Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

Bild:
<< vorherige Seite

wundet/ dennoch ohne Zweifel/ inwendig das Gebein zerschmettert/ oder sonst das Herz in der Brust/ durch den schweren Schlag/ entlebt hätte. Wie man denn Exempel weiß/ daß die Stück-Kugel einen Festner/ durch ihren grimmigen Aschlag/ dermassen gekrümmet/ daß Kopff und Füsse sich schier zusammen geschlagen/ und er Augenblicks/ wiewol ohne Verspührung einiger äusserlichen Verwundung/ todt geblieben.

Daß ich aber dennoch keine rechte völlige Gewisheit draus mache/ es müsse nothwendig dieser Soldat fest gewesen seyn/ verhindert dieses/ daß es scheint/ die meistens-ermüdete/ Falconet-Kugel/ könnte dennoch wol vielleicht dem Kerl einen so gewaltigen Stoß gegeben haben/ davon er in Ohnmacht gefallen; ob sie gleich so viel Stärke nicht mehr gehabt/ daß sie ihm durch den Leib schlagen köngen können: weil hiezu ein viel grösserer Ungestüm erfordert wird.

Vom 9. bis 12 ten Octobris/ schoß der Feind täg- und stündlich; lieff unterschiedliche mal bis an die Mauren hinauf/ und fing einen Lärmen über den andren an; muste doch stets wiederum/ nach der Stirn/ die Fersen weisen. So sparten die in der Stadt ihr Kraut und Lot auch nicht/ sondern unterhielten scharffe Correspondenz mit ihm/ durch groß- und kleines Geschütz. Was aber/ dem hochmütigen Suldan seinen Verdruß vergrösserte/ und hingegen seine Hoffnung verkleinerte/ war dieses/ daß man/ in der Stadt/ die ganze Zeit der Belägerung/ so wol auf S. Claren Platz/ als auf dem S. Stephans-Thurn/ mit Heerpaucken/ Trompeten/ Posaunen/ und Schalmeyen/ hofirte/ neben dem Kriegs-manierlichen Brauch der Trummeln und Pfeiffen: denn daraus kunte er leicht merken / es müste ihnen noch nicht gar bang ums Herz seyn: weil sie noch so trutzten/ gegen einer so grossen macht.

Am 12. Octobris hat der Feind/ unterhalb des Kärner-Thors/ zu zweyen malen/ wiederum die Mauren gesprengt/ auch alsofort hernach/ oberhalb gemeldten Thors/ in das vorhin-gesprengte Loch/ mehr als einmal gesprengt/ und dasselbe erweitert; gleich darauf / mit ergrimmter Furi/ einen stürmischen Anfall gethan; aber auch bald wiederum einen ungesegneten Ruck-Fall: weil man ihm gewaltsamlich widerstanden/ und mit einem ganzen Sturm von Kugeln/ Schwertern/ und andren Waffen/ entgegen gebrauset. Wodurch ihnen der Sturm-Kitzel dergestalt verschwunden/ zumal weil man sie so blutig darauf gekratzt/ daß ihre Bassen genöthigt worden/ sie aus den Vorstädten/ und Weingärten hervor zu suchen / und mit Prügeln und Säbeln/ zum nochmaligen Versuch/ zu ermahnen. Wie man solches auf den Thürnen/ in der Stadt/ gar eigentlich hat sehen können. So bald sie aber nur an den Stadt-Graben gelangt; entfiel ihnen/ durch GOttes gnädige Schickung/ das Herz so geschwind/ daß sie alsobald den Hasen-Trab gingen/ und hinter sich flohen. Unterdessen fanden die Unsrige Raum und Zeit/ die Löcher der nidergeworffenen Mauer/ mit grün-ästigen Bäumen und Gereiß/ zu verlegen/ und nach Möglichkeit auszufüllen. Bisher der Pesoldische Bericht; wiewol mit meinen Worten.

wundet/ dennoch ohne Zweifel/ inwendig das Gebein zerschmettert/ oder sonst das Herz in der Brust/ durch den schweren Schlag/ entlebt hätte. Wie man denn Exempel weiß/ daß die Stück-Kugel einen Festner/ durch ihren grimmigen Aschlag/ dermassen gekrümmet/ daß Kopff und Füsse sich schier zusammen geschlagen/ und er Augenblicks/ wiewol ohne Verspührung einiger äusserlichen Verwundung/ todt geblieben.

