Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.visitirten. Worüber der König klagte/ aber zur Antwort bekam/ man finde sich nicht im Stande/ solchem Ubel mit Gewalt zu steuren. Es mag auch dieses folgende wol/ unter den Haupt-Ursachen/ begriffen seyn. Als die Wiener den Käiser/ vor-beschriebener Weise/ in der Burg belägert gehabt/ sollen sie dem Könige Matthias sich/ durch ein Schreiben/ angetragen haben/ mit Erbietung/ so ihm zu kommen beliebte/ würden ihm nicht nur die Stadt-Thor offen stehen/ sondern sie wolten ihm auch den Käiser überliefern. Da nun über eine Zeit hernach/ der Käiser den König Matthias nach Wien eingeladen/ als einen Sohn/ wie er ihn nannte/ zu seinem Vatter / und derselbe/ mit einem ansehnlichen Geleit sich eingestellt; ist er/ von dem Herrn Vatter/ zwar ehrlich und freundlich empfangen worden; hat sich auch/ einige Tage über / an allerley Ritter-Spielen/ lustigen Aufzügen/ Schauspielen/ und Tänzen/ ergetzt: Aber endlich kommt/ um Mitternacht/ zum Könige/ ein Burger/ und warnet ihn/ er solle sich schleunigst davon machen; dann der Käiser habe ihm Stricke gelegt/ und ihn nicht aus Liebe noch Höfflichkeit/ zu sich erbeten/ sondern einen Anschlag auf seinen Kopff; der gewiß/ im Fall er sich nicht fürsehe/ werde im Lauff bleiben. Der bestürzte König vertraut solches seinen zween Freunden/ dem Zobor/ und Niclas Banfy. Die rathen gleichfals/ er solle seinem Unglück/ mit geflügelter Eile/ sich entreissen: Dann nicht-glauben ziehe grosse Gefahr nach sich: und/ um sein Leben zu salviren/ müsse man viel Dinges auch gleich glauben/ damit man sicher stehe. Hiemit eilen sie geschwinde aus Wien hinweg/ werffen sich in den Nachen/ welchen sie zu erst angetroffen/ und fahren/ mit dem Strom/ nach Preßburg hinab. Nach der Zeit/ soll der König sich niemals mehr dem Käiser haben vertrauen wollen; und/ wie männiglich dafür gehalten/ hiedurch alle die Geschwüre deß alten Grolls wieder aufgebrochen seyn. Ob aber der Burger solchen Anschlag dem Käiser nicht aufgetichtet habe/ mögte billig noch wol fragens gelten? Aller Vermutung nach aber/ hat die grosse Ehrsucht Königs Matthiä (dann diese hat ihm so wol seine Waffen/ als sein Herz/ bisweilen stark bewegt) das Kriegs-Feuer angezündet. Wiewol es/ an Verhetzern/ auch nicht gemangelt/ die es weitlich aufgeblasen. Also war / seines Theils/ wider Oesterreich/ das Schwerdt gewetzt und beschlossen. Hierauf eroberte der König/ in geringer Zeit/ viel Plätze in Oesterreich: weil noch keine Käiserliche Armee bey der Hand/ die ihm den Fortgang seiner Waffen hätte mögen disputiren. Dann der Käiser war eben damals/ mit Kriegsvolk/ annoch nicht versehen; als welcher gehofft hatte / mit der Feder/ den Krieg abzugraben. Trautmansdorff ward/ mit List/ erstiegen/ und folgends auch Petersdorff und Schwandorff/ nebst andren/ gewonnen. Hierauf ergaben sich / in einem Tage/ vierzehen andre Städte/ durch nichts/ als blossen Gerüchts-Schrecken / bewogen. Demnechst ging der Marsch/ gerichtes Weges/ auf Wien. Damit er visitirten. Worüber der König klagte/ aber zur Antwort bekam/ man finde sich nicht im Stande/ solchem Ubel mit Gewalt zu steuren. Es mag auch dieses folgende wol/ unter den Haupt-Ursachen/ begriffen seyn. Als die Wiener den Käiser/ vor-beschriebener Weise/ in der Burg belägert gehabt/ sollen sie dem Könige Matthias sich/ durch ein Schreiben/ angetragen haben/ mit Erbietung/ so ihm zu kommen beliebte/ würden ihm nicht nur die Stadt-Thor offen stehen/ sondern sie wolten ihm auch den Käiser überliefern. Da nun über eine Zeit hernach/ der Käiser den König Matthias nach Wien eingeladen/ als einen Sohn/ wie er ihn nannte/ zu seinem Vatter / und derselbe/ mit einem ansehnlichen Geleit sich eingestellt; ist er/ von dem Herrn Vatter/ zwar ehrlich und freundlich empfangen worden; hat sich auch/ einige Tage über / an allerley Ritter-Spielen/ lustigen Aufzügen/ Schauspielen/ und Tänzen/ ergetzt: Aber endlich kommt/ um Mitternacht/ zum Könige/ ein Burger/ und warnet ihn/ er solle sich schleunigst davon machen; dann der Käiser habe ihm Stricke gelegt/ und ihn nicht aus Liebe noch Höfflichkeit/ zu sich erbeten/ sondern einen Anschlag auf seinen Kopff; der gewiß/ im Fall er sich nicht fürsehe/ werde im Lauff bleiben. Der bestürzte König vertraut solches seinen zween Freunden/ dem Zobor/ und Niclas Banfy. Die rathen gleichfals/ er solle seinem Unglück/ mit geflügelter Eile/ sich entreissen: Dann nicht-glauben ziehe grosse Gefahr nach sich: und/ um sein Leben zu salviren/ müsse man viel Dinges auch gleich glauben/ damit man sicher stehe. Hiemit eilen sie geschwinde aus Wien