Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.gangen/ die sich auf der Widen/ bey dem grünen Baum/ verborgen gehalten: Als aber zwey Janitscharen geritten kommen/ und Brennholz aufladen wollen/ wurden sie von den Unsrigen plötzlich überfallen. Doch hat einer davon sich mit der Flucht zu Fuß salvirt/ der andere aber/ so sich zur Wehr gesetzt/ ist nebst denen zwey Pferden/ und einem alten achzig-jährigen Christen-Weib / (so der Feind/ bey klein Mariazell/ gefangen genommen/ nun aber zu den unsrigen geloffen/ und gebetten/ sie mit in die Stadt zu nehmen /) hereingebracht worden; welcher dem Hochgräfl. Herrn Commendanten/ von des türkischen Lagers Zustand/ unterschiedliches eröffnet: Der hingegen ihne von empfangnem Musqueten-Schuß zu curiren/ und seiner wol zu pflegen/ genädig anbefohlen. Das Weib aber wuste von dem Feind ganz nichts zu berichten / als daß sie zum öftern unter ihnen seye verkaufft worden/ und hätte zwar erstlich viel Geld gegolten; das letzte mal aber/ weilen der Feind aller Orten derer eine grosse Quantität bekommen/ habe man sie um vier Käiser-Groschen angeschlagen: Und weilen man ihrer so wenig geachtet/ daß man sie gar nicht zu verwachen gewürdiget/ als habe sie guten Vortheil gehabt herein zu gehen. Die/ den 28. Juli/ auf der Freyung/ zum sal. ven. Unflath zubereitete Gruben/ ist man genöthiget worden/ zu einer Todten-Gruft zu gebrauchen/ wegen Mänge der Todten/ so meistens an der rothen Ruhr gestorben/ daß täglich schon bis 40. in dem Todten-Zettel einkamen. Eben daselbsten wurden auch an vier Hauffen fleissig Kohlen gebrennt/ den Mangel des Pulvers zu verhüten. Nachmittag gegen 6. Uhr/ hat der Feind wiederum am vorigen Ort/ gegen dem Löwel über/ in der Contrascarpen, ein Fornell gesprengt; dabey aber weiter nichts gewagt/ als dadurch gesucht eine Oeffnung zu machen/ und sich im Graben zu verarbeiten; auch uneracht/ daß viel Bomben von den Käiserlichen entgegen geworffen wurden/ dannoch mit seiner Arbeit merklich avancirt. Abends um 7. Uhr/ sind Ihro Excellenz/ Herr General von Stahrenberg/ wie gewöhnlich/ alle Posten zu visitiren / ausgegangen; auch gleich an der Katz/ und nachgehends an der Löwel-Pastey/ in Präsenz Ihrer/ alle Stücke auf des Feinds seinen/ an dem Ziegel-Ofen herüber machenden Kessel / lösen lassen: Welche dann dergestalt operirten/ daß Ihro Excellenz darob ein stattsames Genügen gehabt/ und den Büchsen-Meistern/ ihres angewandten Fleisses halber/ ein Trinkgeld gegeben. Diesen Abend arrivirte ein trunckener Uberläuffer/ welcher unter andern ausgesaget: Daß der Feind/ gegen den 27. dieses/ etwas namhaftes auszurichten Willens sey. So ist auch heut abermal eine feindliche Bombe/ auf ein Käiserliches Stuck gefallen/ so solches/ doch ohne Schaden los gebrennt. Die Parola war: St. Ludwig und Paris. Den 22. früh/ und den Tag über/ hörete man das gewöhnliche feindliche Canoniren und Bomben-einwerffen/ welches aber von der Stadt aus/ wie sonsten allezeit/ unfreundlich genug beantwortet wurde. Zwischen 10. und 11. Uhr/ liessen die Belagerten eine Mine vor dem Burg-Ravelin gehen/ so ihren Effect dergestalt gethan/ daß man damit gar wol zu Frieden gewesen; sintemal die da- gangen/ die sich auf der