Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.meineidige Bündniß/ mit mehrern Verwandten/ und grösserm Zuwachs/ fast täglich; zugleich aber auch dem Käiser seine Sorge/ daß seine längere Gedult und Verzug ihm zum höchsten Nachtheil gereichen würde. Nicht lang hernach/ überfiel der Kirchheimer den Rath / mit einer Rotte von sechszig Männern; warff den Burgermeister Christian Brennern/ nebst sieben andren Herrn/ und über das noch 2. Personen/ ins Gefängnis: Weil sie dem Käiser ihre Treu nicht brechen wolten. Doch wurden etliche wieder heraus gelassen/ wiewol mit Bedinge/ der Rath-Stuben sich zu enthalten: Etliche aber blieben gefangen. Und bey dieser Aufwieglerey/ die der Erz-Herzog/ durch seine Ereaturen/ dem Käiser also zugerichtet hatte/ brauchte der Unehrwürdige Herr Professor/ Thomas Haselbach/ seine gifftige Zunge / nebst obbenannten andren Feuer-schürern/ meisterlich. Weil derhalben nunmehr der Käiser wol erkannte/ worauf es gespitzt; beschloß er/ ihrem leichtfertigen Vorhaben die Spitze vorzuwerffen; ließ unverzüglich/ im Fürstenthum Steyer / viertausend Mann zu Roß und Fuß/ aufnehmen und ruckte damit/ in eigener Person / eilends vor Wien. Daselbst sperrte man die Thore vor ihm zu: Welches gnugsam bezeugte / daß auch die Herzen der Fürnehmsten in der Stadt/ vor ihm verschlossen wären/ und Untreu im Schilde führten: Derwegen fieng er an/ die Stadt zu belägern. Da die Bürger solchen Ernst/ und mit was für einem gewaltigen Schlüssel er aufsperren wolte/ sahen brachte sie die Furcht zur Vernunfft/ und zu diesem Schluß/ es wäre rathsam und sicherer/ vielmehr die Thor ihm weit auf- als länger zuzusperren/ und dienlicher durch willige Einlassung seine Käiserliche Clemenz/ weder durch längere Ausschliessung seine zörnende Gewalt zu reitzen. Es fand sich auch hierauf/ daß/ je mehr Respect und Ehrerbietung die Unterthanen/ in ihren Anschläg- oder Erklärungen gegen ihrem Oberhaupt/ führen/ sie desto leichter entsorgt/ und aus der Gefahr in Sicherheit versetzt werden. Dann der gütigste Käiser ließ bald seinen Zorn fallen/ und von der Gnade dämpffen/ und nahm sie wiederum auf zu Käiserlichen Hulden: sintemal er sattsame Nachricht hatte/ der grössere Theil unter ihnen wäre ausser Schuld/ und mehr durch Furcht/ oder Verleitung als selbsteigene Widerspenstigkeit/ dem Stutz und Trutz etlicher unruhiger Köpffe mit bey zu treten / bewogen; gleichwie er/ als ein weiser Fürst/ ohne dem wol verstund/ daß ein erkrankter politischer Körper nicht leicht mit starken/ sondern so lang als möglich/ mit gelinden Reinigungs-Mitteln/ curirt werden müste. Als nun der Käiser das Regiments-Wesen wiederum vor die Hand genommen/ und ebenfalls die Stadt Wien befriedigen wolte: Erhub sich/ zwischen dem Rath/ und gemeinem Volk/ grosse Uneinigkeit. Damit derhalben solche gänzlich abgethan/ und aller Widerwill ausgeheitert würde; ließ er so wol den Rath/ samt allen bürgerlichen Geschlechtern der Burgerschafften / als das gemeine Volk/ und die Handwerks-Leute/ vor sich/ ins Schloß/ beruffen; versicherte sie daselbst meineidige Bündniß/ mit mehrern Verwandten/ und grösserm Zuwachs/ fast täglich; zugleich aber auch dem Käiser seine Sorge/ daß seine längere Gedult und Verzug ihm zum höchsten Nachtheil gereichen würde. Nicht lang hernach/ überfiel der Kirchheimer den Rath / mit einer Rotte von sechszig Männern; warff den Burgermeister Christian Brennern/ nebst sieben andren Herrn/ und über das noch 2. Personen/ ins Gefängnis: Weil sie dem Käiser ihre Treu nicht brechen wolten. Doch wurden etliche wieder heraus gelassen/ wiewol mit Bedinge/ der Rath-Stuben sich zu enthalten: Etliche aber blieben gefangen. Und bey dieser Aufwieglerey/ die der Erz-Herzog/ durch seine Ereaturen/ dem Käiser also zugerichtet hatte/ brauchte der Unehrwürdige Herr Professor/ Thomas Haselbach/ seine gifftige Zunge / nebst obbenannten andren Feuer-schürern/ meisterlich. Weil derhalben nunmehr der Käiser wol erkannte/ worauf es gespitzt; beschloß er/ ihrem leichtfertigen Vorhaben die Spitze vorzuwerffen; ließ unverzüglich/ im Fürstenthum Steyer / viertausend Mann