Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.tractiren/ und Frieden schliessen wolte: damit diese brüderliche Zwietracht dermaleins ihre Endschafft gewinnen mögte. Wiewol diesen boshafften Prinzen nicht so sehr die aufrichtige Begierde der Vereinigung/ als die Verzagung an einem guten Ausgange/ bewog/ dem Streit und Hader ein Ende zu suchen/ dessen Wurzeln / nemlich Groll und Herrsch-Gierde/ ihm doch so tieff Herzen steckten. Der König begegnete solche Anwerbung deß Erz-Herzogs/ mit dieser kurzen Antwort: Er wolte ihm zwar gerne willfahren; könnte aber hierinn nichts Gewisses versprechen / vielweniger urtheilen/ noch schliessen/ bevor man deß Käisers Meinung gleichfals darüber verstanden hätte/ ob derselbe nemlich die Sache anjetzo auch einer gütlichen Entscheidung wolte unterwerffen. Also wich die Friedens-Hoffnung/ auf dißmal/ wiederum hinter sich: und ließ der Erz-Herzog es auf die Spitze ankommen. Unterdessen zoch das Böhmische Kriegsheer/ längst dem unter der Wiener-Brucken vorbey-wallendem Donau-Arm/ gerades Wegs fort/ und kunte weder der Erz-Herzog/ noch die Wienerische Bürgerschafft/ noch die Oesterreichische Landschafft/ verhindern/ daß es / zu den Steyerisch und Kärndterischen Völkern/ stiesse/ die sich/ unter dem Wiener-Berge / zu Enzersdorff/ gelagert hatten: wie/ gegenseits/ diese so ansehnliche Entsatz-Macht auch der Stadt ihre Halsstarrigkeit nicht ausschrecken kunte. Dann dieselbe hatte sich allbereit/ wider die besorgte Bestürmung/ gefaßt gemacht/ und/ von allen Orten her / die Bauren/ Winzer/ Hacker/ und dergleichen Gesinde/ beruffen/ und zur Beschützung der auswendigen Mauren bestimmt. Welche dann/ in einer bösen Sache/ trefflich-gute Dienste gethan. Dann als man/ am Tage S. Elisabeth/ die Stadt zu stürmen angefangen; haben diese grobe und stark-leibige Flegel und Pflug-Fechter/ welche/ allerley Arbeit auszudauren/ gewohnt/ den grossen Gewalt der Käiserlichen und Böhmischen Völker/ ja so glücklich/ als beherzt/ wie lauter eiserne Leute/ oder belebte Bilder von rauhen Marmel-Stücken/ ausgestanden. Sie gaben den Kriegsleuten den Kehrab/ und trieben dieselbe nicht allein in die Flucht/ sondern entwendeten ihnen auch zwey Feld-Stücklein / und brachten solche mit sich in die Stadt. Nachdem dieser Gestalt der Sturm/ für die Entsatz-Völker/ schlecht gelungen; wuchs den Aufrührern der Mut so hoch/ daß sie nun/ weder deß Königs von Böhmen Rath anhören/ noch von denen Conditionen/ welche der Erz-Herzog zuvor hatte vorgestellt/ das geringste fallen lassen wolten. Jedoch ward endlich/ durch die fürnehme Herren/ in der Sache/ so fleissig negocirt, daß man inzwischen beyderseits einen Stillstand bewilligte/ und der König von Böhmen so viel erhielt/ daß er/ mit dem Käiser selbsten/ mögte reden. Hierauf erfolgte nun endlich der Frieden-Schluß/ wiewol nicht allerdings/ nach deß Käisers Wunsch und Vortheil. Dann ob ihm gleich die vorgetragene Puncten etwas dauchten schwer zu seyn: muste er sich doch in die Zeit bequenmen/ und mit Gedult überwinden/ was sich/ durch die Waffen/ nicht wolte bezwingen tractiren/ und Frieden schliessen wolte: damit diese brüderliche Zwietracht dermaleins ihre Endschafft gewinnen mögte. Wiewol diesen boshafften