Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.ten Rott-Genossen stund ihnen so hart und entsetzlich vor Augen/ daß sie ihr eigenes lieber unter dem Sebel ihrer Bassen/ vergiessen/ als die so feurige Mauren der Stadt Wien damit besprützen/ lieber den Tod/ von Ihrigen/ annehmen/ als aus den wütenden Tatzen der ergrimmten Teutschen Leuen holen wolten. Darum wann der Officirer schrie und drauete: Geh an! oder stirb/ von diesem Sebel! antworteten sie: Lieber wollen wir von Eurer Gnaden Hand und Sebel sterben / weder von den Kugeln und Bratspiessen der Teutschen und Spannier (also nennten sie die langen Klingen derselben) uns so durchbohren/ und so grausamlich erwürgen lassen. Dannenhero nicht unbillich geglaubt wird/ es seyen diese Barbern/ die sonst ihren Fürsten und Obersten sehr gehorsam/ und aus einer natürlichen angeerbten Grausamkeit auf Christen-Blut erdurstet und erhitzet sind/ durch sonderbare Schickung GOttes/ in so tieffen Schrecken gerathen. Weil denn nun Sultan Solimann/ nach seiner eignen Bekenntniß/ keine Hoffnung mehr sahe / die Stadt zu gewinnen: brach er seinen halsstarrigen Sinn/ und beklagte die Unbeständigkeit des Glücks/ welches ihm/ in seinen Unterfahungen/ so untreu worden wäre; beschloß also von der Stadt abzuweichen/ und wieder gen Constantinopel zu kehren. Gestaltsam er auch/ am 14. Octobris/ nemlich Donnerstage/ als am 23 sten Tage der Belägerung/ die Stücke von den Batterien und Lager-Wällen heraus ziehen/ und den mehren Theil zu Schiffe bringen/ die übrige aber/ zum Behuf deß Feldlagers/ über Land mitführen ließ. In der eilfften Stunde selbiger Nacht (dessen der stoltz-geschwollene Hochmut dieses barbarischen Tyrannen sich je hat schämen müssen) nahm er seinen Aufbruch / nachdem die Gezelt und Rüstwägen in der Stille weggeräumt/ und zum Aufbruch geblasen worden. Seinen Marsch hat er so eilig fortgesetzt/ daß er/ am fünfften Tage hernach/ mit seinem Heer-Lager/ im Felde bey Ofen/ gestanden/ welches zwey und dreyssig tausend Schritt weit von Wien ab gerechnet wird. Hierinn fehlt ohne Zweifel der gute Isthuaufius/ ob er gleich tausendmal ein geborner Ungar/ und fürnehmer Officir gewest wäre; sofern er nicht durch tausend Schritte eine Meil Wegs versteht. Es müsten aber solches lauter Welsche Meilen/ und also Ofen von Wien nur 8. Teutsche Meilen ligen; da es doch 32. starker Teutschen Meilen davon entfernet ist. Derhalben muß sich etwan Isthuanfius/ in Gedanken/ verschrieben/ und an statt triginta duorum millium passuum intervallum haben setzen wollen triginta duorum milliarium intervallum. Isthuafius braucht zwar die Worte longiores illorum spathas: welches eigentlich lange und breite Schwerdter heisst; meinet aber doch allhie damit die Spannische spitzig-zulauffende Schwerdter/ und die Rappier/ damit. Jovius gedenkt/ daß die Teutsche ihnen/ mit langen Schlag-Schwerdtern/ begegnet: Andre; daß sie/ mit Spiessen/ ihrer viele erstochen. Ich halte/ man habe so wol dis / als andres/ gebraucht. Die Gezelte wol: sonst aber ist das Lager mit einem grausamen Geschrey aufgebrochen/ vermutlich der sterbenden Gefangenen/ so der Bluthund guten Theils hat lassen niderhauen.
ten Rott-Genossen stund ihnen so hart und entsetzlich vor Augen/ daß sie ihr eigenes lieber unter dem Sebel ihrer Bassen/ vergiessen/ als die so feurige Mauren der Stadt Wien damit besprützen/ lieber den Tod/ von Ihrigen/ annehmen/ als aus den wütenden Tatzen der ergrimmten Teutschen Leuen holen wolten. Darum wann der Officirer schrie und drauete: Geh an! oder stirb/ von diesem Sebel! antworteten sie: Lieber wollen wir von Eurer Gnaden Hand und Sebel sterben / weder von den Kugeln und Bratspiessen der Teutschen und Spannier (also nennten sie die langen Klingen derselben) uns so durchbohren/ und so grausamlich erwürgen lassen. Dannenhero nicht unbillich geglaubt wird/ es seyen diese Barbern/ die sonst ihren Fürsten und Obersten sehr gehorsam/ und aus einer natürlichen angeerbten Grausamkeit auf Christen-Blut erdurstet und erhitzet sind/ durch sonderbare Schickung GOttes/ in so tieffen Schrecken gerathen. Weil denn nun Sultan Solimann/ nach seiner eignen Bekenntniß/ keine Hoffnung mehr sahe / die Stadt zu gewinnen: brach er seinen halsstarrigen Sinn/ und beklagte die Unbeständigkeit des Glücks/ welches ihm/ in seinen Unterfahungen/ so untreu worden wäre; beschloß also von der Stadt abzuweichen/ und wieder gen Constantinopel zu kehren. Gestaltsam er auch/ am 14. Octobris/ nemlich Donnerstage/ als am 23 sten Tage der Belägerung/ die Stücke von den Batterien und Lager-Wällen heraus ziehen/ und den mehren Theil zu Schiffe bringen/ die übrige aber/ zum Behuf deß Feldlagers/ über Land mitführen ließ. In der eilfften Stunde selbiger Nacht (dessen der stoltz-geschwollene