Widen/ bey dem grünen Baum/ verborgen gehalten: Als aber zwey Janitscharen geritten kommen/ und Brennholz aufladen wollen/ wurden sie von den Unsrigen plötzlich überfallen. Doch hat einer davon sich mit der Flucht zu Fuß salvirt/ der andere aber/ so sich zur Wehr gesetzt/ ist nebst denen zwey Pferden/ und einem alten achzig-jährigen Christen-Weib / (so der Feind/ bey klein Mariazell/ gefangen genommen/ nun aber zu den unsrigen geloffen/ und gebetten/ sie mit in die Stadt zu nehmen /) hereingebracht worden; welcher dem Hochgräfl. Herrn Commendanten/ von des türkischen Lagers Zustand/ unterschiedliches eröffnet: Der hingegen ihne von empfangnem Musqueten-Schuß zu curiren/ und seiner wol zu pflegen/ genädig anbefohlen. Das Weib aber wuste von dem Feind ganz nichts zu berichten / als daß sie zum öftern unter ihnen seye verkaufft worden/ und hätte zwar erstlich viel Geld gegolten; das letzte mal aber/ weilen der Feind aller Orten derer eine grosse Quantität bekommen/ habe man sie um vier Käiser-Groschen angeschlagen: Und weilen man ihrer so wenig geachtet/ daß man sie gar nicht zu verwachen gewürdiget/ als habe sie guten Vortheil gehabt herein zu gehen. Die/ den 28. Juli/ auf der Freyung/ zum sal. ven. Unflath zubereitete Gruben/ ist man genöthiget worden/ zu einer Todten-Gruft zu gebrauchen/ wegen Mänge der Todten/ so meistens an der rothen Ruhr gestorben/ daß täglich schon bis 40. in dem Todten-Zettel einkamen. Eben daselbsten wurden auch an vier Hauffen fleissig Kohlen gebrennt/ den Mangel des Pulvers zu verhüten. Nachmittag gegen 6. Uhr/ hat der Feind wiederum am vorigen Ort/ gegen dem Löwel über/ in der Contrascarpen, ein Fornell gesprengt; dabey aber weiter nichts gewagt/ als dadurch gesucht eine Oeffnung zu machen/ und sich im Graben zu verarbeiten; auch uneracht/ daß viel Bomben von den Käiserlichen entgegen geworffen wurden/ dannoch mit seiner Arbeit merklich avancirt. Abends um 7. Uhr/ sind Ihro Excellenz/ Herr General von Stahrenberg/ wie gewöhnlich/ alle Posten zu visitiren / ausgegangen; auch gleich an der Katz/ und nachgehends an der Löwel-Pastey/ in Präsenz Ihrer/ alle Stücke auf des Feinds seinen/ an dem Ziegel-Ofen herüber machenden Kessel / lösen lassen: Welche dann dergestalt operirten/ daß Ihro Excellenz darob ein stattsames Genügen gehabt/ und den Büchsen-Meistern/ ihres angewandten Fleisses halber/ ein Trinkgeld gegeben. Diesen Abend arrivirte ein trunckener Uberläuffer/ welcher unter andern ausgesaget: Daß der Feind/ gegen den 27. dieses/ etwas namhaftes auszurichten Willens sey. So ist auch heut abermal eine feindliche Bombe/ auf ein Käiserliches Stuck gefallen/ so solches/ doch ohne Schaden los gebrennt. Die Parola war: St. Ludwig und Paris. Den 22. früh/ und den Tag über/ hörete man das gewöhnliche feindliche Canoniren und Bomben-einwerffen/ welches aber von der Stadt aus/ wie sonsten allezeit/ unfreundlich genug beantwortet wurde. Zwischen 10. und 11. Uhr/ liessen die Belagerten eine Mine vor dem Burg-Ravelin gehen/ so ihren Effect dergestalt gethan/ daß man damit gar wol zu Frieden gewesen; sintemal die da- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0254" n="42"/> gangen/ die sich auf der Widen/ bey dem