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Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

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Leunclavius redet der Soldatesca das Wort mehr/ als den Officirern/ und mißt denselben alle Schuld zu/ nemlich/ daß sie/ durch ihren Geitz/ zu solchem Handel Anlaß gegeben. Sie suchten (schreibt er) manchen Fund und Practick/ den Knechten ihren Sturm-Sold abzuziehen: sassen auch fast den halben Tag im Kriegs-Rath/ ehe man die Knechte bezahlte; richteten aber nichts aus. Denen vom Reich ward zwar mehr/ als ein Sold/ angeboten: sie begehrten aber kurzum vier verdiente Sold/ nemlich drey Sturm-Sold/ und einen auf die Hand/ und alle Victualien geschenkt. Sie machten ein so wüst und wildes Geschrey/ daß es nicht zu beschreiben; liessen/ zum dritten mal/ die Spiesse niderfallen; so/ daß man an ihnen gnug fand zu theidigen. Also gab man ihnen die drey Sold/ und alle Victualien quit. Etliche aus dem alten Hauffen/ die sich nicht wolten lassen begnügen/ musten es mit dem Halse bezahlen. Also blieb es/ bey dreyen Sold/ und dem Proviand. Die Gemein währte den ganzen Tag. Bey der Zahlung/ wollte man ihnen doch noch den dritten Sold abschlagen: welches aber die Soldaten durchaus nicht wollten eingehn; sondern sich deß Schlusses im Ringe halten. So bald sie nun bezahlt; schlug man um/ und ließ ihnen/ bey scheinender Sonnen/ aus der Stadt bieten/ nemlich allen/ die unter dem Reich bezahlt waren; das gab man den rittermässigen Leuten zu Lohn! Und die man zuvor Ritter nannte/ wurden jetzt vor Buben gescholten: und welche die Stadt hatten erhalten/ denen ward die Stadt versagt.

Indessen setzte Suldan Solimann seinen Ruck-Marsch desto schleuniger fort/ weil ihn überall der Heim-Weg gleichsam mit einem stummen Aufruck begleitete/ und ihm so viel umsonst vergossenes Blut und Geld verwies. Dann er muste durch lauter solche Oerter zurück gehen/ die ihn vorhin hatten gesehn daher brausen/ wie einen ungeheuren Wallfisch/ mit hochaufgehügeltem Mut/ und in vermessener Einbildung/ Wien/ und ganz Oesterreich/ zu verschlingen. Dennoch wolte er nicht den Schein eines Uberwundenen/ sondern Uberwinders / haben/ und beschloß/ dem Weywoden Johannes die Ungarische Kron/ und Zepter/ samt andren Königlichen Majestät-Zeichen/ die er bey sich führte/ zu schenken: aufdaß er denselben damit/ zu einer beharrlichen Treu/ mögte verbinden.

Diese waren/ auf solche Art/ in seine Hände gerathen. Als er/ mit seinem Heer/ im Anmarsch nach Ungarn/ begriffen war/ Vorsatzes/ den Johannes wiederum ein-Wien aber in seine eigne Gewalt/ zu setzen: und nunmehr das kleine Hertzogthum Sirmium erreicht hatte: erschrack darüber der Königliche Ungarische Kron-Verwahrer/ Peter Pereni (oder Perini) welcher/ mit Weib und Kind/ auf dem Schloß zu Sochos/ zwischen Fünffkirchen und Esseck / unferrn von der Drav/ sich befand/ mächtig sehr/ fing an/ gewaltig sich zu fürchten; und zwar nicht umsonst. Dann er war vorhin auf Johannis Seiten gestanden/ hernach