Prinzen nicht so sehr die aufrichtige Begierde der Vereinigung/ als die Verzagung an einem guten Ausgange/ bewog/ dem Streit und Hader ein Ende zu suchen/ dessen Wurzeln / nemlich Groll und Herrsch-Gierde/ ihm doch so tieff Herzen steckten. Der König begegnete solche Anwerbung deß Erz-Herzogs/ mit dieser kurzen Antwort: Er wolte ihm zwar gerne willfahren; könnte aber hierinn nichts Gewisses versprechen / vielweniger urtheilen/ noch schliessen/ bevor man deß Käisers Meinung gleichfals darüber verstanden hätte/ ob derselbe nemlich die Sache anjetzo auch einer gütlichen Entscheidung wolte unterwerffen. Also wich die Friedens-Hoffnung/ auf dißmal/ wiederum hinter sich: und ließ der Erz-Herzog es auf die Spitze ankommen. Unterdessen zoch das Böhmische Kriegsheer/ längst dem unter der Wiener-Brucken vorbey-wallendem Donau-Arm/ gerades Wegs fort/ und kunte weder der Erz-Herzog/ noch die Wienerische Bürgerschafft/ noch die Oesterreichische Landschafft/ verhindern/ daß es / zu den Steyerisch und Kärndterischen Völkern/ stiesse/ die sich/ unter dem Wiener-Berge / zu Enzersdorff/ gelagert hatten: wie/ gegenseits/ diese so ansehnliche Entsatz-Macht auch der Stadt ihre Halsstarrigkeit nicht ausschrecken kunte. Dann dieselbe hatte sich allbereit/ wider die besorgte Bestürmung/ gefaßt gemacht/ und/ von allen Orten her / die Bauren/ Winzer/ Hacker/ und dergleichen Gesinde/ beruffen/ und zur Beschützung der auswendigen Mauren bestimmt. Welche dann/ in einer bösen Sache/ trefflich-gute Dienste gethan. Dann als man/ am Tage S. Elisabeth/ die Stadt zu stürmen angefangen; haben diese grobe und stark-leibige Flegel und Pflug-Fechter/ welche/ allerley Arbeit auszudauren/ gewohnt/ den grossen Gewalt der Käiserlichen und Böhmischen Völker/ ja so glücklich/ als beherzt/ wie lauter eiserne Leute/ oder belebte Bilder von rauhen Marmel-Stücken/ ausgestanden. Sie gaben den Kriegsleuten den Kehrab/ und trieben dieselbe nicht allein in die Flucht/ sondern entwendeten ihnen auch zwey Feld-Stücklein / und brachten solche mit sich in die Stadt. Nachdem dieser Gestalt der Sturm/ für die Entsatz-Völker/ schlecht gelungen; wuchs den Aufrührern der Mut so hoch/ daß sie nun/ weder deß Königs von Böhmen Rath anhören/ noch von denen Conditionen/ welche der Erz-Herzog zuvor hatte vorgestellt/ das geringste fallen lassen wolten. Jedoch ward endlich/ durch die fürnehme Herren/ in der Sache/ so fleissig negocirt, daß man inzwischen beyderseits einen Stillstand bewilligte/ und der König von Böhmen so viel erhielt/ daß er/ mit dem Käiser selbsten/ mögte reden. Hierauf erfolgte nun endlich der Frieden-Schluß/ wiewol nicht allerdings/ nach deß Käisers Wunsch und Vortheil. Dann ob ihm gleich die vorgetragene Puncten etwas dauchten schwer zu seyn: muste er sich doch in die Zeit bequenmen/ und mit Gedult überwinden/ was sich/ durch die Waffen/ nicht wolte bezwingen <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0052" n="44"/> tractiren/ und Frieden schliessen wolte: damit diese brüderliche Zwietracht dermaleins ihre Endschafft gewinnen mögte. Wiewol diesen boshafften Prinzen nicht so sehr die aufrichtige Begierde der Vereinigung/ als die Verzagung an einem guten Ausgange/ bewog/ dem Streit und Hader ein Ende zu suchen/ dessen Wurzeln / nemlich Groll und Herrsch-Gierde/ ihm doch so tieff Herzen steckten.