Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.Ungarischer Kron-Schatzmeister/ bekam Nachricht davon; ließ den Rath vor sich fordern/ verwies ihnen die verspührende Untreu/ mit harter Bedrohung/ daferrn sie ihrer geheimen Anschläge nicht müssig gingen. Sie entschuldigten und gaben sich für ganz rein von solcher Auflage aus. Immittelst schallete das Geschrey/ von dem Anzuge deß Römischen Königs/ je länger / je stärker: Derwegen/ damit er nicht ein Aug-Zeuge deß Verlusts dieses Haupt-Orts würde; belegte er das Schloß/ unter einem Hauptmann/ mit vierhundert Knechten/ und fuhr/ zu Wasser davon/ nach Ofen/ unter dem Fürgeben/ als gedächte er allda der Königlichen Wahl beyzuwohnen/ und mehr Völker anhero zu befördern. Die Stadt war/ mit seiner Abfahrt/ aufs beste zu frieden; hätte ihm auch die 400. zurück gelassene/ zur Begleitung/ gar gerne auf den Weg wünschen mögen. Er war kaum hinweg; als die Thüre/ von den Zunfften/ besetzt/ und zween deß Raths zum Römischen Könige/ gen Kloster-Neuburg abgeordnet wurden/ um denselben einzuladen. Derselbe erhub sich alsofort dahin/ und zwar/ mit der Leibwacht und Hofstatt/ voraus. Das Kriegsvolk hatte Ordre/ ihm gleich zu folgen. Es war der 22. Augusti/ als er/ bey dem roten Thurn-Thor/ ankam/ und so wol vom Rath / samt der Burgerschafft/ als von der gesamten Klerisey/ frölich bewillkommt und eingeholt ward/ unter einem schönen Himmel/ welcher von dem Schultheissen/ und etlichen der fürnehmsten deß Raths/ getragen worden. Die Begleitung führte ihn/ vor erst/ zu St. Stephans-Kirchen; da man allerseits GOtt dankte/ und das gewöhnliche Lob-Lied/ Te Deum laudamus, absang. Nach geendigter Kirchen-Andacht/ huldigte ihm die Stadt/ auf einem hölzernem Gerüste/ so zu dem Ende/ am Markt/ aufgerichtet stund. Nachgehenden Tags/ kam das Kriegsvolk angezogen/ samt dem Geschütze; womit alsofort das Schloß/ auf beyden Seiten/ beschossen ward. Und weil der Soldat gar zu hitzig war / warff er/ nachdem die Maur oben ein wenig/ mit den Stücken/ zerlöchert worden / alsofort Sturmleitern an; in Meinung/ die Besatzung leicht zu übermeistern. Aber sie lerneten ihren Irrthum/ an ihrem grossen Einbuß/ bald erkennen. Die darinn ligende Ungarn fochten so tapffer/ daß die Teutschen über Hals und Kopf/ manche auch enthälst / zurück fielen/ und wegen solcher unbesonnenen Vermessenheit/ vom König Maximilian / einen Verweis bekamen. Dieser ließ hingegen der Besatzung einen freyen Abzug/ mit allem ihrem bey sich habendem Geräth/ anbieten: Sie aber antwortete kein Wort darauf: Welches genugsam anzeigte/ sie wolten ihm ihre Meinung nur/ durch das Schwert/ eröffnen/ und den Handel schwer machen. Diesem nach ließ man zuforderst das Geschütz noch eine Weil/ an der Maur/ arbeiten. Und da solches nun ziemlich gewirkt/ also daß man nicht zweiffelte/ es würde nunmehr das Schloß leicht zu ersteigen seyn: ward ein sturmischer Anlauff beschlossen/ und damit / bey zwo Stunden/ unter einem scharffen Gefechte/ ange- Ungarischer Kron-Schatzmeister/ bekam Nachricht davon; ließ den Rath vor sich fordern/ verwies ihnen die verspührende Untreu/ mit harter Bedrohung/ daferrn sie ihrer geheimen Anschläge nicht müssig gingen. Sie entschuldigten und gaben sich für ganz rein von solcher Auflage aus. Immittelst schallete das Geschrey/ von dem Anzuge deß Römischen Königs/ je länger / je stärker: Derwegen/ damit er nicht ein Aug-Zeuge deß Verlusts dieses Haupt-Orts würde; belegte er das Schloß/ unter einem Hauptmann/ mit vierhundert Knechten/ und fuhr/ zu Wasser davon/ nach Ofen/ unter dem Fürgeben/ als gedächte er allda der Königlichen Wahl beyzuwohnen/ und mehr Völker anhero zu befördern. Die Stadt war/ mit seiner Abfahrt/ aufs beste zu frieden; hätte ihm auch die 400. zurück gelassene/ zur Begleitung/ gar gerne auf den Weg wünschen mögen. Er war kaum hinweg; als die Thüre/ von den Zunfften/ besetzt/ und zween deß Raths zum Römischen Könige/ gen Kloster-Neuburg abgeordnet wurden/ um denselben einzuladen. Derselbe erhub