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Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

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ihnen abgehauen/ und für sich selbst gar kein Auskommen/ noch Rettung: Hatten zwar bey dem Käiser/ um Hülffe/ angesucht; aber/ an statt derselben/ diese Antwort erhalten: Es wäre nicht unbillig/ daß sie nun wiederum den Hunger litten/ womit sie ihn vormals/ in der Burg/ gedruckt hätten. Vielleicht mögen solche Wort/ über Tafel / gefallen/ und von Andren hernach also ausgesprengt seyn/ als hätte er sie den Hülff-Bittenden zur antwort gegeben.

Mittler Weile ließ man ihnen/ in der Stadt/ wenig Ruhe. Täglich that der Feind bey den Thoren/ einen Ansprung/ und wurden sie/ sonderlich von denen Ungarn/ so auf der Insel sich gesetzt hatten/ sehr angefochten. Am Donau-Ufer/ wechselte man gleichfalls offt Stösse/ davon bald dieser/ bald jener Theil/ das Meiste bekam. Einsmals kamen die Ungarn/ von selbiger Seiten/ gar nahe an die Mauren: aber die Städtische fielen stark heraus/ und trieben sie nicht allein zurück; sondern verrenneten ihnen auch die Brücke: daher sie gezwungen wurden/ ins Wasser zu springen/ und unterm Wasser/ am Grunde / fortkrochen/ bis sie wiederum einen seichten Ort/ und Sicherheit erreichten. Welches kühne Stücklein sehr/ an ihnen/ gelobt worden.

Da nun endlich die Bürger sahen/ daß man Anstalt/ zu einem Haupt-Sturm/ machte/ und in Sorge stunden/ so der König die Stadt erstiege/ würde seine allzu hefftige Verbitterung keiner Versöhnung Raum geben: kamen sie auf die Zweifel-Gedanken/ ob es nicht rathsamer wäre/ vorab bey so dringender Hungers-Noth/ durch eine gütliche Aufgabe / die Stadt/ samt den Einwohnern/ im Stande zu erhalten; weder dieselbige bis auf den wütenden Grimm deß Obsiegers zu verspahren? Sie kunnten gleichwol hierinn so geschwinde noch keine Einigkeit treffen. Dann die Käiserliche Hauptleute wolten sich so leicht dazu nicht verstehen/ besorgende/ es dörffte/ durch die Ubergabe/ zugleich ihre Reputation und Ehre dem Verdacht einer Zaghafftigkeit übergeben werden/ und einen unausleschlichen Flecken bekommen. Insonderheit bemüheten sich Tiburtius von Zinzendorff/ Caspar von Lamberg/ Bartholome von Starenberg/ Andreas Gall/ Wolffgang von Graben/ Ladislaus Prager/ und Alexander Schiffer/ aufs äusserste/ den Bürgern solches Vorhaben auszureden; und stelleten ihnen vor/ was für einen bösen Gefolg diese unzeitige Ergebung würde auf dem Rücken haben/ nemlich den Verlust deß ganzen Oesterreichs. Also stund es noch eine Wochen lang/ bevor ein Theil den andren/ nach seinem Gefallen/ kunnte stimmen. Weil aber der Hunger indessen zunahm/ welcher auch die Leuen zähmen kan: vereinigten sich endlich die Officirer/ mit der Burgerschafft/ und sandten etliche zum Könige ins Lager; um einen Accord zu tractiren. Dieser/ der solche Zeitung längst gerne gehört/ und wol wuste/ daß seine Völker der langwierigen Belägerung schon überdrüssig waren/ nahm es hurtig an/ und richtete einen verbriefften Vergleich auff/ mit ihnen / mit dieser Bedingung; daß/ daferrn/ innerhalb Monats-Zeit/ kein Entsatz anlangte/ das Käiserliche Kriegsvolk/ mit Haab und Gut/ Roß und Rüstung/ frey und sicher ausziehen /

ihnen abgehauen/ und für sich selbst gar kein Auskommen/ noch Rettung: Hatten zwar bey dem Käiser/ um Hülffe/ angesucht; aber/ an statt derselben/ diese Antwort erhalten: Es wäre nicht unbillig/ daß sie nun wiederum den Hunger litten/ womit sie ihn vormals/ in der Burg/ gedruckt hätten. Vielleicht mögen solche Wort/ über Tafel / gefallen/ und von Andren hernach also ausgesprengt seyn/ als hätte er sie den Hülff-Bittenden zur antwort gegeben.