Daß ich aber dennoch keine rechte völlige Gewisheit draus mache/ es müsse nothwendig dieser Soldat fest gewesen seyn/ verhindert dieses/ daß es scheint/ die meistens-ermüdete/ Falconet-Kugel/ könnte dennoch wol vielleicht dem Kerl einen so gewaltigen Stoß gegeben haben/ davon er in Ohnmacht gefallen; ob sie gleich so viel Stärke nicht mehr gehabt/ daß sie ihm durch den Leib schlagen köngen können: weil hiezu ein viel grösserer Ungestüm erfordert wird.

Vom 9. bis 12 ten Octobris/ schoß der Feind täg- und stündlich; lieff unterschiedliche mal bis an die Mauren hinauf/ und fing einen Lärmen über den andren an; muste doch stets wiederum/ nach der Stirn/ die Fersen weisen. So sparten die in der Stadt ihr Kraut und Lot auch nicht/ sondern unterhielten scharffe Correspondenz mit ihm/ durch groß- und kleines Geschütz. Was aber/ dem hochmütigen Suldan seinen Verdruß vergrösserte/ und hingegen seine Hoffnung verkleinerte/ war dieses/ daß man/ in der Stadt/ die ganze Zeit der Belägerung/ so wol auf S. Claren Platz/ als auf dem S. Stephans-Thurn/ mit Heerpaucken/ Trompeten/ Posaunen/ und Schalmeyen/ hofirte/ neben dem Kriegs-manierlichen Brauch der Trummeln und Pfeiffen: denn daraus kunte er leicht merken / es müste ihnen noch nicht gar bang ums Herz seyn: weil sie noch so trutzten/ gegen einer so grossen macht.