Leunclavius redet der Soldatesca das Wort mehr/ als den Officirern/ und mißt denselben alle Schuld zu/ nemlich/ daß sie/ durch ihren Geitz/ zu solchem Handel Anlaß gegeben. Sie suchten (schreibt er) manchen Fund und Practick/ den Knechten ihren Sturm-Sold abzuziehen: sassen auch fast den halben Tag im Kriegs-Rath/ ehe man die Knechte bezahlte; richteten aber nichts aus. Denen vom Reich ward zwar mehr/ als ein Sold/ angeboten: sie begehrten aber kurzum vier verdiente Sold/ nemlich drey Sturm-Sold/ und einen auf die Hand/ und alle Victualien geschenkt. Sie machten ein so wüst und wildes Geschrey/ daß es nicht zu beschreiben; liessen/ zum dritten mal/ die Spiesse niderfallen; so/ daß man an ihnen gnug fand zu theidigen. Also gab man ihnen die drey Sold/ und alle Victualien quit. Etliche aus dem alten Hauffen/ die sich nicht wolten lassen begnügen/ musten es mit dem Halse bezahlen. Also blieb es/ bey dreyen Sold/ und dem Proviand. Die Gemein währte den ganzen Tag. Bey der Zahlung/ wollte man ihnen doch noch den dritten Sold abschlagen: welches aber die Soldaten durchaus nicht wollten eingehn; sondern sich deß Schlusses im Ringe halten. So bald sie nun bezahlt; schlug man um/ und ließ ihnen/ bey scheinender Sonnen/ aus der Stadt bieten/ nemlich allen/ die unter dem Reich bezahlt waren; das gab man den rittermässigen Leuten zu Lohn! Und die man zuvor Ritter nannte/ wurden jetzt vor Buben gescholten: und welche die Stadt hatten erhalten/ denen ward die Stadt versagt.

Indessen setzte Suldan Solimann seinen Ruck-Marsch desto schleuniger fort/ weil ihn überall der Heim-Weg gleichsam mit einem stummen Aufruck begleitete/ und ihm so viel umsonst vergossenes Blut und Geld verwies. Dann er muste durch lauter solche Oerter zurück gehen/ die ihn vorhin hatten gesehn daher brausen/ wie einen ungeheuren Wallfisch/ mit hochaufgehügeltem Mut/ und in vermessener Einbildung/ Wien/ und ganz Oesterreich/ zu verschlingen. Dennoch wolte er nicht den Schein eines Uberwundenen/ sondern Uberwinders / haben/ und beschloß/ dem Weywoden Johannes die Ungarische Kron/ und Zepter/ samt andren Königlichen Majestät-Zeichen/ die er bey sich führte/ zu schenken: aufdaß er denselben damit/ zu einer beharrlichen Treu/ mögte verbinden.

Diese waren/ auf solche Art/ in seine Hände gerathen. Als er/ mit seinem Heer/ im Anmarsch nach Ungarn/ begriffen war/ Vorsatzes/ den Johannes wiederum ein-Wien aber in seine eigne Gewalt/ zu setzen: und nunmehr das kleine Hertzogthum Sirmium erreicht hatte: erschrack darüber der Königliche Ungarische Kron-Verwahrer/ Peter Pereni (oder Perini) welcher/ mit Weib und Kind/ auf dem Schloß zu Sochos/ zwischen Fünffkirchen und Esseck / unferrn von der Drav/ sich befand/ mächtig sehr/ fing an/ gewaltig sich zu fürchten; und zwar nicht umsonst. Dann er war vorhin auf Johannis Seiten gestanden/ hernach

