auf dem sie geglänzt haben würde, versagt; Eberhar¬ dinen von Reckenburg geziemte eine Empore, auf wel¬ cher sie den Höchsten der Erde ihre Huldigung darbie¬ ten durfte.
Wir standen im fünfzehnten Jahre. Wir waren gebildet, die Eine ihrem Stande gemäß, die Andere weit über denselben hinaus: wir parlirten französisch und tanzten Gavotte, wir hatten unseren eigenen Hof¬ meister gehabt und wußten unseren Katechismus ohne Fehl: wir waren reif, unter die Zahl der erwachsenen Menschen und Christen aufgenommen zu werden. Und so knieten wir denn auch am Palmsonntag 1790 ne¬ beneinander vor dem Altar, zur Erneuerung unseres Taufgelübdes und zum ersten Genusse des heiligen Kelchs.
Erste Abendmahlsgenossen! Ein Bekenntniß für Zwei aus einem Munde; die priesterliche Hand gleich¬ zeitig segnend auf Beider Haupt; ein gemeinsamer Wahrspruch für Beider Leben: das giebt, das gab zu meiner Zeit mindestens ein Band. Und gewiß, ich fühlte dieses Band fest und stark wie eine Pflicht. Die warmherzige Dorothee aber, die hätte in jenen Ta¬ gen freudig ihr Leben für mich hingegeben.
Und wenn das Leben selbst auch nicht, so doch
auf dem ſie geglänzt haben würde, verſagt; Eberhar¬ dinen von Reckenburg geziemte eine Empore, auf wel¬ cher ſie den Höchſten der Erde ihre Huldigung darbie¬ ten durfte.
Wir ſtanden im fünfzehnten Jahre. Wir waren gebildet, die Eine ihrem Stande gemäß, die Andere weit über denſelben hinaus: wir parlirten franzöſiſch und tanzten Gavotte, wir hatten unſeren eigenen Hof¬ meiſter gehabt und wußten unſeren Katechismus ohne Fehl: wir waren reif, unter die Zahl der erwachſenen Menſchen und Chriſten aufgenommen zu werden. Und ſo knieten wir denn auch am Palmſonntag 1790 ne¬ beneinander vor dem Altar, zur Erneuerung unſeres Taufgelübdes und zum erſten Genuſſe des heiligen Kelchs.
Erſte Abendmahlsgenoſſen! Ein Bekenntniß für Zwei aus einem Munde; die prieſterliche Hand gleich¬ zeitig ſegnend auf Beider Haupt; ein gemeinſamer Wahrſpruch für Beider Leben: das giebt, das gab zu meiner Zeit mindeſtens ein Band. Und gewiß, ich fühlte dieſes Band feſt und ſtark wie eine Pflicht. Die warmherzige Dorothee aber, die hätte in jenen Ta¬ gen freudig ihr Leben für mich hingegeben.
Und wenn das Leben ſelbſt auch nicht, ſo doch
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auf dem ſie geglänzt haben würde, verſagt; Eberhar¬
dinen von Reckenburg geziemte eine Empore, auf wel¬
cher ſie den Höchſten der Erde ihre Huldigung darbie¬
ten durfte.
Wir ſtanden im fünfzehnten Jahre. Wir waren
gebildet, die Eine ihrem Stande gemäß, die Andere
weit über denſelben hinaus: wir parlirten franzöſiſch
und tanzten Gavotte, wir hatten unſeren eigenen Hof¬
meiſter gehabt und wußten unſeren Katechismus ohne
Fehl: wir waren reif, unter die Zahl der erwachſenen
Menſchen und Chriſten aufgenommen zu werden. Und
ſo knieten wir denn auch am Palmſonntag 1790 ne¬
beneinander vor dem Altar, zur Erneuerung unſeres
Taufgelübdes und zum erſten Genuſſe des heiligen
Kelchs.
Erſte Abendmahlsgenoſſen! Ein Bekenntniß für
Zwei aus einem Munde; die prieſterliche Hand gleich¬
zeitig ſegnend auf Beider Haupt; ein gemeinſamer
Wahrſpruch für Beider Leben: das giebt, das gab zu
meiner Zeit mindeſtens ein Band. Und gewiß, ich
fühlte dieſes Band feſt und ſtark wie eine Pflicht. Die
warmherzige Dorothee aber, die hätte in jenen Ta¬
gen freudig ihr Leben für mich hingegeben.
Und wenn das Leben ſelbſt auch nicht, ſo doch
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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/113>, abgerufen am 16.02.2025.
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