</p> <p>Der König begegnete solche Anwerbung deß Erz-Herzogs/ mit dieser kurzen Antwort: Er wolte ihm zwar gerne willfahren; könnte aber hierinn nichts Gewisses versprechen / vielweniger urtheilen/ noch schliessen/ bevor man deß Käisers Meinung gleichfals darüber verstanden hätte/ ob derselbe nemlich die Sache anjetzo auch einer gütlichen Entscheidung wolte unterwerffen. Also wich die Friedens-Hoffnung/ auf dißmal/ wiederum hinter sich: und ließ der Erz-Herzog es auf die Spitze ankommen.</p> <p>Unterdessen zoch das Böhmische Kriegsheer/ längst dem unter der Wiener-Brucken vorbey-wallendem Donau-Arm/ gerades Wegs fort/ und kunte weder der Erz-Herzog/ noch die Wienerische Bürgerschafft/ noch die Oesterreichische Landschafft/ verhindern/ daß es / zu den Steyerisch und Kärndterischen Völkern/ stiesse/ die sich/ unter dem Wiener-Berge / zu Enzersdorff/ gelagert hatten: wie/ gegenseits/ diese so ansehnliche Entsatz-Macht auch der Stadt ihre Halsstarrigkeit nicht ausschrecken kunte. Dann dieselbe hatte sich allbereit/ wider die besorgte Bestürmung/ gefaßt gemacht/ und/ von allen Orten her / die Bauren/ Winzer/ Hacker/ und dergleichen Gesinde/ beruffen/ und zur Beschützung der auswendigen Mauren bestimmt. Welche dann/ in einer bösen Sache/ trefflich-gute Dienste gethan. Dann als man/ am Tage S. Elisabeth/ die Stadt zu stürmen angefangen; haben diese grobe und stark-leibige Flegel und Pflug-Fechter/ welche/ allerley Arbeit auszudauren/ gewohnt/ den grossen Gewalt der Käiserlichen und Böhmischen Völker/ ja so glücklich/ als beherzt/ wie lauter eiserne Leute/ oder belebte Bilder von rauhen Marmel-Stücken/ ausgestanden. Sie gaben den Kriegsleuten den Kehrab/ und trieben dieselbe nicht allein in die Flucht/ sondern entwendeten ihnen auch zwey Feld-Stücklein / und brachten solche mit sich in die Stadt.</p> <p>Nachdem dieser Gestalt der Sturm/ für die Entsatz-Völker/ schlecht gelungen; wuchs den Aufrührern der Mut so hoch/ daß sie nun/ weder deß Königs von Böhmen Rath anhören/ noch von denen Conditionen/ welche der Erz-Herzog zuvor hatte vorgestellt/ das geringste fallen lassen wolten. Jedoch ward endlich/ durch die fürnehme Herren/ in der Sache/ so fleissig negocirt, daß man inzwischen beyderseits einen Stillstand bewilligte/ und der König von Böhmen so viel erhielt/ daß er/ mit dem Käiser selbsten/ mögte reden.</p> <p>Hierauf erfolgte nun endlich der Frieden-Schluß/ wiewol nicht allerdings/ nach deß Käisers Wunsch und Vortheil. Dann ob ihm gleich die vorgetragene Puncten etwas dauchten schwer zu seyn: muste er sich doch in die Zeit bequenmen/ und mit Gedult überwinden/ was sich/ durch die Waffen/ nicht wolte bezwingen </p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0052]
tractiren/ und Frieden schliessen wolte: damit diese brüderliche Zwietracht dermaleins ihre Endschafft gewinnen mögte. Wiewol diesen boshafften Prinzen nicht so sehr die aufrichtige Begierde der Vereinigung/ als die Verzagung an einem guten Ausgange/ bewog/ dem Streit und Hader ein Ende zu suchen/ dessen Wurzeln / nemlich Groll und Herrsch-Gierde/ ihm doch so tieff Herzen steckten.
