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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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Fluß sich anmuthig wand, und die weniger romantische
Region, in welcher ich mich seit zwei Tagen bewegte,
hatte mich weidlich gelangweilt. Jetzt aber, in der
goldenen Kutsche, heimelte sie mich an wie die in¬
teressanteste auf dem Erdenrund; der ruhige, breite
Wasserspiegel imponirte mir und ich schlürfte mit Be¬
hagen den würzigen Tannenduft, den ich bisher durch¬
aus nicht gespürt hatte. Es war ja Reckenburg'scher
Stammgrund, dem das Arom entströmte!

Nach einer Stunde etwa näherten wir uns der
Lichtung, die für den neuen Herrensitz geschlagen wor¬
den war. Die Hütten des Dorfes blieben zum Glück
vom Walde verhüllt, denn ihre Armseligkeit würde
mein stolzes Wohlgefühl um einige Grade abgekühlt
haben. Es temperirte sich bereits, als wir, nahe dem
Eingangsgitter, auf eine Gruppe zerlumpter, verküm¬
merter Gestalten stießen, die zu mir gleich einem Meer¬
wunder in die Höhe starrten. Ich hielt sie für Bettler,
die ich von jeher, als Faullenzer, verachtet und mit
Widerwillen gemieden hatte. Muhme Justine belehrte
mich indessen anderen Tags, daß es die Bauern und
Fröhner des Dorfes gewesen seien, welche das seit
einem Menschenalter nicht mehr geschaute "Böse Ding"
der goldnen Kutsche herbeigelockt hatte.

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Fluß ſich anmuthig wand, und die weniger romantiſche
Region, in welcher ich mich ſeit zwei Tagen bewegte,
hatte mich weidlich gelangweilt. Jetzt aber, in der
goldenen Kutſche, heimelte ſie mich an wie die in¬
tereſſanteſte auf dem Erdenrund; der ruhige, breite
Waſſerſpiegel imponirte mir und ich ſchlürfte mit Be¬
hagen den würzigen Tannenduft, den ich bisher durch¬
aus nicht geſpürt hatte. Es war ja Reckenburg'ſcher
Stammgrund, dem das Arom entſtrömte!

Nach einer Stunde etwa näherten wir uns der
Lichtung, die für den neuen Herrenſitz geſchlagen wor¬
den war. Die Hütten des Dorfes blieben zum Glück
vom Walde verhüllt, denn ihre Armſeligkeit würde
mein ſtolzes Wohlgefühl um einige Grade abgekühlt
haben. Es temperirte ſich bereits, als wir, nahe dem
Eingangsgitter, auf eine Gruppe zerlumpter, verküm¬
merter Geſtalten ſtießen, die zu mir gleich einem Meer¬
wunder in die Höhe ſtarrten. Ich hielt ſie für Bettler,
die ich von jeher, als Faullenzer, verachtet und mit
Widerwillen gemieden hatte. Muhme Juſtine belehrte
mich indeſſen anderen Tags, daß es die Bauern und
Fröhner des Dorfes geweſen ſeien, welche das ſeit
einem Menſchenalter nicht mehr geſchaute „Böſe Ding“
der goldnen Kutſche herbeigelockt hatte.

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[179/0186] Fluß ſich anmuthig wand, und die weniger romantiſche Region, in welcher ich mich ſeit zwei Tagen bewegte, hatte mich weidlich gelangweilt. Jetzt aber, in der goldenen Kutſche, heimelte ſie mich an wie die in¬ tereſſanteſte auf dem Erdenrund; der ruhige, breite Waſſerſpiegel imponirte mir und ich ſchlürfte mit Be¬ hagen den würzigen Tannenduft, den ich bisher durch¬ aus nicht geſpürt hatte. Es war ja Reckenburg'ſcher Stammgrund, dem das Arom entſtrömte! Nach einer Stunde etwa näherten wir uns der Lichtung, die für den neuen Herrenſitz geſchlagen wor¬ den war. Die Hütten des Dorfes blieben zum Glück vom Walde verhüllt, denn ihre Armſeligkeit würde mein ſtolzes Wohlgefühl um einige Grade abgekühlt haben. Es temperirte ſich bereits, als wir, nahe dem Eingangsgitter, auf eine Gruppe zerlumpter, verküm¬ merter Geſtalten ſtießen, die zu mir gleich einem Meer¬ wunder in die Höhe ſtarrten. Ich hielt ſie für Bettler, die ich von jeher, als Faullenzer, verachtet und mit Widerwillen gemieden hatte. Muhme Juſtine belehrte mich indeſſen anderen Tags, daß es die Bauern und Fröhner des Dorfes geweſen ſeien, welche das ſeit einem Menſchenalter nicht mehr geſchaute „Böſe Ding“ der goldnen Kutſche herbeigelockt hatte. 12 *

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/186>, abgerufen am 24.11.2024.