Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

Bild:
<< vorherige Seite

Doch gleichwol ist ihrem Wein (der Glückseligkeit) zu unterschiedlichen malen/ eine unbeliebte Sylbe zugewachsen/ und ihr/ für den Wein/ das Weinen ausgepresset worden / durch feindliche Drangsal und Gewalt; sonderlich im Jahr 520. nach Christi Geburt: Da sie / in Threnen und Blut/ gar zerflossen: Weil ihr die zu der Zeit noch heidnische Bayeren / mit Schwert und Feuer/ so grimmig zugesetzt/ daß sie/ ganzer fünffhundert/ oder/ nach andrer Scribenten Rechnung/ aufs wenigste 400. Jahre lang/ unter ihrem Ruin begraben gelegen/ und dem Vorbeyreisenden ein trauriges Denk-Mal ihrer Zerstörung gewiesen. Wiewol ich dafür halte/ daß die Authores/ welche sie 500. oder ganzer 400. Jahre wüst ligen lassen/ sich um etwas verrechnen. Die Merianische Topographia setzt 400. Der nunmehr ruhende Verfasser deß Donau-Stroms aber 500. Jahre/ in welchen die Stadt wüst gelegen: Und fügt dieser letztre hinbey/ die erste Marchgrafen in Oesterreich hätten nachmals ein Jäger-Haus auf den Platz gebauet/ welches/ weil es ganz mit Birken/ und andern wilden Bäumen/ verwachsen war/ der Birkhof/ oder Perkhof/ genennet worden: Nachmals/ zu Herzog Leopolds deß Heiligen Zeiten/ habe die Jäger-Pursch neben dem Land-Volk / angefangen/ daselbst ein klein Wesen wieder anzubauen/ und das Gestrüttig auszureuten. Und wie der Oesterreichische Ehren Spiegel (am 165. Blat) berichtet/ so soll von der Zeit an/ daß dieser Herzog Leopold König Stephan den Zweyten geschlagen/ auch die Ungarn ganz aus Oesterreich verjagt/ Wien allgemach sich wiederum/ etwas erholt haben; hernach aber / um das Jahr 1160. als dessen Sohn/ Heinrich/ seinen Hof-Sitz vom Kalenberg herab / dahin verlegt/ der Ort noch besser in Aufnahm gekommen seyn.

In dem Ehren Spiegel deß Erz-Hauses Oesterreich/ welchen eben dieser Author/ mit seiner zierlichen Feder/ gar schön polirt hat/ wird erzehlt (am 155. Blat zweyten Theils) wie Herzog Theodo (oder vielmehr damals König) in Bayern/ König Adelgers Sohn/ den Römern das Ostland/ oder Oesterreich/ abgenommen/ und nach ihm/ sein Sohn/ Theodo der Ander / neben andern vesten Städten/ auch Wien zerstöret; welches/ wie gedacht/ von dem an / 500. Jahre sollte öd gelegen seyn: Worauf dieser Theodo der II. über alle seine eroberte Länder/ vier Marchgrafen geordnet; unter denen Graf Hierand Oesterreich/ unter seine Aufsicht/ bekommen. Allein der hoch-vortreffliche Welserus erweiset/ in seinem 3. Buch Bayerischer Geschichte/ daß die Bayerische Historici hierinn ihrem Vatterlande allzuviel zugeschrieben/ und Theodo solches/ für dem großmächtigsten Gothen-Könige/ Theodorico / (oder Dieterich) in Italien/ unter welches (und nicht unter der Römischen Käiser) Botmässigkeit/ damals diese Länder an der Donau lagen/ nicht hätte wagen dörffen; imgleichen/ daß Herzog Theodo kein so absoluter König gewest/ sondern dem Gothischen Könige Dieterich/ im Kriege/ gedient/ und demselben Tribut gegeben: Es könne aber seyn / daß Theodo/ den

Sihe deß von Birkens seinen Donau-Strom/ am 44. Blat.