grünen Baum/ verborgen gehalten: Als aber zwey Janitscharen geritten kommen/ und Brennholz aufladen wollen/ wurden sie von den Unsrigen plötzlich überfallen. Doch hat einer davon sich mit der Flucht zu Fuß salvirt/ der andere aber/ so sich zur Wehr gesetzt/ ist nebst denen zwey Pferden/ und einem alten achzig-jährigen Christen-Weib / (so der Feind/ bey klein Mariazell/ gefangen genommen/ nun aber zu den unsrigen geloffen/ und gebetten/ sie mit in die Stadt zu nehmen /) hereingebracht worden; welcher dem Hochgräfl. Herrn Commendanten/ von des türkischen Lagers Zustand/ unterschiedliches eröffnet: Der hingegen ihne von empfangnem Musqueten-Schuß zu curiren/ und seiner wol zu pflegen/ genädig anbefohlen. Das Weib aber wuste von dem Feind ganz nichts zu berichten / als daß sie zum öftern unter ihnen seye verkaufft worden/ und hätte zwar erstlich viel Geld gegolten; das letzte mal aber/ weilen der Feind aller Orten derer eine grosse Quantität bekommen/ habe man sie um vier Käiser-Groschen angeschlagen: Und weilen man ihrer so wenig geachtet/ daß man sie gar nicht zu verwachen gewürdiget/ als habe sie guten Vortheil gehabt herein zu gehen.</p> <p>Die/ den 28. Juli/ auf der Freyung/ zum sal. ven. Unflath zubereitete Gruben/ ist man genöthiget worden/ zu einer Todten-Gruft zu gebrauchen/ wegen Mänge der Todten/ so meistens an der rothen Ruhr gestorben/ daß täglich schon bis 40. in dem Todten-Zettel einkamen. Eben daselbsten wurden auch an vier Hauffen fleissig Kohlen gebrennt/ den Mangel des Pulvers zu verhüten. Nachmittag gegen 6. Uhr/ hat der Feind wiederum am vorigen Ort/ gegen dem Löwel über/ in der Contrascarpen, ein Fornell gesprengt; dabey aber weiter nichts gewagt/ als dadurch gesucht eine Oeffnung zu machen/ und sich im Graben zu verarbeiten; auch uneracht/ daß viel Bomben von den Käiserlichen entgegen geworffen wurden/ dannoch mit seiner Arbeit merklich avancirt. Abends um 7. Uhr/ sind Ihro Excellenz/ Herr General von Stahrenberg/ wie gewöhnlich/ alle Posten zu visitiren / ausgegangen; auch gleich an der Katz/ und nachgehends an der Löwel-Pastey/ in Präsenz Ihrer/ alle Stücke auf des Feinds seinen/ an dem Ziegel-Ofen herüber machenden Kessel / lösen lassen: Welche dann dergestalt operirten/ daß Ihro Excellenz darob ein stattsames Genügen gehabt/ und den Büchsen-Meistern/ ihres angewandten Fleisses halber/ ein Trinkgeld gegeben. Diesen Abend arrivirte ein trunckener Uberläuffer/ welcher unter andern ausgesaget: Daß der Feind/ gegen den 27. dieses/ etwas namhaftes auszurichten Willens sey. So ist auch heut abermal eine feindliche Bombe/ auf ein Käiserliches Stuck gefallen/ so solches/ doch ohne Schaden los gebrennt. Die Parola war: St. Ludwig und Paris.</p> <p>Den 22. früh/ und den Tag über/ hörete man das gewöhnliche feindliche Canoniren und Bomben-einwerffen/ welches aber von der Stadt aus/ wie sonsten allezeit/ unfreundlich genug beantwortet wurde. Zwischen 10. und 11. Uhr/ liessen die Belagerten eine Mine vor dem Burg-Ravelin gehen/ so ihren Effect dergestalt gethan/ daß man damit gar wol zu Frieden gewesen; sintemal die da- </p> </div> </body> </text> </TEI> [42/0254]