Am 12. Octobris hat der Feind/ unterhalb des Kärner-Thors/ zu zweyen malen/ wiederum die Mauren gesprengt/ auch alsofort hernach/ oberhalb gemeldten Thors/ in das vorhin-gesprengte Loch/ mehr als einmal gesprengt/ und dasselbe erweitert; gleich darauf / mit ergrimmter Furi/ einen stürmischen Anfall gethan; aber auch bald wiederum einen ungesegneten Ruck-Fall: weil man ihm gewaltsamlich widerstanden/ und mit einem ganzen Sturm von Kugeln/ Schwertern/ und andren Waffen/ entgegen gebrauset. Wodurch ihnen der Sturm-Kitzel dergestalt verschwunden/ zumal weil man sie so blutig darauf gekratzt/ daß ihre Bassen genöthigt worden/ sie aus den Vorstädten/ und Weingärten hervor zu suchen / und mit Prügeln und Säbeln/ zum nochmaligen Versuch/ zu ermahnen. Wie man solches auf den Thürnen/ in der Stadt/ gar eigentlich hat sehen können. So bald sie aber nur an den Stadt-Graben gelangt; entfiel ihnen/ durch GOttes gnädige Schickung/ das Herz so geschwind/ daß sie alsobald den Hasen-Trab gingen/ und hinter sich flohen. Unterdessen fanden die Unsrige Raum und Zeit/ die Löcher der nidergeworffenen Mauer/ mit grün-ästigen Bäumen und Gereiß/ zu verlegen/ und nach Möglichkeit auszufüllen. Bisher der Pesoldische Bericht; wiewol mit meinen Worten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0180" n="172"/>
wundet/ dennoch ohne Zweifel/ inwendig das Gebein zerschmettert/ oder sonst das Herz            in der Brust/ durch den schweren Schlag/ entlebt hätte. Wie man denn Exempel weiß/ daß            die Stück-Kugel einen Festner/ durch ihren grimmigen Aschlag/ dermassen gekrümmet/ daß            Kopff und Füsse sich schier zusammen geschlagen/ und er Augenblicks/ wiewol ohne            Verspührung einiger äusserlichen Verwundung/ todt geblieben.</p>
        <p>Daß ich aber dennoch keine rechte völlige Gewisheit draus mache/ es müsse nothwendig            dieser Soldat fest gewesen seyn/ verhindert dieses/ daß es scheint/ die            meistens-ermüdete/ Falconet-Kugel/ könnte dennoch wol vielleicht dem Kerl einen so            gewaltigen Stoß gegeben haben/ davon er in Ohnmacht gefallen; ob sie gleich so viel            Stärke nicht mehr gehabt/ daß sie ihm durch den Leib schlagen köngen können: weil hiezu            ein viel grösserer Ungestüm erfordert wird.</p>
        <p>Vom 9. bis 12 ten Octobris/ schoß der Feind täg- und stündlich; lieff unterschiedliche            mal bis an die Mauren hinauf/ und fing einen Lärmen über den andren an; muste doch stets            wiederum/ nach der Stirn/ die Fersen weisen. So sparten die in der Stadt ihr Kraut und            Lot auch nicht/ sondern unterhielten scharffe Correspondenz mit ihm/ durch groß- und            kleines Geschütz. Was aber/ dem hochmütigen Suldan seinen Verdruß vergrösserte/ und            hingegen seine Hoffnung verkleinerte/ war dieses/ daß man/ in der Stadt/ die ganze            Zeit der Belägerung/ so wol auf S. Claren Platz/ als auf dem S. Stephans-Thurn/ mit            Heerpaucken/ Trompeten/ Posaunen/ und Schalmeyen/ hofirte/ neben dem            Kriegs-manierlichen Brauch der Trummeln und Pfeiffen: denn daraus kunte er leicht merken /            es müste ihnen noch nicht gar bang ums Herz seyn: weil sie noch so trutzten/ gegen einer            so grossen macht.</p>
        <p>Am 12. Octobris hat der Feind/ unterhalb des Kärner-Thors/ zu zweyen malen/ wiederum            die Mauren gesprengt/ auch alsofort hernach/ oberhalb gemeldten Thors/ in das            vorhin-gesprengte Loch/ mehr als einmal gesprengt/ und dasselbe erweitert; gleich darauf           / mit ergrimmter Furi/ einen stürmischen Anfall gethan; aber auch bald wiederum einen            ungesegneten Ruck-Fall: weil man ihm gewaltsamlich widerstanden/ und mit einem ganzen            Sturm von Kugeln/ Schwertern/ und andren Waffen/ entgegen gebrauset. Wodurch ihnen der            Sturm-Kitzel dergestalt verschwunden/ zumal weil man sie so