Doch gleichwol ist ihrem Wein (der Glückseligkeit) zu unterschiedlichen malen/ eine unbeliebte Sylbe zugewachsen/ und ihr/ für den Wein/ das Weinen ausgepresset worden / durch feindliche Drangsal und Gewalt; sonderlich im Jahr 520. nach Christi Geburt: Da sie / in Threnen und Blut/ gar zerflossen: Weil ihr die zu der Zeit noch heidnische Bayeren / mit Schwert und Feuer/ so grimmig zugesetzt/ daß sie/ ganzer fünffhundert/ oder/ nach andrer Scribenten Rechnung/ aufs wenigste 400. Jahre lang/ unter ihrem Ruin begraben gelegen/ und dem Vorbeyreisenden ein trauriges Denk-Mal ihrer Zerstörung gewiesen. Wiewol ich dafür halte/ daß die Authores/ welche sie 500. oder ganzer 400. Jahre wüst ligen lassen/ sich um etwas verrechnen. Die Merianische Topographia setzt 400. Der nunmehr ruhende Verfasser deß Donau-Stroms aber 500. Jahre/ in welchen die Stadt wüst gelegen: Und fügt dieser letztre hinbey/ die erste Marchgrafen in Oesterreich hätten nachmals ein Jäger-Haus auf den Platz gebauet/ welches/ weil es ganz mit Birken/ und andern wilden Bäumen/ verwachsen war/ der Birkhof/ oder Perkhof/ genennet worden: Nachmals/ zu Herzog Leopolds deß Heiligen Zeiten/ habe die Jäger-Pursch neben dem Land-Volk / angefangen/ daselbst ein klein Wesen wieder anzubauen/ und das Gestrüttig auszureuten. Und wie der Oesterreichische Ehren Spiegel (am 165. Blat) berichtet/ so soll von der Zeit an/ daß dieser Herzog Leopold König Stephan den Zweyten geschlagen/ auch die Ungarn ganz aus Oesterreich verjagt/ Wien allgemach sich wiederum/ etwas erholt haben; hernach aber / um das Jahr 1160. als dessen Sohn/ Heinrich/ seinen Hof-Sitz vom Kalenberg herab / dahin verlegt/ der Ort noch besser in Aufnahm gekommen seyn.

In dem Ehren Spiegel deß Erz-Hauses Oesterreich/ welchen eben dieser Author/ mit seiner zierlichen Feder/ gar schön polirt hat/ wird erzehlt (am 155. Blat zweyten Theils) wie Herzog Theodo (oder vielmehr damals König) in Bayern/ König Adelgers Sohn/ den Römern das Ostland/ oder Oesterreich/ abgenommen/ und nach ihm/ sein Sohn/ Theodo der Ander / neben andern vesten Städten/ auch Wien zerstöret; welches/ wie gedacht/ von dem an / 500. Jahre sollte öd gelegen seyn: Worauf dieser Theodo der II. über alle seine eroberte Länder/ vier Marchgrafen geordnet; unter denen Graf Hierand Oesterreich/ unter seine Aufsicht/ bekommen. Allein der hoch-vortreffliche Welserus erweiset/ in seinem 3. Buch Bayerischer Geschichte/ daß die Bayerische Historici hierinn ihrem Vatterlande allzuviel zugeschrieben/ und Theodo solches/ für dem großmächtigsten Gothen-Könige/ Theodorico / (oder Dieterich) in Italien/ unter welches (und nicht unter der Römischen Käiser) Botmässigkeit/ damals diese Länder an der Donau lagen/ nicht hätte wagen dörffen; imgleichen/ daß Herzog Theodo kein so absoluter König gewest/ sondern dem Gothischen Könige Dieterich/ im Kriege/ gedient/ und demselben Tribut gegeben: Es könne aber seyn / daß Theodo/ den