Hochmut dieses barbarischen Tyrannen sich je hat schämen müssen) nahm er seinen Aufbruch / nachdem die Gezelt und Rüstwägen in der Stille weggeräumt/ und zum Aufbruch geblasen worden. Seinen Marsch hat er so eilig fortgesetzt/ daß er/ am fünfften Tage hernach/ mit seinem Heer-Lager/ im Felde bey Ofen/ gestanden/ welches zwey und dreyssig tausend Schritt weit von Wien ab gerechnet wird. Hierinn fehlt ohne Zweifel der gute Isthuaufius/ ob er gleich tausendmal ein geborner Ungar/ und fürnehmer Officir gewest wäre; sofern er nicht durch tausend Schritte eine Meil Wegs versteht. Es müsten aber solches lauter Welsche Meilen/ und also Ofen von Wien nur 8. Teutsche Meilen ligen; da es doch 32. starker Teutschen Meilen davon entfernet ist. Derhalben muß sich etwan Isthuanfius/ in Gedanken/ verschrieben/ und an statt triginta duorum millium passuum intervallum haben setzen wollen triginta duorum milliarium intervallum. Isthuafius braucht zwar die Worte longiores illorum spathas: welches eigentlich lange und breite Schwerdter heisst; meinet aber doch allhie damit die Spannische spitzig-zulauffende Schwerdter/ und die Rappier/ damit. Jovius gedenkt/ daß die Teutsche ihnen/ mit langen Schlag-Schwerdtern/ begegnet: Andre; daß sie/ mit Spiessen/ ihrer viele erstochen. Ich halte/ man habe so wol dis / als andres/ gebraucht. Die Gezelte wol: sonst aber ist das Lager mit einem grausamen Geschrey aufgebrochen/ vermutlich der sterbenden Gefangenen/ so der Bluthund guten Theils hat lassen niderhauen.
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ten Rott-Genossen stund ihnen so hart und entsetzlich vor Augen/ daß sie ihr eigenes lieber unter dem Sebel ihrer Bassen/ vergiessen/ als die so feurige Mauren der Stadt Wien damit besprützen/ lieber den Tod/ von Ihrigen/ annehmen/ als aus den wütenden Tatzen der ergrimmten Teutschen Leuen holen wolten. Darum wann der Officirer schrie und drauete: Geh an! oder stirb/ von diesem Sebel! antworteten sie: Lieber wollen wir von Eurer Gnaden Hand und Sebel sterben / weder von den Kugeln und Bratspiessen der Teutschen und Spannier (also nennten sie die langen Klingen derselben) uns so durchbohren/ und so grausamlich erwürgen lassen. Dannenhero nicht unbillich geglaubt wird/ es seyen diese Barbern/ die sonst ihren Fürsten und Obersten sehr gehorsam/ und aus einer natürlichen angeerbten Grausamkeit auf Christen-Blut erdurstet und erhitzet sind/ durch sonderbare Schickung GOttes/ in so tieffen Schrecken gerathen.
Weil denn nun Sultan Solimann/ nach seiner eignen Bekenntniß/ keine Hoffnung mehr sahe / die Stadt zu gewinnen: brach er seinen halsstarrigen Sinn/ und beklagte die Unbeständigkeit des Glücks/ welches ihm/ in seinen Unterfahungen/ so untreu worden wäre; beschloß also von der Stadt abzuweichen/ und wieder gen Constantinopel zu kehren. Gestaltsam er auch/ am 14. Octobris/ nemlich Donnerstage/ als am 23 sten Tage der Belägerung/ die Stücke von den Batterien und Lager-Wällen heraus ziehen/ und den mehren Theil zu Schiffe bringen/ die übrige aber/ zum Behuf deß Feldlagers/ über Land mitführen ließ. In der eilfften Stunde selbiger Nacht (dessen der stoltz-geschwollene Hochmut dieses barbarischen Tyrannen sich je hat schämen müssen) nahm er seinen Aufbruch / nachdem die Gezelt und Rüstwägen in der Stille weggeräumt/ und zum Aufbruch geblasen worden. Seinen Marsch hat er so eilig fortgesetzt/ daß er/ am fünfften Tage hernach/ mit seinem Heer-Lager/ im Felde bey Ofen/ gestanden/ welches zwey und dreyssig tausend Schritt weit von Wien ab gerechnet wird. Hierinn fehlt ohne Zweifel der gute Isthuaufius/ ob er gleich tausendmal ein geborner Ungar/ und fürnehmer Officir gewest wäre; sofern er nicht durch tausend Schritte eine Meil Wegs versteht. Es müsten aber solches lauter Welsche Meilen/ und also Ofen von Wien nur 8. Teutsche Meilen ligen; da es doch 32. starker Teutschen Meilen davon entfernet ist. Derhalben muß sich etwan Isthuanfius/ in Gedanken/ verschrieben/ und an statt triginta duorum millium passuum intervallum haben setzen wollen triginta duorum milliarium intervallum.
Isthuafius braucht zwar die Worte longiores illorum spathas: welches eigentlich lange und breite Schwerdter heisst; meinet aber doch allhie damit die Spannische spitzig-zulauffende Schwerdter/ und die Rappier/ damit. Jovius gedenkt/ daß die Teutsche ihnen/ mit langen Schlag-Schwerdtern/ begegnet: Andre; daß sie/ mit Spiessen/ ihrer viele erstochen. Ich halte/ man habe so wol dis / als andres/ gebraucht.
Die Gezelte wol: sonst aber ist das Lager mit einem grausamen Geschrey aufgebrochen/ vermutlich der sterbenden Gefangenen/ so der Bluthund guten Theils hat lassen niderhauen.
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/168>, abgerufen am 16.02.2025. |