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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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mir ist die Rechte geblieben, die Mannesfaust. Nur
erst den Napoleon retour, das Zelt aufgeschlagen, ein
Pferd unter den Leib, und Stumpf und Kindsbett --
bah! wer denkt noch an die? Pack die Lappalien zu¬
sammen und laß uns Eins schwatzen. Sei wieder
meine alte, brave, lustige Schwarze!"

"Du hast Recht, August; laß uns Eins schwatzen,"
versetzte die Frau nach einer Pause mit einem herz¬
haften Entschluß, indem sie erst ihr Nähzeug sorg¬
fältig verpackte, dann die Flasche entkorkte, einschenkte
und nach einem kräftigen Zug das Glas dem In¬
validen reichte. -- "Bleib' einmal bei mir heute
Abend, Mann. Wir wollen uns Geschichten er¬
zählen, wie sonst im Zelt. Aber keine von den alten,
keine, die wir an den Fingern ableiern können, Du,
wie ich."

Der Invalid lachte. "Curios, just von den
Schnurren, die Einer von den Fingern ableiern kann,
hört und schwatzt er am liebsten," meinte er.

"Nun freilich, freilich, August, so für alle Tage.
Nur heut' einmal zum Spaß ein Extrastück. Ein noch
älteres, Mann. Etwas von vor unserer Fahnen¬
zeit. Ich meine, etwas von der Heimath und den
Angehörigen, die wir -- --"

mir iſt die Rechte geblieben, die Mannesfauſt. Nur
erſt den Napoleon retour, das Zelt aufgeſchlagen, ein
Pferd unter den Leib, und Stumpf und Kindsbett —
bah! wer denkt noch an die? Pack die Lappalien zu¬
ſammen und laß uns Eins ſchwatzen. Sei wieder
meine alte, brave, luſtige Schwarze!“

„Du haſt Recht, Auguſt; laß uns Eins ſchwatzen,“
verſetzte die Frau nach einer Pauſe mit einem herz¬
haften Entſchluß, indem ſie erſt ihr Nähzeug ſorg¬
fältig verpackte, dann die Flaſche entkorkte, einſchenkte
und nach einem kräftigen Zug das Glas dem In¬
validen reichte. — „Bleib' einmal bei mir heute
Abend, Mann. Wir wollen uns Geſchichten er¬
zählen, wie ſonſt im Zelt. Aber keine von den alten,
keine, die wir an den Fingern ableiern können, Du,
wie ich.“

Der Invalid lachte. „Curios, juſt von den
Schnurren, die Einer von den Fingern ableiern kann,
hört und ſchwatzt er am liebſten,“ meinte er.

„Nun freilich, freilich, Auguſt, ſo für alle Tage.
Nur heut' einmal zum Spaß ein Extraſtück. Ein noch
älteres, Mann. Etwas von vor unſerer Fahnen¬
zeit. Ich meine, etwas von der Heimath und den
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[5/0012] mir iſt die Rechte geblieben, die Mannesfauſt. Nur erſt den Napoleon retour, das Zelt aufgeſchlagen, ein Pferd unter den Leib, und Stumpf und Kindsbett — bah! wer denkt noch an die? Pack die Lappalien zu¬ ſammen und laß uns Eins ſchwatzen. Sei wieder meine alte, brave, luſtige Schwarze!“ „Du haſt Recht, Auguſt; laß uns Eins ſchwatzen,“ verſetzte die Frau nach einer Pauſe mit einem herz¬ haften Entſchluß, indem ſie erſt ihr Nähzeug ſorg¬ fältig verpackte, dann die Flaſche entkorkte, einſchenkte und nach einem kräftigen Zug das Glas dem In¬ validen reichte. — „Bleib' einmal bei mir heute Abend, Mann. Wir wollen uns Geſchichten er¬ zählen, wie ſonſt im Zelt. Aber keine von den alten, keine, die wir an den Fingern ableiern können, Du, wie ich.“ Der Invalid lachte. „Curios, juſt von den Schnurren, die Einer von den Fingern ableiern kann, hört und ſchwatzt er am liebſten,“ meinte er. „Nun freilich, freilich, Auguſt, ſo für alle Tage. Nur heut' einmal zum Spaß ein Extraſtück. Ein noch älteres, Mann. Etwas von vor unſerer Fahnen¬ zeit. Ich meine, etwas von der Heimath und den Angehörigen, die wir — —“

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/12>, abgerufen am 21.11.2024.