sich alsofort dahin/ und zwar/ mit der Leibwacht und Hofstatt/ voraus. Das Kriegsvolk hatte Ordre/ ihm gleich zu folgen. Es war der 22. Augusti/ als er/ bey dem roten Thurn-Thor/ ankam/ und so wol vom Rath / samt der Burgerschafft/ als von der gesamten Klerisey/ frölich bewillkommt und eingeholt ward/ unter einem schönen Himmel/ welcher von dem Schultheissen/ und etlichen der fürnehmsten deß Raths/ getragen worden. Die Begleitung führte ihn/ vor erst/ zu St. Stephans-Kirchen; da man allerseits GOtt dankte/ und das gewöhnliche Lob-Lied/ Te Deum laudamus, absang. Nach geendigter Kirchen-Andacht/ huldigte ihm die Stadt/ auf einem hölzernem Gerüste/ so zu dem Ende/ am Markt/ aufgerichtet stund. Nachgehenden Tags/ kam das Kriegsvolk angezogen/ samt dem Geschütze; womit alsofort das Schloß/ auf beyden Seiten/ beschossen ward. Und weil der Soldat gar zu hitzig war / warff er/ nachdem die Maur oben ein wenig/ mit den Stücken/ zerlöchert worden / alsofort Sturmleitern an; in Meinung/ die Besatzung leicht zu übermeistern. Aber sie lerneten ihren Irrthum/ an ihrem grossen Einbuß/ bald erkennen. Die darinn ligende Ungarn fochten so tapffer/ daß die Teutschen über Hals und Kopf/ manche auch enthälst / zurück fielen/ und wegen solcher unbesonnenen Vermessenheit/ vom König Maximilian / einen Verweis bekamen. Dieser ließ hingegen der Besatzung einen freyen Abzug/ mit allem ihrem bey sich habendem Geräth/ anbieten: Sie aber antwortete kein Wort darauf: Welches genugsam anzeigte/ sie wolten ihm ihre Meinung nur/ durch das Schwert/ eröffnen/ und den Handel schwer machen. Diesem nach ließ man zuforderst das Geschütz noch eine Weil/ an der Maur/ arbeiten. Und da solches nun ziemlich gewirkt/ also daß man nicht zweiffelte/ es würde nunmehr das Schloß leicht zu ersteigen seyn: ward ein sturmischer Anlauff beschlossen/ und damit / bey zwo Stunden/ unter einem scharffen Gefechte/ ange- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0081" n="73"/> Ungarischer Kron-Schatzmeister/ bekam Nachricht davon; ließ den Rath vor sich fordern/ verwies ihnen die verspührende Untreu/ mit harter Bedrohung/ daferrn sie ihrer geheimen Anschläge nicht müssig gingen. Sie entschuldigten und gaben sich für ganz rein von solcher Auflage aus. Immittelst schallete das Geschrey/ von dem Anzuge deß Römischen Königs/ je länger / je stärker: Derwegen/ damit er nicht ein Aug-Zeuge deß Verlusts dieses Haupt-Orts würde; belegte er das Schloß/ unter einem Hauptmann/ mit vierhundert Knechten/ und fuhr/ zu Wasser davon/ nach Ofen/ unter dem Fürgeben/ als gedächte er allda der Königlichen Wahl beyzuwohnen/ und mehr Völker anhero zu befördern.</p> <p>Die Stadt war/ mit seiner Abfahrt/ aufs beste zu frieden; hätte ihm auch die 400. zurück gelassene/ zur Begleitung/ gar gerne auf den Weg wünschen mögen. Er war kaum hinweg; als die Thüre/ von den Zunfften/ besetzt/ und zween deß Raths zum Römischen Könige/ gen Kloster-Neuburg abgeordnet wurden/ um denselben einzuladen. Derselbe erhub sich alsofort dahin/ und zwar/ mit der Leibwacht und Hofstatt/ voraus. Das Kriegsvolk hatte Ordre/ ihm gleich zu folgen.</p> <p>Es war der 22. Augusti/ als er/ bey dem roten Thurn-Thor/ ankam/ und so wol vom Rath / samt der Burgerschafft/ als von der gesamten Klerisey/ frölich bewillkommt und eingeholt ward/ unter einem schönen Himmel/ welcher von dem Schultheissen/ und etlichen der fürnehmsten deß Raths/ getragen worden. Die Begleitung führte ihn/ vor erst/ zu St. Stephans-Kirchen; da man allerseits GOtt dankte/ und das gewöhnliche Lob-Lied/ Te Deum laudamus, absang. Nach geendigter Kirchen-Andacht/ huldigte ihm die Stadt/ auf einem hölzernem Gerüste/ so zu dem Ende/ am Markt/ aufgerichtet stund.