Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.ter oder Begriffe menschlicher Niderlagen und Leid-Fällen heissen / weil sie eben der rechte Aug-Punct und das Centrum sind/ worauf die gemeine Ruinirung deß Landes zielet. Darum zeucht eigentlich ein mächtiger Feind herauf/ und bedecket das Land sowol mit Kriegsvölkern/ als mit Plagen/ daß er/ die mächtigen Haupt-Städte desselben / will einnehmen/ und entweder zerbrechen oder besitzen. Darum hat ja Frankreich so manches Niderländisches Feld so abscheulich zugerichtet/ und verderbet/ daß es die Städte desselben desto leichter bezwingen mögte. Und wodurch wird manches Fürstenthum/ ja manches Reich/ unter das Joch gebracht/ als durch Verlust seiner Haupt-Schlüssel/ das ist/ der Vestungen und befestigten Städte? So bald eine ansehnliche Grenz-Stadt berennet wird/ hat sich auch das Reich/ dem sie einverleibet ist/ mit Gefahr der Dienstbarkeit umringt/ zu schätzen. Und welches den Städten solches Beschwer vermehret/ ist dieses/ daß sie nicht nur von dem Feinde/ sondern auch von ihrem eigenen Herrn/ sich bestürmen lassen müssen/ wann sie in feindliche Hand gerathen/ oder mit Aufruhr/ die eben wol ein grosses Unglück / behafftet sind. Weil nun Könige und Fürsten/ gar leicht uneins/ und ihre Verträge bald gebrochen werden: hat sich auch eine Stadt nicht übrig lange der Ruhe/ noch sicheren Handels und Wandels/ noch ihrer zierlichen Gebäue und Lust-Häuser/ zu getrösten; sondern muß/ so bald nur zwischen hohen Potentaten eine Strittigkeit sich anspinnet/ erzittern / und samt dem Bruch deß Land-Friedens/ auch einen Bruch ihrer Mauren/ Thürne/ und aller Glückseligkeit besorgen. Solches vor Augen zu stellen/ könnte man jetzo die Fürstinn deß Italiänischen Prachts / die reiche Stadt Genua/ in ihrer Asche/ darunter sie mehr/ als halben Theils/ durch die Französische Bombardirung/ gebracht/ oder die vor etlichen Jahren/ vom Kriege übel zugerichtete Pommerische Städte/ Stettin und Stralsund/ oder das uralte/ doch auch vielmals bestrittene/ jetzo aber wider alle Friedens-Parole/ unstreitbar und wehrlos gemachte Trier/ nebenst vielen andern Städten/ zu Mustern vorstellen: Wir wollen aber nur die einige Welt-berühmte Stadt Wien in Oesterreich/ daran ein grosses Stück der Welt / der weit-reichenden Handlungen halben/ ja die ganze Christenheit/ gegen Abend/ einen Theil ihrer Wolfarth hat/ weil es eine Vor-Maur deroselben wider den Türken ist/ allhie vor und nehmen/ und wie manchen allgemeinen Angst-Schweiß sie/ innerhalb ihrer Mauren / ausgestanden/ wann sie von feindlicher Gewalt eingeklemmt/ oder durch innerliche Unruh / Zwiespalt/ und Meuterey/ ihr selbsten/ und ihrem hohen Oberhaupt/ vormals eine Last worden/ aus den fürnehmsten und glaubhafftesten Scribenten erlernen; das ist/ alle Belägerungen/ womit diese Krone der edlen Städte jemals (so viel man/ aus den alten und neuen Schrifften/ derselben wissen kan) sich bedruckt gefühlt/ beschreiben: mit der Hoffnung und Wunsch/ daß niemals solche Anzahl ihrer Belägerungen vermehrt werde. ter oder Begriffe menschlicher Niderlagen und Leid-Fällen heissen / weil sie eben der rechte Aug-Punct und das Centrum sind/ worauf die gemeine Ruinirung deß Landes zielet. Darum zeucht eigentlich ein mächtiger Feind herauf/ und bedecket das Land sowol mit Kriegsvölkern/ als mit Plagen/ daß er/ die mächtigen Haupt-Städte desselben / will einnehmen/ und entweder zerbrechen oder besitzen. Darum hat ja Frankreich so manches Niderländisches Feld so