Sihe deß von Birkens seinen Donau-Strom/ am 44. Blat.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0021" n="13"/>
        <p>Doch gleichwol ist ihrem Wein (der Glückseligkeit) zu unterschiedlichen malen/ eine            unbeliebte Sylbe zugewachsen/ und ihr/ für den Wein/ das Weinen ausgepresset worden /            durch feindliche Drangsal und Gewalt; sonderlich im Jahr 520. nach Christi Geburt: Da sie           / in Threnen und Blut/ gar zerflossen: Weil ihr die zu der Zeit noch heidnische Bayeren /            mit Schwert und Feuer/ so grimmig zugesetzt/ daß sie/ ganzer fünffhundert/ oder/ nach            andrer Scribenten Rechnung/ aufs wenigste 400. Jahre lang/ unter ihrem Ruin begraben            gelegen/ und dem Vorbeyreisenden ein trauriges Denk-Mal ihrer Zerstörung gewiesen. Wiewol            ich dafür halte/ daß die Authores/ welche sie 500. oder ganzer 400. Jahre wüst ligen            lassen/ sich um etwas verrechnen. Die Merianische Topographia setzt 400. Der nunmehr            ruhende Verfasser deß Donau-Stroms aber 500. Jahre/ in welchen die Stadt wüst gelegen:            Und fügt dieser letztre hinbey/ die erste Marchgrafen in Oesterreich hätten nachmals ein            Jäger-Haus auf den Platz gebauet/ welches/ weil es ganz mit Birken/ und andern wilden            Bäumen/ verwachsen war/ der Birkhof/ oder Perkhof/ genennet worden: Nachmals/ zu            Herzog Leopolds deß Heiligen Zeiten/ habe die Jäger-Pursch neben dem Land-Volk /            angefangen/ daselbst ein klein Wesen wieder anzubauen/ und das Gestrüttig auszureuten.            Und wie der Oesterreichische Ehren Spiegel (am 165. Blat) berichtet/ so soll von der Zeit            an/ daß dieser Herzog Leopold König Stephan den Zweyten geschlagen/ auch die Ungarn ganz            aus Oesterreich verjagt/ Wien allgemach sich wiederum/ etwas erholt haben; hernach aber           / um das Jahr 1160. als dessen Sohn/ Heinrich/ seinen Hof-Sitz vom Kalenberg herab /            dahin verlegt/ der Ort noch besser in Aufnahm gekommen seyn. <note place="foot">Sihe deß              von Birkens seinen Donau-Strom/ am 44. Blat.</note></p>
        <p>In dem Ehren Spiegel deß Erz-Hauses Oesterreich/ welchen eben dieser Author/ mit seiner            zierlichen Feder/ gar schön polirt hat/ wird erzehlt (am 155. Blat zweyten Theils) wie            Herzog Theodo (oder vielmehr damals König) in Bayern/ König Adelgers Sohn/ den Römern            das Ostland/ oder Oesterreich/ abgenommen/ und nach ihm/ sein Sohn/ Theodo der Ander           / neben andern vesten Städten/ auch Wien zerstöret; welches/ wie gedacht/ von dem an /            500. Jahre sollte öd gelegen seyn: Worauf dieser Theodo der II. über alle seine eroberte            Länder/ vier Marchgrafen geordnet; unter denen Graf Hierand Oesterreich/ unter seine            Aufsicht/ bekommen. Allein der hoch-vortreffliche Welserus erweiset/ in seinem 3. Buch            Bayerischer Geschichte/ daß die Bayerische Historici hierinn ihrem Vatterlande allzuviel            zugeschrieben/ und Theodo solches/ für dem großmächtigsten Gothen-Könige/ Theodorico /            (oder Dieterich) in Italien/ unter welches (und nicht unter der Römischen Käiser)            Botmässigkeit/ damals diese Länder an der Donau lagen/ nicht hätte wagen dörffen;            imgleichen/ daß Herzog Theodo kein so absoluter König gewest/ sondern dem Gothischen            Könige Dieterich/ im Kriege/ gedient/ und demselben Tribut gegeben: Es könne aber seyn           / daß Theodo/ den