</p> <p>Nachgehenden Tags/ kam das Kriegsvolk angezogen/ samt dem Geschütze; womit alsofort das Schloß/ auf beyden Seiten/ beschossen ward. Und weil der Soldat gar zu hitzig war / warff er/ nachdem die Maur oben ein wenig/ mit den Stücken/ zerlöchert worden / alsofort Sturmleitern an; in Meinung/ die Besatzung leicht zu übermeistern. Aber sie lerneten ihren Irrthum/ an ihrem grossen Einbuß/ bald erkennen. Die darinn ligende Ungarn fochten so tapffer/ daß die Teutschen über Hals und Kopf/ manche auch enthälst / zurück fielen/ und wegen solcher unbesonnenen Vermessenheit/ vom König Maximilian / einen Verweis bekamen. Dieser ließ hingegen der Besatzung einen freyen Abzug/ mit allem ihrem bey sich habendem Geräth/ anbieten: Sie aber antwortete kein Wort darauf: Welches genugsam anzeigte/ sie wolten ihm ihre Meinung nur/ durch das Schwert/ eröffnen/ und den Handel schwer machen.</p> <p>Diesem nach ließ man zuforderst das Geschütz noch eine Weil/ an der Maur/ arbeiten. Und da solches nun ziemlich gewirkt/ also daß man nicht zweiffelte/ es würde nunmehr das Schloß leicht zu ersteigen seyn: ward ein sturmischer Anlauff beschlossen/ und damit / bey zwo Stunden/ unter einem scharffen Gefechte/ ange- </p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0081]
Ungarischer Kron-Schatzmeister/ bekam Nachricht davon; ließ den Rath vor sich fordern/ verwies ihnen die verspührende Untreu/ mit harter Bedrohung/ daferrn sie ihrer geheimen Anschläge nicht müssig gingen. Sie entschuldigten und gaben sich für ganz rein von solcher Auflage aus. Immittelst schallete das Geschrey/ von dem Anzuge deß Römischen Königs/ je länger / je stärker: Derwegen/ damit er nicht ein Aug-Zeuge deß Verlusts dieses Haupt-Orts würde; belegte er das Schloß/ unter einem Hauptmann/ mit vierhundert Knechten/ und fuhr/ zu Wasser davon/ nach Ofen/ unter dem Fürgeben/ als gedächte er allda der Königlichen Wahl beyzuwohnen/ und mehr Völker anhero zu befördern.
Die Stadt war/ mit seiner Abfahrt/ aufs beste zu frieden; hätte ihm auch die 400. zurück gelassene/ zur Begleitung/ gar gerne auf den Weg wünschen mögen. Er war kaum hinweg; als die Thüre/ von den Zunfften/ besetzt/ und zween deß Raths zum Römischen Könige/ gen Kloster-Neuburg abgeordnet wurden/ um denselben einzuladen. Derselbe erhub sich alsofort dahin/ und zwar/ mit der Leibwacht und Hofstatt/ voraus. Das Kriegsvolk hatte Ordre/ ihm gleich zu folgen.
Es war der 22. Augusti/ als er/ bey dem roten Thurn-Thor/ ankam/ und so wol vom Rath / samt der Burgerschafft/ als von der gesamten Klerisey/ frölich bewillkommt und eingeholt ward/ unter einem schönen Himmel/ welcher von dem Schultheissen/ und etlichen der fürnehmsten deß Raths/ getragen worden. Die Begleitung führte ihn/ vor erst/ zu St. Stephans-Kirchen; da man allerseits GOtt dankte/ und das gewöhnliche Lob-Lied/ Te Deum laudamus, absang. Nach geendigter Kirchen-Andacht/ huldigte ihm die Stadt/ auf einem hölzernem Gerüste/ so zu dem Ende/ am Markt/ aufgerichtet stund.
Nachgehenden Tags/ kam das Kriegsvolk angezogen/ samt dem Geschütze; womit alsofort das Schloß/ auf beyden Seiten/ beschossen ward. Und weil der Soldat gar zu hitzig war / warff er/ nachdem die Maur oben ein wenig/ mit den Stücken/ zerlöchert worden / alsofort Sturmleitern an; in Meinung/ die Besatzung leicht zu übermeistern. Aber sie lerneten ihren Irrthum/ an ihrem grossen Einbuß/ bald erkennen. Die darinn ligende Ungarn fochten so tapffer/ daß die Teutschen über Hals und Kopf/ manche auch enthälst / zurück fielen/ und wegen solcher unbesonnenen Vermessenheit/ vom König Maximilian / einen Verweis bekamen. Dieser ließ hingegen der Besatzung einen freyen Abzug/ mit allem ihrem bey sich habendem Geräth/ anbieten: Sie aber antwortete kein Wort darauf: Welches genugsam anzeigte/ sie wolten ihm ihre Meinung nur/ durch das Schwert/ eröffnen/ und den Handel schwer machen.
Diesem nach ließ man zuforderst das Geschütz noch eine Weil/ an der Maur/ arbeiten. Und da solches nun ziemlich gewirkt/ also daß man nicht zweiffelte/ es würde nunmehr das Schloß leicht zu ersteigen seyn: ward ein sturmischer Anlauff beschlossen/ und damit / bey zwo Stunden/ unter einem scharffen Gefechte/ ange-
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/81>, abgerufen am 16.02.2025. |