Mittler Weile ließ man ihnen/ in der Stadt/ wenig Ruhe. Täglich that der Feind bey den Thoren/ einen Ansprung/ und wurden sie/ sonderlich von denen Ungarn/ so auf der Insel sich gesetzt hatten/ sehr angefochten. Am Donau-Ufer/ wechselte man gleichfalls offt Stösse/ davon bald dieser/ bald jener Theil/ das Meiste bekam. Einsmals kamen die Ungarn/ von selbiger Seiten/ gar nahe an die Mauren: aber die Städtische fielen stark heraus/ und trieben sie nicht allein zurück; sondern verrenneten ihnen auch die Brücke: daher sie gezwungen wurden/ ins Wasser zu springen/ und unterm Wasser/ am Grunde / fortkrochen/ bis sie wiederum einen seichten Ort/ und Sicherheit erreichten. Welches kühne Stücklein sehr/ an ihnen/ gelobt worden.

Da nun endlich die Bürger sahen/ daß man Anstalt/ zu einem Haupt-Sturm/ machte/ und in Sorge stunden/ so der König die Stadt erstiege/ würde seine allzu hefftige Verbitterung keiner Versöhnung Raum geben: kamen sie auf die Zweifel-Gedanken/ ob es nicht rathsamer wäre/ vorab bey so dringender Hungers-Noth/ durch eine gütliche Aufgabe / die Stadt/ samt den Einwohnern/ im Stande zu erhalten; weder dieselbige bis auf den wütenden Grimm deß Obsiegers zu verspahren? Sie kunnten gleichwol hierinn so geschwinde noch keine Einigkeit treffen. Dann die Käiserliche Hauptleute wolten sich so leicht dazu nicht verstehen/ besorgende/ es dörffte/ durch die Ubergabe/ zugleich ihre Reputation und Ehre dem Verdacht einer Zaghafftigkeit übergeben werden/ und einen unausleschlichen Flecken bekommen. Insonderheit bemüheten sich Tiburtius von Zinzendorff/ Caspar von Lamberg/ Bartholome von Starenberg/ Andreas Gall/ Wolffgang von Graben/ Ladislaus Prager/ und Alexander Schiffer/ aufs äusserste/ den Bürgern solches Vorhaben auszureden; und stelleten ihnen vor/ was für einen bösen Gefolg diese unzeitige Ergebung würde auf dem Rücken haben/ nemlich den Verlust deß ganzen Oesterreichs. Also stund es noch eine Wochen lang/ bevor ein Theil den andren/ nach seinem Gefallen/ kunnte stimmen. Weil aber der Hunger indessen zunahm/ welcher auch die Leuen zähmen kan: vereinigten sich endlich die Officirer/ mit der Burgerschafft/ und sandten etliche zum Könige ins Lager; um einen Accord zu tractiren. Dieser/ der solche Zeitung längst gerne gehört/ und wol wuste/ daß seine Völker der langwierigen Belägerung schon überdrüssig waren/ nahm es hurtig an/ und richtete einen verbriefften Vergleich auff/ mit ihnen / mit dieser Bedingung; daß/ daferrn/ innerhalb Monats-Zeit/ kein Entsatz anlangte/ das Käiserliche Kriegsvolk/ mit Haab und Gut/ Roß und Rüstung/ frey und sicher ausziehen /