zu Roß und Fuß/ aufnehmen und ruckte damit/ in eigener Person / eilends vor Wien. Daselbst sperrte man die Thore vor ihm zu: Welches gnugsam bezeugte / daß auch die Herzen der Fürnehmsten in der Stadt/ vor ihm verschlossen wären/ und Untreu im Schilde führten: Derwegen fieng er an/ die Stadt zu belägern. Da die Bürger solchen Ernst/ und mit was für einem gewaltigen Schlüssel er aufsperren wolte/ sahen brachte sie die Furcht zur Vernunfft/ und zu diesem Schluß/ es wäre rathsam und sicherer/ vielmehr die Thor ihm weit auf- als länger zuzusperren/ und dienlicher durch willige Einlassung seine Käiserliche Clemenz/ weder durch längere Ausschliessung seine zörnende Gewalt zu reitzen. Es fand sich auch hierauf/ daß/ je mehr Respect und Ehrerbietung die Unterthanen/ in ihren Anschläg- oder Erklärungen gegen ihrem Oberhaupt/ führen/ sie desto leichter entsorgt/ und aus der Gefahr in Sicherheit versetzt werden. Dann der gütigste Käiser ließ bald seinen Zorn fallen/ und von der Gnade dämpffen/ und nahm sie wiederum auf zu Käiserlichen Hulden: sintemal er sattsame Nachricht hatte/ der grössere Theil unter ihnen wäre ausser Schuld/ und mehr durch Furcht/ oder Verleitung als selbsteigene Widerspenstigkeit/ dem Stutz und Trutz etlicher unruhiger Köpffe mit bey zu treten / bewogen; gleichwie er/ als ein weiser Fürst/ ohne dem wol verstund/ daß ein erkrankter politischer Körper nicht leicht mit starken/ sondern so lang als möglich/ mit gelinden Reinigungs-Mitteln/ curirt werden müste. Als nun der Käiser das Regiments-Wesen wiederum vor die Hand genommen/ und ebenfalls die Stadt Wien befriedigen wolte: Erhub sich/ zwischen dem Rath/ und gemeinem Volk/ grosse Uneinigkeit. Damit derhalben solche gänzlich abgethan/ und aller Widerwill ausgeheitert würde; ließ er so wol den Rath/ samt allen bürgerlichen Geschlechtern der Burgerschafften / als das gemeine Volk/ und die Handwerks-Leute/ vor sich/ ins Schloß/ beruffen; versicherte sie daselbst <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0040" n="32"/> meineidige Bündniß/ mit mehrern Verwandten/ und grösserm Zuwachs/ fast täglich; zugleich aber auch dem Käiser seine Sorge/ daß seine längere Gedult und Verzug ihm zum höchsten Nachtheil gereichen würde. Nicht lang hernach/ überfiel der Kirchheimer den Rath / mit einer Rotte von sechszig Männern; warff den Burgermeister Christian Brennern/ nebst sieben andren Herrn/ und über das noch 2. Personen/ ins Gefängnis: Weil sie dem Käiser ihre Treu nicht brechen wolten. Doch wurden etliche wieder heraus gelassen/ wiewol mit Bedinge/ der Rath-Stuben sich zu enthalten: Etliche aber blieben gefangen. Und bey dieser Aufwieglerey/ die der Erz-Herzog/ durch seine Ereaturen/ dem Käiser also zugerichtet hatte/ brauchte der Unehrwürdige Herr Professor/ Thomas Haselbach/ seine gifftige Zunge / nebst obbenannten andren Feuer-schürern/ meisterlich.</p> <p>Weil derhalben nunmehr der Käiser wol erkannte/ worauf es gespitzt; beschloß er/ ihrem leichtfertigen Vorhaben die Spitze vorzuwerffen; ließ unverzüglich/ im Fürstenthum Steyer / viertausend Mann zu Roß und Fuß/ aufnehmen und ruckte damit/ in eigener Person / eilends vor Wien. Daselbst sperrte man die Thore vor ihm zu: Welches gnugsam bezeugte / daß auch die Herzen der Fürnehmsten in der Stadt/ vor ihm verschlossen wären/ und Untreu im Schilde führten: Derwegen fieng er an/ die Stadt zu belägern. Da die Bürger solchen Ernst/ und mit was für einem gewaltigen Schlüssel er aufsperren wolte/ sahen brachte sie die Furcht zur Vernunfft/ und zu diesem Schluß/ es wäre rathsam und sicherer/ vielmehr die Thor ihm weit auf- als länger zuzusperren/ und dienlicher durch willige Einlassung seine Käiserliche Clemenz/ weder durch längere Ausschliessung seine zörnende Gewalt zu reitzen.