Der König begegnete solche Anwerbung deß Erz-Herzogs/ mit dieser kurzen Antwort: Er wolte ihm zwar gerne willfahren; könnte aber hierinn nichts Gewisses versprechen / vielweniger urtheilen/ noch schliessen/ bevor man deß Käisers Meinung gleichfals darüber verstanden hätte/ ob derselbe nemlich die Sache anjetzo auch einer gütlichen Entscheidung wolte unterwerffen. Also wich die Friedens-Hoffnung/ auf dißmal/ wiederum hinter sich: und ließ der Erz-Herzog es auf die Spitze ankommen.
Unterdessen zoch das Böhmische Kriegsheer/ längst dem unter der Wiener-Brucken vorbey-wallendem Donau-Arm/ gerades Wegs fort/ und kunte weder der Erz-Herzog/ noch die Wienerische Bürgerschafft/ noch die Oesterreichische Landschafft/ verhindern/ daß es / zu den Steyerisch und Kärndterischen Völkern/ stiesse/ die sich/ unter dem Wiener-Berge / zu Enzersdorff/ gelagert hatten: wie/ gegenseits/ diese so ansehnliche Entsatz-Macht auch der Stadt ihre Halsstarrigkeit nicht ausschrecken kunte. Dann dieselbe hatte sich allbereit/ wider die besorgte Bestürmung/ gefaßt gemacht/ und/ von allen Orten her / die Bauren/ Winzer/ Hacker/ und dergleichen Gesinde/ beruffen/ und zur Beschützung der auswendigen Mauren bestimmt. Welche dann/ in einer bösen Sache/ trefflich-gute Dienste gethan. Dann als man/ am Tage S. Elisabeth/ die Stadt zu stürmen angefangen; haben diese grobe und stark-leibige Flegel und Pflug-Fechter/ welche/ allerley Arbeit auszudauren/ gewohnt/ den grossen Gewalt der Käiserlichen und Böhmischen Völker/ ja so glücklich/ als beherzt/ wie lauter eiserne Leute/ oder belebte Bilder von rauhen Marmel-Stücken/ ausgestanden. Sie gaben den Kriegsleuten den Kehrab/ und trieben dieselbe nicht allein in die Flucht/ sondern entwendeten ihnen auch zwey Feld-Stücklein / und brachten solche mit sich in die Stadt.
Nachdem dieser Gestalt der Sturm/ für die Entsatz-Völker/ schlecht gelungen; wuchs den Aufrührern der Mut so hoch/ daß sie nun/ weder deß Königs von Böhmen Rath anhören/ noch von denen Conditionen/ welche der Erz-Herzog zuvor hatte vorgestellt/ das geringste fallen lassen wolten. Jedoch ward endlich/ durch die fürnehme Herren/ in der Sache/ so fleissig negocirt, daß man inzwischen beyderseits einen Stillstand bewilligte/ und der König von Böhmen so viel erhielt/ daß er/ mit dem Käiser selbsten/ mögte reden.
Hierauf erfolgte nun endlich der Frieden-Schluß/ wiewol nicht allerdings/ nach deß Käisers Wunsch und Vortheil. Dann ob ihm gleich die vorgetragene Puncten etwas dauchten schwer zu seyn: muste er sich doch in die Zeit bequenmen/ und mit Gedult überwinden/ was sich/ durch die Waffen/ nicht wolte bezwingen
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/52>, abgerufen am 16.02.2025. |