François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.falls hatte die Kampfesstunde, welche einem Menschen Noch weit unbehaglicher indessen schien dem jungen "Leg' das Zeug bei Seite und thu' einen Zug, 1*
falls hatte die Kampfesſtunde, welche einem Menſchen Noch weit unbehaglicher indeſſen ſchien dem jungen „Leg' das Zeug bei Seite und thu' einen Zug, 1*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="3"/> falls hatte die Kampfesſtunde, welche einem Menſchen<lb/> das Leben giebt, das wetterbraune, hartgliederige Weib<lb/> ſchwerer mitgenommen als zwanzig Kampfesjahre, in<lb/> welchen ſie Tauſende das ihre verenden ſah. Die Finger<lb/> zitterten und der Schweiß tropfte von ihrer Stirn,<lb/> als ſie jetzt, bei eintretender Dämmerung, die feinen<lb/> Lederzwickelchen noch aneinanderpaßte, die ſich, ſobald<lb/> der Morgen graute, in zierliche Damenhandſchuhe ver¬<lb/> wandeln ſollten. Sie ſeufzte, wenn ſie von Zeit zu<lb/> Zeit einen ſchüchternen Blick auf das ſchwächliche<lb/> Weſen fallen ließ, das ſeit drei Tagen, faſt ohne zu<lb/> erwachen, an ihrer Seite kaum merkbar athmete.</p><lb/> <p>Noch weit unbehaglicher indeſſen ſchien dem jungen<lb/> Invaliden dieſer häusliche Zuſtand vorzukommen. Er<lb/> ſchritt in der halbdunklen, niedrigen Kammer auf und<lb/> ab gleich einem eingefangenen Hirſch, der ſich das Ge¬<lb/> weih abzuſtoßen fürchtet, riß dann, ſchwer athmend,<lb/> das Fenſterſchößchen auf und ſchlug es unwirſch wieder<lb/> zu, als er die Frau ängſtlich das Kind gegen den Luft¬<lb/> zug bedecken ſah. Endlich aber rannte er, ein Donner¬<lb/> wetter brummend, aus der Thür, durch welche wir ihn<lb/> nach einer Weile, eine Weinflaſche in der Hand und<lb/> in gemüthlicherer Laune, zurückkehren ſehen.</p><lb/> <p>„Leg' das Zeug bei Seite und thu' einen Zug,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">1*<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [3/0010]
falls hatte die Kampfesſtunde, welche einem Menſchen
das Leben giebt, das wetterbraune, hartgliederige Weib
ſchwerer mitgenommen als zwanzig Kampfesjahre, in
welchen ſie Tauſende das ihre verenden ſah. Die Finger
zitterten und der Schweiß tropfte von ihrer Stirn,
als ſie jetzt, bei eintretender Dämmerung, die feinen
Lederzwickelchen noch aneinanderpaßte, die ſich, ſobald
der Morgen graute, in zierliche Damenhandſchuhe ver¬
wandeln ſollten. Sie ſeufzte, wenn ſie von Zeit zu
Zeit einen ſchüchternen Blick auf das ſchwächliche
Weſen fallen ließ, das ſeit drei Tagen, faſt ohne zu
erwachen, an ihrer Seite kaum merkbar athmete.
Noch weit unbehaglicher indeſſen ſchien dem jungen
Invaliden dieſer häusliche Zuſtand vorzukommen. Er
ſchritt in der halbdunklen, niedrigen Kammer auf und
ab gleich einem eingefangenen Hirſch, der ſich das Ge¬
weih abzuſtoßen fürchtet, riß dann, ſchwer athmend,
das Fenſterſchößchen auf und ſchlug es unwirſch wieder
zu, als er die Frau ängſtlich das Kind gegen den Luft¬
zug bedecken ſah. Endlich aber rannte er, ein Donner¬
wetter brummend, aus der Thür, durch welche wir ihn
nach einer Weile, eine Weinflaſche in der Hand und
in gemüthlicherer Laune, zurückkehren ſehen.
„Leg' das Zeug bei Seite und thu' einen Zug,
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