blutig darauf gekratzt/ daß            ihre Bassen genöthigt worden/ sie aus den Vorstädten/ und Weingärten hervor zu suchen /            und mit Prügeln und Säbeln/ zum nochmaligen Versuch/ zu ermahnen. Wie man solches auf            den Thürnen/ in der Stadt/ gar eigentlich hat sehen können. So bald sie aber nur an den            Stadt-Graben gelangt; entfiel ihnen/ durch GOttes gnädige Schickung/ das Herz so            geschwind/ daß sie alsobald den Hasen-Trab gingen/ und hinter sich flohen. Unterdessen            fanden die Unsrige Raum und Zeit/ die Löcher der nidergeworffenen Mauer/ mit            grün-ästigen Bäumen und Gereiß/ zu verlegen/ und nach Möglichkeit auszufüllen. Bisher            der Pesoldische Bericht; wiewol mit meinen Worten.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0180] wundet/ dennoch ohne Zweifel/ inwendig das Gebein zerschmettert/ oder sonst das Herz in der Brust/ durch den schweren Schlag/ entlebt hätte. Wie man denn Exempel weiß/ daß die Stück-Kugel einen Festner/ durch ihren grimmigen Aschlag/ dermassen gekrümmet/ daß Kopff und Füsse sich schier zusammen geschlagen/ und er Augenblicks/ wiewol ohne Verspührung einiger äusserlichen Verwundung/ todt geblieben. Daß ich aber dennoch keine rechte völlige Gewisheit draus mache/ es müsse nothwendig dieser Soldat fest gewesen seyn/ verhindert dieses/ daß es scheint/ die meistens-ermüdete/ Falconet-Kugel/ könnte dennoch wol vielleicht dem Kerl einen so gewaltigen Stoß gegeben haben/ davon er in Ohnmacht gefallen; ob sie gleich so viel Stärke nicht mehr gehabt/ daß sie ihm durch den Leib schlagen köngen können: weil hiezu ein viel grösserer Ungestüm erfordert wird. Vom 9. bis 12 ten Octobris/ schoß der Feind täg- und stündlich; lieff unterschiedliche mal bis an die Mauren hinauf/ und fing einen Lärmen über den andren an; muste doch stets wiederum/ nach der Stirn/ die Fersen weisen. So sparten die in der Stadt ihr Kraut und Lot auch nicht/ sondern unterhielten scharffe Correspondenz mit ihm/ durch groß- und kleines Geschütz. Was aber/ dem hochmütigen Suldan seinen Verdruß vergrösserte/ und hingegen seine Hoffnung verkleinerte/ war dieses/ daß man/ in der Stadt/ die ganze Zeit der Belägerung/ so wol auf S. Claren Platz/ als auf dem S. Stephans-Thurn/ mit Heerpaucken/ Trompeten/ Posaunen/ und Schalmeyen/ hofirte/ neben dem Kriegs-manierlichen Brauch der Trummeln und Pfeiffen: denn daraus kunte er leicht merken / es müste ihnen noch nicht gar bang ums Herz seyn: weil sie noch so trutzten/ gegen einer so grossen macht. Am 12. Octobris hat der Feind/ unterhalb des Kärner-Thors/ zu zweyen malen/ wiederum die Mauren gesprengt/ auch alsofort hernach/ oberhalb gemeldten Thors/ in das vorhin-gesprengte Loch/ mehr als einmal gesprengt/ und dasselbe erweitert; gleich darauf / mit ergrimmter Furi/ einen stürmischen Anfall gethan; aber auch bald wiederum einen ungesegneten Ruck-Fall: weil man ihm gewaltsamlich widerstanden/ und mit einem ganzen Sturm von Kugeln/ Schwertern/ und andren Waffen/ entgegen gebrauset. Wodurch ihnen der Sturm-Kitzel dergestalt verschwunden/ zumal weil man sie so blutig darauf gekratzt/ daß ihre Bassen genöthigt worden/ sie aus den Vorstädten/ und Weingärten hervor zu suchen / und mit Prügeln und Säbeln/ zum nochmaligen Versuch/ zu ermahnen. Wie man solches auf den Thürnen/ in der Stadt/ gar eigentlich hat sehen können. So bald sie aber nur an den Stadt-Graben gelangt; entfiel ihnen/ durch GOttes gnädige Schickung/ das Herz so geschwind/ daß sie alsobald den Hasen-Trab gingen/ und hinter sich flohen. Unterdessen fanden die Unsrige Raum und Zeit/ die Löcher der nidergeworffenen Mauer/ mit grün-ästigen Bäumen und Gereiß/ zu verlegen/ und nach Möglichkeit auszufüllen. Bisher der Pesoldische Bericht; wiewol mit meinen Worten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/180
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/180>, abgerufen am 22.11.2024.