</p> <p>Es fand sich auch hierauf/ daß/ je mehr Respect und Ehrerbietung die Unterthanen/ in ihren Anschläg- oder Erklärungen gegen ihrem Oberhaupt/ führen/ sie desto leichter entsorgt/ und aus der Gefahr in Sicherheit versetzt werden. Dann der gütigste Käiser ließ bald seinen Zorn fallen/ und von der Gnade dämpffen/ und nahm sie wiederum auf zu Käiserlichen Hulden: sintemal er sattsame Nachricht hatte/ der grössere Theil unter ihnen wäre ausser Schuld/ und mehr durch Furcht/ oder Verleitung als selbsteigene Widerspenstigkeit/ dem Stutz und Trutz etlicher unruhiger Köpffe mit bey zu treten / bewogen; gleichwie er/ als ein weiser Fürst/ ohne dem wol verstund/ daß ein erkrankter politischer Körper nicht leicht mit starken/ sondern so lang als möglich/ mit gelinden Reinigungs-Mitteln/ curirt werden müste.</p> <p>Als nun der Käiser das Regiments-Wesen wiederum vor die Hand genommen/ und ebenfalls die Stadt Wien befriedigen wolte: Erhub sich/ zwischen dem Rath/ und gemeinem Volk/ grosse Uneinigkeit. Damit derhalben solche gänzlich abgethan/ und aller Widerwill ausgeheitert würde; ließ er so wol den Rath/ samt allen bürgerlichen Geschlechtern der Burgerschafften / als das gemeine Volk/ und die Handwerks-Leute/ vor sich/ ins Schloß/ beruffen; versicherte sie daselbst </p> </div> </body> </text> </TEI> [32/0040]
meineidige Bündniß/ mit mehrern Verwandten/ und grösserm Zuwachs/ fast täglich; zugleich aber auch dem Käiser seine Sorge/ daß seine längere Gedult und Verzug ihm zum höchsten Nachtheil gereichen würde. Nicht lang hernach/ überfiel der Kirchheimer den Rath / mit einer Rotte von sechszig Männern; warff den Burgermeister Christian Brennern/ nebst sieben andren Herrn/ und über das noch 2. Personen/ ins Gefängnis: Weil sie dem Käiser ihre Treu nicht brechen wolten. Doch wurden etliche wieder heraus gelassen/ wiewol mit Bedinge/ der Rath-Stuben sich zu enthalten: Etliche aber blieben gefangen. Und bey dieser Aufwieglerey/ die der Erz-Herzog/ durch seine Ereaturen/ dem Käiser also zugerichtet hatte/ brauchte der Unehrwürdige Herr Professor/ Thomas Haselbach/ seine gifftige Zunge / nebst obbenannten andren Feuer-schürern/ meisterlich.
Weil derhalben nunmehr der Käiser wol erkannte/ worauf es gespitzt; beschloß er/ ihrem leichtfertigen Vorhaben die Spitze vorzuwerffen; ließ unverzüglich/ im Fürstenthum Steyer / viertausend Mann zu Roß und Fuß/ aufnehmen und ruckte damit/ in eigener Person / eilends vor Wien. Daselbst sperrte man die Thore vor ihm zu: Welches gnugsam bezeugte / daß auch die Herzen der Fürnehmsten in der Stadt/ vor ihm verschlossen wären/ und Untreu im Schilde führten: Derwegen fieng er an/ die Stadt zu belägern. Da die Bürger solchen Ernst/ und mit was für einem gewaltigen Schlüssel er aufsperren wolte/ sahen brachte sie die Furcht zur Vernunfft/ und zu diesem Schluß/ es wäre rathsam und sicherer/ vielmehr die Thor ihm weit auf- als länger zuzusperren/ und dienlicher durch willige Einlassung seine Käiserliche Clemenz/ weder durch längere Ausschliessung seine zörnende Gewalt zu reitzen.
Es fand sich auch hierauf/ daß/ je mehr Respect und Ehrerbietung die Unterthanen/ in ihren Anschläg- oder Erklärungen gegen ihrem Oberhaupt/ führen/ sie desto leichter entsorgt/ und aus der Gefahr in Sicherheit versetzt werden. Dann der gütigste Käiser ließ bald seinen Zorn fallen/ und von der Gnade dämpffen/ und nahm sie wiederum auf zu Käiserlichen Hulden: sintemal er sattsame Nachricht hatte/ der grössere Theil unter ihnen wäre ausser Schuld/ und mehr durch Furcht/ oder Verleitung als selbsteigene Widerspenstigkeit/ dem Stutz und Trutz etlicher unruhiger Köpffe mit bey zu treten / bewogen; gleichwie er/ als ein weiser Fürst/ ohne dem wol verstund/ daß ein erkrankter politischer Körper nicht leicht mit starken/ sondern so lang als möglich/ mit gelinden Reinigungs-Mitteln/ curirt werden müste.
Als nun der Käiser das Regiments-Wesen wiederum vor die Hand genommen/ und ebenfalls die Stadt Wien befriedigen wolte: Erhub sich/ zwischen dem Rath/ und gemeinem Volk/ grosse Uneinigkeit. Damit derhalben solche gänzlich abgethan/ und aller Widerwill ausgeheitert würde; ließ er so wol den Rath/ samt allen bürgerlichen Geschlechtern der Burgerschafften / als das gemeine Volk/ und die Handwerks-Leute/ vor sich/ ins Schloß/ beruffen; versicherte sie daselbst
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/40>, abgerufen am 05.02.2025. |