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[67/0075] ihnen abgehauen/ und für sich selbst gar kein Auskommen/ noch Rettung: Hatten zwar bey dem Käiser/ um Hülffe/ angesucht; aber/ an statt derselben/ diese Antwort erhalten: Es wäre nicht unbillig/ daß sie nun wiederum den Hunger litten/ womit sie ihn vormals/ in der Burg/ gedruckt hätten. Vielleicht mögen solche Wort/ über Tafel / gefallen/ und von Andren hernach also ausgesprengt seyn/ als hätte er sie den Hülff-Bittenden zur antwort gegeben. Mittler Weile ließ man ihnen/ in der Stadt/ wenig Ruhe. Täglich that der Feind bey den Thoren/ einen Ansprung/ und wurden sie/ sonderlich von denen Ungarn/ so auf der Insel sich gesetzt hatten/ sehr angefochten. Am Donau-Ufer/ wechselte man gleichfalls offt Stösse/ davon bald dieser/ bald jener Theil/ das Meiste bekam. Einsmals kamen die Ungarn/ von selbiger Seiten/ gar nahe an die Mauren: aber die Städtische fielen stark heraus/ und trieben sie nicht allein zurück; sondern verrenneten ihnen auch die Brücke: daher sie gezwungen wurden/ ins Wasser zu springen/ und unterm Wasser/ am Grunde / fortkrochen/ bis sie wiederum einen seichten Ort/ und Sicherheit erreichten. Welches kühne Stücklein sehr/ an ihnen/ gelobt worden. Da nun endlich die Bürger sahen/ daß man Anstalt/ zu einem Haupt-Sturm/ machte/ und in Sorge stunden/ so der König die Stadt erstiege/ würde seine allzu hefftige Verbitterung keiner Versöhnung Raum geben: kamen sie auf die Zweifel-Gedanken/ ob es nicht rathsamer wäre/ vorab bey so dringender Hungers-Noth/ durch eine gütliche Aufgabe / die Stadt/ samt den Einwohnern/ im Stande zu erhalten; weder dieselbige bis auf den wütenden Grimm deß Obsiegers zu verspahren? Sie kunnten gleichwol hierinn so geschwinde noch keine Einigkeit treffen. Dann die Käiserliche Hauptleute wolten sich so leicht dazu nicht verstehen/ besorgende/ es dörffte/ durch die Ubergabe/ zugleich ihre Reputation und Ehre dem Verdacht einer Zaghafftigkeit übergeben werden/ und einen unausleschlichen Flecken bekommen. Insonderheit bemüheten sich Tiburtius von Zinzendorff/ Caspar von Lamberg/ Bartholome von Starenberg/ Andreas Gall/ Wolffgang von Graben/ Ladislaus Prager/ und Alexander Schiffer/ aufs äusserste/ den Bürgern solches Vorhaben auszureden; und stelleten ihnen vor/ was für einen bösen Gefolg diese unzeitige Ergebung würde auf dem Rücken haben/ nemlich den Verlust deß ganzen Oesterreichs. Also stund es noch eine Wochen lang/ bevor ein Theil den andren/ nach seinem Gefallen/ kunnte stimmen. Weil aber der Hunger indessen zunahm/ welcher auch die Leuen zähmen kan: vereinigten sich endlich die Officirer/ mit der Burgerschafft/ und sandten etliche zum Könige ins Lager; um einen Accord zu tractiren. Dieser/ der solche Zeitung längst gerne gehört/ und wol wuste/ daß seine Völker der langwierigen Belägerung schon überdrüssig waren/ nahm es hurtig an/ und richtete einen verbriefften Vergleich auff/ mit ihnen / mit dieser Bedingung; daß/ daferrn/ innerhalb Monats-Zeit/ kein Entsatz anlangte/ das Käiserliche Kriegsvolk/ mit Haab und Gut/ Roß und Rüstung/ frey und sicher ausziehen /

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/75>, abgerufen am 22.11.2024.