann ge¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [188/0195]
ſeinen Dienſt verlaſſen hat, wenn derſelbe pünktlich
und ſchweigſam im Sinne der Herrſchaft verrichtet
ward und gleich dieſer die Mehrzahl ein Uralter bei
demſelben erreichte, ſo ziehe ich unſerer Spinnſtuben¬
romantik von einer Verhexung der Zunge und Einge¬
weide die nüchterne Auslegung vor, daß beſagtem
Perſonal durch Koſt wie Lohn auskömmlich Magen
und Mund geſtopft worden ſei.
Das Souper war ſchweigſam verzehrt worden
und in wenigen Minuten abgethan. Während ich der
Gräfin in das Vorzimmer folgte, bemerkte ich, wie
der Rieſe Jaques in gewiſſenhafter Eile die Kerzen
des Candelabers löſchte. Die Gräfin entließ mich
mit den Worten: „Morgen Mittag auf Wiederſehen.
Vertreibe Dir die Zeit wie Du kannſt. Das Vorzim¬
mer ſteht Dir offen und iſt immer geheizt.“
Ich küßte die dargebotene Hand und ging knixend
nach der Thür.
„Du bedarfſt keiner Toilettenhülfe, nicht wahr?“
rief die alte Dame mir noch nach. Ich verneinte.
„Halte Dich vor Schlafengehen nicht auf, verriegle
die Thür und löſche das Licht allſobald.“
Damit taſtete ſie ſich nach ihrer Klauſe, deren
inneren Thürriegel ich noch klirren hörte. Dann ge¬
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Zitationshilfe: | François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/195>, abgerufen am 31.07.2024. |