gangen/ die sich auf der Widen/ bey dem grünen Baum/ verborgen gehalten: Als aber zwey Janitscharen geritten kommen/ und Brennholz aufladen wollen/ wurden sie von den Unsrigen plötzlich überfallen. Doch hat einer davon sich mit der Flucht zu Fuß salvirt/ der andere aber/ so sich zur Wehr gesetzt/ ist nebst denen zwey Pferden/ und einem alten achzig-jährigen Christen-Weib / (so der Feind/ bey klein Mariazell/ gefangen genommen/ nun aber zu den unsrigen geloffen/ und gebetten/ sie mit in die Stadt zu nehmen /) hereingebracht worden; welcher dem Hochgräfl. Herrn Commendanten/ von des türkischen Lagers Zustand/ unterschiedliches eröffnet: Der hingegen ihne von empfangnem Musqueten-Schuß zu curiren/ und seiner wol zu pflegen/ genädig anbefohlen. Das Weib aber wuste von dem Feind ganz nichts zu berichten / als daß sie zum öftern unter ihnen seye verkaufft worden/ und hätte zwar erstlich viel Geld gegolten; das letzte mal aber/ weilen der Feind aller Orten derer eine grosse Quantität bekommen/ habe man sie um vier Käiser-Groschen angeschlagen: Und weilen man ihrer so wenig geachtet/ daß man sie gar nicht zu verwachen gewürdiget/ als habe sie guten Vortheil gehabt herein zu gehen.
Die/ den 28. Juli/ auf der Freyung/ zum sal. ven. Unflath zubereitete Gruben/ ist man genöthiget worden/ zu einer Todten-Gruft zu gebrauchen/ wegen Mänge der Todten/ so meistens an der rothen Ruhr gestorben/ daß täglich schon bis 40. in dem Todten-Zettel einkamen. Eben daselbsten wurden auch an vier Hauffen fleissig Kohlen gebrennt/ den Mangel des Pulvers zu verhüten. Nachmittag gegen 6. Uhr/ hat der Feind wiederum am vorigen Ort/ gegen dem Löwel über/ in der Contrascarpen, ein Fornell gesprengt; dabey aber weiter nichts gewagt/ als dadurch gesucht eine Oeffnung zu machen/ und sich im Graben zu verarbeiten; auch uneracht/ daß viel Bomben von den Käiserlichen entgegen geworffen wurden/ dannoch mit seiner Arbeit merklich avancirt. Abends um 7. Uhr/ sind Ihro Excellenz/ Herr General von Stahrenberg/ wie gewöhnlich/ alle Posten zu visitiren / ausgegangen; auch gleich an der Katz/ und nachgehends an der Löwel-Pastey/ in Präsenz Ihrer/ alle Stücke auf des Feinds seinen/ an dem Ziegel-Ofen herüber machenden Kessel / lösen lassen: Welche dann dergestalt operirten/ daß Ihro Excellenz darob ein stattsames Genügen gehabt/ und den Büchsen-Meistern/ ihres angewandten Fleisses halber/ ein Trinkgeld gegeben. Diesen Abend arrivirte ein trunckener Uberläuffer/ welcher unter andern ausgesaget: Daß der Feind/ gegen den 27. dieses/ etwas namhaftes auszurichten Willens sey. So ist auch heut abermal eine feindliche Bombe/ auf ein Käiserliches Stuck gefallen/ so solches/ doch ohne Schaden los gebrennt. Die Parola war: St. Ludwig und Paris.
Den 22. früh/ und den Tag über/ hörete man das gewöhnliche feindliche Canoniren und Bomben-einwerffen/ welches aber von der Stadt aus/ wie sonsten allezeit/ unfreundlich genug beantwortet wurde. Zwischen 10. und 11. Uhr/ liessen die Belagerten eine Mine vor dem Burg-Ravelin gehen/ so ihren Effect dergestalt gethan/ daß man damit gar wol zu Frieden gewesen; sintemal die da-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/254 |
Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/254>, abgerufen am 16.07.2024. |