edel geformt. Unter dieser hohen, breiten Stirn streckt sich eine lange, breite Nase, die Höhlen weit geöffnet, die Flügel zitternd, und unter dieser richtigen Spür- und Schnüffelnase dehnt sich der breite, dünne Mund, festgeschlossen wie ein Gedankenstrich. An den Seiten aber ragen zwei ungeheuere Ohren, die sich -- schüttelt immerhin die Köpfe! -- in fortwährender Spannung wie die eines Hasen hin und her bewegen.
Es ist kein Adonis, den ich Euch zeichne, gelt? Nun aber blickt in seine Augen. Eine bestimmbare Couleur werdet Ihr nicht unterscheiden, so tief liegen sie hinter den vorspringenden Stirnknochen eingesenkt und mit so rastlosem Flimmer schweifen sie von einer Richtung nach der anderen. Haben sie aber den ge¬ witterten Gegenstand aufgespürt, dann bohren sie sich ihm hartnäckig bannend bis in das Mark. Ihr wür¬ det ihrer Forschung nicht entschlüpfen und Euch ihrem Geheisch nicht widersetzen dürfen.
Kurz und gut: patent ein Doctorenschädel und eine Doctorenphysiognomie! Denkt sie Euch nun von der gleichmäßigen Röthe eines gesunden Bluts und unlöschbaren Eifers durchdrungen; denkt Euch die Glieder klein wie die einer Frau, aber von einer ehernen Musculatur; die Hände durch instinctives
edel geformt. Unter dieſer hohen, breiten Stirn ſtreckt ſich eine lange, breite Naſe, die Höhlen weit geöffnet, die Flügel zitternd, und unter dieſer richtigen Spür- und Schnüffelnaſe dehnt ſich der breite, dünne Mund, feſtgeſchloſſen wie ein Gedankenſtrich. An den Seiten aber ragen zwei ungeheuere Ohren, die ſich — ſchüttelt immerhin die Köpfe! — in fortwährender Spannung wie die eines Haſen hin und her bewegen.
Es iſt kein Adonis, den ich Euch zeichne, gelt? Nun aber blickt in ſeine Augen. Eine beſtimmbare Couleur werdet Ihr nicht unterſcheiden, ſo tief liegen ſie hinter den vorſpringenden Stirnknochen eingeſenkt und mit ſo raſtloſem Flimmer ſchweifen ſie von einer Richtung nach der anderen. Haben ſie aber den ge¬ witterten Gegenſtand aufgeſpürt, dann bohren ſie ſich ihm hartnäckig bannend bis in das Mark. Ihr wür¬ det ihrer Forſchung nicht entſchlüpfen und Euch ihrem Geheiſch nicht widerſetzen dürfen.
Kurz und gut: patent ein Doctorenſchädel und eine Doctorenphyſiognomie! Denkt ſie Euch nun von der gleichmäßigen Röthe eines geſunden Bluts und unlöſchbaren Eifers durchdrungen; denkt Euch die Glieder klein wie die einer Frau, aber von einer ehernen Musculatur; die Hände durch inſtinctives
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0125"n="118"/>
edel geformt. Unter dieſer hohen, breiten Stirn ſtreckt<lb/>ſich eine lange, breite Naſe, die Höhlen weit geöffnet,<lb/>
die Flügel zitternd, und unter dieſer richtigen Spür-<lb/>
und Schnüffelnaſe dehnt ſich der breite, dünne Mund,<lb/>
feſtgeſchloſſen wie ein Gedankenſtrich. An den Seiten<lb/>
aber ragen zwei ungeheuere Ohren, die ſich —ſchüttelt<lb/>
immerhin die Köpfe! — in fortwährender Spannung<lb/>
wie die eines Haſen hin und her bewegen.</p><lb/><p>Es iſt kein Adonis, den ich Euch zeichne, gelt?<lb/>
Nun aber blickt in ſeine Augen. Eine beſtimmbare<lb/>
Couleur werdet Ihr nicht unterſcheiden, ſo tief liegen<lb/>ſie hinter den vorſpringenden Stirnknochen eingeſenkt<lb/>
und mit ſo raſtloſem Flimmer ſchweifen ſie von einer<lb/>
Richtung nach der anderen. Haben ſie aber den ge¬<lb/>
witterten Gegenſtand aufgeſpürt, dann bohren ſie ſich<lb/>
ihm hartnäckig bannend bis in das Mark. Ihr wür¬<lb/>
det ihrer Forſchung nicht entſchlüpfen und Euch ihrem<lb/>
Geheiſch nicht widerſetzen dürfen.</p><lb/><p>Kurz und gut: patent ein Doctorenſchädel und<lb/>
eine Doctorenphyſiognomie! Denkt ſie Euch nun von<lb/>
der gleichmäßigen Röthe eines geſunden Bluts und<lb/>
unlöſchbaren Eifers durchdrungen; denkt Euch die<lb/>
Glieder klein wie die einer Frau, aber von einer<lb/>
ehernen Musculatur; die Hände durch inſtinctives<lb/></p></div></body></text></TEI>
[118/0125]
edel geformt. Unter dieſer hohen, breiten Stirn ſtreckt
ſich eine lange, breite Naſe, die Höhlen weit geöffnet,
die Flügel zitternd, und unter dieſer richtigen Spür-
und Schnüffelnaſe dehnt ſich der breite, dünne Mund,
feſtgeſchloſſen wie ein Gedankenſtrich. An den Seiten
aber ragen zwei ungeheuere Ohren, die ſich — ſchüttelt
immerhin die Köpfe! — in fortwährender Spannung
wie die eines Haſen hin und her bewegen.
Es iſt kein Adonis, den ich Euch zeichne, gelt?
Nun aber blickt in ſeine Augen. Eine beſtimmbare
Couleur werdet Ihr nicht unterſcheiden, ſo tief liegen
ſie hinter den vorſpringenden Stirnknochen eingeſenkt
und mit ſo raſtloſem Flimmer ſchweifen ſie von einer
Richtung nach der anderen. Haben ſie aber den ge¬
witterten Gegenſtand aufgeſpürt, dann bohren ſie ſich
ihm hartnäckig bannend bis in das Mark. Ihr wür¬
det ihrer Forſchung nicht entſchlüpfen und Euch ihrem
Geheiſch nicht widerſetzen dürfen.
Kurz und gut: patent ein Doctorenſchädel und
eine Doctorenphyſiognomie! Denkt ſie Euch nun von
der gleichmäßigen Röthe eines geſunden Bluts und
unlöſchbaren Eifers durchdrungen; denkt Euch die
Glieder klein wie die einer Frau, aber von einer
ehernen Musculatur; die Hände durch inſtinctives
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/125>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.