hinweg/ werffen sich in den Nachen/ welchen sie zu erst angetroffen/ und fahren/ mit dem Strom/ nach Preßburg hinab. Nach der Zeit/ soll der König sich niemals mehr dem Käiser haben vertrauen wollen; und/ wie männiglich dafür gehalten/ hiedurch alle die Geschwüre deß alten Grolls wieder aufgebrochen seyn. Ob aber der Burger solchen Anschlag dem Käiser nicht aufgetichtet habe/ mögte billig noch wol fragens gelten? Aller Vermutung nach aber/ hat die grosse Ehrsucht Königs Matthiä (dann diese hat ihm so wol seine Waffen/ als sein Herz/ bisweilen stark bewegt) das Kriegs-Feuer angezündet. Wiewol es/ an Verhetzern/ auch nicht gemangelt/ die es weitlich aufgeblasen. Also war / seines Theils/ wider Oesterreich/ das Schwerdt gewetzt und beschlossen. Hierauf eroberte der König/ in geringer Zeit/ viel Plätze in Oesterreich: weil noch keine Käiserliche Armee bey der Hand/ die ihm den Fortgang seiner Waffen hätte mögen disputiren. Dann der Käiser war eben damals/ mit Kriegsvolk/ annoch nicht versehen; als welcher gehofft hatte / mit der Feder/ den Krieg abzugraben. Trautmansdorff ward/ mit List/ erstiegen/ und folgends auch Petersdorff und Schwandorff/ nebst andren/ gewonnen. Hierauf ergaben sich / in einem Tage/ vierzehen andre Städte/ durch nichts/ als blossen Gerüchts-Schrecken / bewogen. Demnechst ging der Marsch/ gerichtes Weges/ auf Wien. Damit er <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0065" n="57"/> visitirten. Worüber der König klagte/ aber zur Antwort bekam/ man finde sich nicht im Stande/ solchem Ubel mit Gewalt zu steuren.</p> <p>Es mag auch dieses folgende wol/ unter den Haupt-Ursachen/ begriffen seyn. Als die Wiener den Käiser/ vor-beschriebener Weise/ in der Burg belägert gehabt/ sollen sie dem Könige Matthias sich/ durch ein Schreiben/ angetragen haben/ mit Erbietung/ so ihm zu kommen beliebte/ würden ihm nicht nur die Stadt-Thor offen stehen/ sondern sie wolten ihm auch den Käiser überliefern. Da nun über eine Zeit hernach/ der Käiser den König Matthias nach Wien eingeladen/ als einen Sohn/ wie er ihn nannte/ zu seinem Vatter / und derselbe/ mit einem ansehnlichen Geleit sich eingestellt; ist er/ von dem Herrn Vatter/ zwar ehrlich und freundlich empfangen worden; hat sich auch/ einige Tage über / an allerley Ritter-Spielen/ lustigen Aufzügen/ Schauspielen/ und Tänzen/ ergetzt: Aber endlich kommt/ um Mitternacht/ zum Könige/ ein Burger/ und warnet ihn/ er solle sich schleunigst davon machen; dann der Käiser habe ihm Stricke gelegt/ und ihn nicht aus Liebe noch Höfflichkeit/ zu sich erbeten/ sondern einen Anschlag auf seinen Kopff; der gewiß/ im Fall er sich nicht fürsehe/ werde im Lauff bleiben. Der bestürzte König vertraut solches seinen zween Freunden/ dem Zobor/ und Niclas Banfy. Die rathen gleichfals/ er solle seinem Unglück/ mit geflügelter Eile/ sich entreissen: Dann nicht-glauben ziehe grosse Gefahr nach sich: und/ um sein Leben zu salviren/ müsse man viel Dinges auch gleich glauben/ damit man sicher stehe.</p> <p>Hiemit eilen sie geschwinde aus Wien hinweg/ werffen sich in den Nachen/ welchen sie zu erst angetroffen/ und fahren/ mit dem Strom/ nach Preßburg hinab. Nach der Zeit/ soll der König sich niemals mehr dem Käiser haben vertrauen wollen; und/ wie männiglich dafür gehalten/ hiedurch alle die Geschwüre deß alten Grolls wieder aufgebrochen seyn. Ob aber der Burger solchen Anschlag dem Käiser nicht aufgetichtet habe/ mögte billig noch wol fragens gelten?</p> <p>Aller Vermutung nach aber/ hat die grosse Ehrsucht Königs Matthiä (dann diese hat ihm so wol seine Waffen/ als sein Herz/ bisweilen stark bewegt) das Kriegs-Feuer angezündet. Wiewol es/ an Verhetzern/ auch nicht gemangelt/ die es weitlich aufgeblasen. Also war / seines Theils/ wider Oesterreich/ das Schwerdt gewetzt und beschlossen. Hierauf eroberte der König/ in geringer Zeit/ viel Plätze in Oesterreich: weil noch keine Käiserliche Armee bey der Hand/ die ihm den Fortgang seiner Waffen hätte mögen disputiren. Dann der Käiser war eben damals/ mit Kriegsvolk/ annoch nicht versehen; als welcher gehofft hatte / mit der Feder/ den Krieg abzugraben. Trautmansdorff ward/ mit List/ erstiegen/ und folgends auch Petersdorff und Schwandorff/ nebst andren/ gewonnen. Hierauf ergaben sich / in einem Tage/ vierzehen andre Städte/ durch nichts/ als blossen Gerüchts-Schrecken / bewogen.</p> <p>Demnechst ging der Marsch/ gerichtes Weges/ auf Wien. Damit er </p> </div> </body> </text> </TEI> [57/0065]
visitirten. Worüber der König klagte/ aber zur Antwort bekam/ man finde sich nicht im Stande/ solchem Ubel mit Gewalt zu steuren.