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        <p>Indessen setzte Suldan Solimann seinen Ruck-Marsch desto schleuniger fort/ weil ihn            überall der Heim-Weg gleichsam mit einem stummen Aufruck begleitete/ und ihm so viel            umsonst vergossenes Blut und Geld verwies. Dann er muste durch lauter solche Oerter zurück            gehen/ die ihn vorhin hatten gesehn daher brausen/ wie einen ungeheuren Wallfisch/ mit            hochaufgehügeltem Mut/ und in vermessener Einbildung/ Wien/ und ganz Oesterreich/ zu            verschlingen. Dennoch wolte er nicht den Schein eines Uberwundenen/ sondern Uberwinders /            haben/ und beschloß/ dem Weywoden Johannes die Ungarische Kron/ und Zepter/ samt            andren Königlichen Majestät-Zeichen/ die er bey sich führte/ zu schenken: aufdaß er            denselben damit/ zu einer beharrlichen Treu/ mögte verbinden.</p>
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[183/0191] Leunclavius redet der Soldatesca das Wort mehr/ als den Officirern/ und mißt denselben alle Schuld zu/ nemlich/ daß sie/ durch ihren Geitz/ zu solchem Handel Anlaß gegeben. Sie suchten (schreibt er) manchen Fund und Practick/ den Knechten ihren Sturm-Sold abzuziehen: sassen auch fast den halben Tag im Kriegs-Rath/ ehe man die Knechte bezahlte; richteten aber nichts aus. Denen vom Reich ward zwar mehr/ als ein Sold/ angeboten: sie begehrten aber kurzum vier verdiente Sold/ nemlich drey Sturm-Sold/ und einen auf die Hand/ und alle Victualien geschenkt. Sie machten ein so wüst und wildes Geschrey/ daß es nicht zu beschreiben; liessen/ zum dritten mal/ die Spiesse niderfallen; so/ daß man an ihnen gnug fand zu theidigen. Also gab man ihnen die drey Sold/ und alle Victualien quit. Etliche aus dem alten Hauffen/ die sich nicht wolten lassen begnügen/ musten es mit dem Halse bezahlen. Also blieb es/ bey dreyen Sold/ und dem Proviand. Die Gemein währte den ganzen Tag. Bey der Zahlung/ wollte man ihnen doch noch den dritten Sold abschlagen: welches aber die Soldaten durchaus nicht wollten eingehn; sondern sich deß Schlusses im Ringe halten. So bald sie nun bezahlt; schlug man um/ und ließ ihnen/ bey scheinender Sonnen/ aus der Stadt bieten/ nemlich allen/ die unter dem Reich bezahlt waren; das gab man den rittermässigen Leuten zu Lohn! Und die man zuvor Ritter nannte/ wurden jetzt vor Buben gescholten: und welche die Stadt hatten erhalten/ denen ward die Stadt versagt. Indessen setzte Suldan Solimann seinen Ruck-Marsch desto schleuniger fort/ weil ihn überall der Heim-Weg gleichsam mit einem stummen Aufruck begleitete/ und ihm so viel umsonst vergossenes Blut und Geld verwies. Dann er muste durch lauter solche Oerter zurück gehen/ die ihn vorhin hatten gesehn daher brausen/ wie einen ungeheuren Wallfisch/ mit hochaufgehügeltem Mut/ und in vermessener Einbildung/ Wien/ und ganz Oesterreich/ zu verschlingen. Dennoch wolte er nicht den Schein eines Uberwundenen/ sondern Uberwinders / haben/ und beschloß/ dem Weywoden Johannes die Ungarische Kron/ und Zepter/ samt andren Königlichen Majestät-Zeichen/ die er bey sich führte/ zu schenken: aufdaß er denselben damit/ zu einer beharrlichen Treu/ mögte verbinden. Diese waren/ auf solche Art/ in seine Hände gerathen. Als er/ mit seinem Heer/ im Anmarsch nach Ungarn/ begriffen war/ Vorsatzes/ den Johannes wiederum ein-Wien aber in seine eigne Gewalt/ zu setzen: und nunmehr das kleine Hertzogthum Sirmium erreicht hatte: erschrack darüber der Königliche Ungarische Kron-Verwahrer/ Peter Pereni (oder Perini) welcher/ mit Weib und Kind/ auf dem Schloß zu Sochos/ zwischen Fünffkirchen und Esseck / unferrn von der Drav/ sich befand/ mächtig sehr/ fing an/ gewaltig sich zu fürchten; und zwar nicht umsonst. Dann er war vorhin auf Johannis Seiten gestanden/ hernach

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/191>, abgerufen am 24.11.2024.