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0021] Doch gleichwol ist ihrem Wein (der Glückseligkeit) zu unterschiedlichen malen/ eine unbeliebte Sylbe zugewachsen/ und ihr/ für den Wein/ das Weinen ausgepresset worden / durch feindliche Drangsal und Gewalt; sonderlich im Jahr 520. nach Christi Geburt: Da sie / in Threnen und Blut/ gar zerflossen: Weil ihr die zu der Zeit noch heidnische Bayeren / mit Schwert und Feuer/ so grimmig zugesetzt/ daß sie/ ganzer fünffhundert/ oder/ nach andrer Scribenten Rechnung/ aufs wenigste 400. Jahre lang/ unter ihrem Ruin begraben gelegen/ und dem Vorbeyreisenden ein trauriges Denk-Mal ihrer Zerstörung gewiesen. Wiewol ich dafür halte/ daß die Authores/ welche sie 500. oder ganzer 400. Jahre wüst ligen lassen/ sich um etwas verrechnen. Die Merianische Topographia setzt 400. Der nunmehr ruhende Verfasser deß Donau-Stroms aber 500. Jahre/ in welchen die Stadt wüst gelegen: Und fügt dieser letztre hinbey/ die erste Marchgrafen in Oesterreich hätten nachmals ein Jäger-Haus auf den Platz gebauet/ welches/ weil es ganz mit Birken/ und andern wilden Bäumen/ verwachsen war/ der Birkhof/ oder Perkhof/ genennet worden: Nachmals/ zu Herzog Leopolds deß Heiligen Zeiten/ habe die Jäger-Pursch neben dem Land-Volk / angefangen/ daselbst ein klein Wesen wieder anzubauen/ und das Gestrüttig auszureuten. Und wie der Oesterreichische Ehren Spiegel (am 165. Blat) berichtet/ so soll von der Zeit an/ daß dieser Herzog Leopold König Stephan den Zweyten geschlagen/ auch die Ungarn ganz aus Oesterreich verjagt/ Wien allgemach sich wiederum/ etwas erholt haben; hernach aber / um das Jahr 1160. als dessen Sohn/ Heinrich/ seinen Hof-Sitz vom Kalenberg herab / dahin verlegt/ der Ort noch besser in Aufnahm gekommen seyn. In dem Ehren Spiegel deß Erz-Hauses Oesterreich/ welchen eben dieser Author/ mit seiner zierlichen Feder/ gar schön polirt hat/ wird erzehlt (am 155. Blat zweyten Theils) wie Herzog Theodo (oder vielmehr damals König) in Bayern/ König Adelgers Sohn/ den Römern das Ostland/ oder Oesterreich/ abgenommen/ und nach ihm/ sein Sohn/ Theodo der Ander / neben andern vesten Städten/ auch Wien zerstöret; welches/ wie gedacht/ von dem an / 500. Jahre sollte öd gelegen seyn: Worauf dieser Theodo der II. über alle seine eroberte Länder/ vier Marchgrafen geordnet; unter denen Graf Hierand Oesterreich/ unter seine Aufsicht/ bekommen. Allein der hoch-vortreffliche Welserus erweiset/ in seinem 3. Buch Bayerischer Geschichte/ daß die Bayerische Historici hierinn ihrem Vatterlande allzuviel zugeschrieben/ und Theodo solches/ für dem großmächtigsten Gothen-Könige/ Theodorico / (oder Dieterich) in Italien/ unter welches (und nicht unter der Römischen Käiser) Botmässigkeit/ damals diese Länder an der Donau lagen/ nicht hätte wagen dörffen; imgleichen/ daß Herzog Theodo kein so absoluter König gewest/ sondern dem Gothischen Könige Dieterich/ im Kriege/ gedient/ und demselben Tribut gegeben: Es könne aber seyn / daß Theodo/ den Sihe deß von Birkens seinen Donau-Strom/ am 44. Blat.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/21
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/21>, abgerufen am 25.11.2024.