Es mag auch dieses folgende wol/ unter den Haupt-Ursachen/ begriffen seyn. Als die Wiener den Käiser/ vor-beschriebener Weise/ in der Burg belägert gehabt/ sollen sie dem Könige Matthias sich/ durch ein Schreiben/ angetragen haben/ mit Erbietung/ so ihm zu kommen beliebte/ würden ihm nicht nur die Stadt-Thor offen stehen/ sondern sie wolten ihm auch den Käiser überliefern. Da nun über eine Zeit hernach/ der Käiser den König Matthias nach Wien eingeladen/ als einen Sohn/ wie er ihn nannte/ zu seinem Vatter / und derselbe/ mit einem ansehnlichen Geleit sich eingestellt; ist er/ von dem Herrn Vatter/ zwar ehrlich und freundlich empfangen worden; hat sich auch/ einige Tage über / an allerley Ritter-Spielen/ lustigen Aufzügen/ Schauspielen/ und Tänzen/ ergetzt: Aber endlich kommt/ um Mitternacht/ zum Könige/ ein Burger/ und warnet ihn/ er solle sich schleunigst davon machen; dann der Käiser habe ihm Stricke gelegt/ und ihn nicht aus Liebe noch Höfflichkeit/ zu sich erbeten/ sondern einen Anschlag auf seinen Kopff; der gewiß/ im Fall er sich nicht fürsehe/ werde im Lauff bleiben. Der bestürzte König vertraut solches seinen zween Freunden/ dem Zobor/ und Niclas Banfy. Die rathen gleichfals/ er solle seinem Unglück/ mit geflügelter Eile/ sich entreissen: Dann nicht-glauben ziehe grosse Gefahr nach sich: und/ um sein Leben zu salviren/ müsse man viel Dinges auch gleich glauben/ damit man sicher stehe.
Hiemit eilen sie geschwinde aus Wien hinweg/ werffen sich in den Nachen/ welchen sie zu erst angetroffen/ und fahren/ mit dem Strom/ nach Preßburg hinab. Nach der Zeit/ soll der König sich niemals mehr dem Käiser haben vertrauen wollen; und/ wie männiglich dafür gehalten/ hiedurch alle die Geschwüre deß alten Grolls wieder aufgebrochen seyn. Ob aber der Burger solchen Anschlag dem Käiser nicht aufgetichtet habe/ mögte billig noch wol fragens gelten?
Aller Vermutung nach aber/ hat die grosse Ehrsucht Königs Matthiä (dann diese hat ihm so wol seine Waffen/ als sein Herz/ bisweilen stark bewegt) das Kriegs-Feuer angezündet. Wiewol es/ an Verhetzern/ auch nicht gemangelt/ die es weitlich aufgeblasen. Also war / seines Theils/ wider Oesterreich/ das Schwerdt gewetzt und beschlossen. Hierauf eroberte der König/ in geringer Zeit/ viel Plätze in Oesterreich: weil noch keine Käiserliche Armee bey der Hand/ die ihm den Fortgang seiner Waffen hätte mögen disputiren. Dann der Käiser war eben damals/ mit Kriegsvolk/ annoch nicht versehen; als welcher gehofft hatte / mit der Feder/ den Krieg abzugraben. Trautmansdorff ward/ mit List/ erstiegen/ und folgends auch Petersdorff und Schwandorff/ nebst andren/ gewonnen. Hierauf ergaben sich / in einem Tage/ vierzehen andre Städte/ durch nichts/ als blossen Gerüchts-Schrecken / bewogen.
Demnechst ging der Marsch/ gerichtes Weges/ auf Wien. Damit er
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/65>, abgerufen am 16.07.2024. |