abscheulich zugerichtet/ und verderbet/ daß es die Städte desselben desto leichter bezwingen mögte. Und wodurch wird manches Fürstenthum/ ja manches Reich/ unter das Joch gebracht/ als durch Verlust seiner Haupt-Schlüssel/ das ist/ der Vestungen und befestigten Städte? So bald eine ansehnliche Grenz-Stadt berennet wird/ hat sich auch das Reich/ dem sie einverleibet ist/ mit Gefahr der Dienstbarkeit umringt/ zu schätzen. Und welches den Städten solches Beschwer vermehret/ ist dieses/ daß sie nicht nur von dem Feinde/ sondern auch von ihrem eigenen Herrn/ sich bestürmen lassen müssen/ wann sie in feindliche Hand gerathen/ oder mit Aufruhr/ die eben wol ein grosses Unglück / behafftet sind. Weil nun Könige und Fürsten/ gar leicht uneins/ und ihre Verträge bald gebrochen werden: hat sich auch eine Stadt nicht übrig lange der Ruhe/ noch sicheren Handels und Wandels/ noch ihrer zierlichen Gebäue und Lust-Häuser/ zu getrösten; sondern muß/ so bald nur zwischen hohen Potentaten eine Strittigkeit sich anspinnet/ erzittern / und samt dem Bruch deß Land-Friedens/ auch einen Bruch ihrer Mauren/ Thürne/ und aller Glückseligkeit besorgen. Solches vor Augen zu stellen/ könnte man jetzo die Fürstinn deß Italiänischen Prachts / die reiche Stadt Genua/ in ihrer Asche/ darunter sie mehr/ als halben Theils/ durch die Französische Bombardirung/ gebracht/ oder die vor etlichen Jahren/ vom Kriege übel zugerichtete Pommerische Städte/ Stettin und Stralsund/ oder das uralte/ doch auch vielmals bestrittene/ jetzo aber wider alle Friedens-Parole/ unstreitbar und wehrlos gemachte Trier/ nebenst vielen andern Städten/ zu Mustern vorstellen: Wir wollen aber nur die einige Welt-berühmte Stadt Wien in Oesterreich/ daran ein grosses Stück der Welt / der weit-reichenden Handlungen halben/ ja die ganze Christenheit/ gegen Abend/ einen Theil ihrer Wolfarth hat/ weil es eine Vor-Maur deroselben wider den Türken ist/ allhie vor und nehmen/ und wie manchen allgemeinen Angst-Schweiß sie/ innerhalb ihrer Mauren / ausgestanden/ wann sie von feindlicher Gewalt eingeklemmt/ oder durch innerliche Unruh / Zwiespalt/ und Meuterey/ ihr selbsten/ und ihrem hohen Oberhaupt/ vormals eine Last worden/ aus den fürnehmsten und glaubhafftesten Scribenten erlernen; das ist/ alle Belägerungen/ womit diese Krone der edlen Städte jemals (so viel man/ aus den alten und neuen Schrifften/ derselben wissen kan) sich bedruckt gefühlt/ beschreiben: mit der Hoffnung und Wunsch/ daß niemals solche Anzahl ihrer Belägerungen vermehrt werde. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0012" n="4"/> ter oder Begriffe menschlicher Niderlagen und Leid-Fällen heissen / weil sie eben der rechte Aug-Punct und das Centrum sind/ worauf die gemeine Ruinirung deß Landes zielet. Darum zeucht eigentlich ein mächtiger Feind herauf/ und bedecket das Land sowol mit Kriegsvölkern/ als mit Plagen/ daß er/ die mächtigen Haupt-Städte desselben / will einnehmen/ und entweder zerbrechen oder besitzen. Darum hat ja Frankreich so manches Niderländisches Feld so abscheulich zugerichtet/ und verderbet/ daß es die Städte desselben desto leichter bezwingen mögte. Und wodurch wird manches Fürstenthum/ ja manches Reich/ unter das Joch gebracht/ als durch Verlust seiner Haupt-Schlüssel/ das ist/ der Vestungen und befestigten Städte? So bald eine ansehnliche Grenz-Stadt berennet wird/ hat sich auch das Reich/ dem sie einverleibet ist/ mit Gefahr der Dienstbarkeit umringt/ zu schätzen.</p> <p>Und welches den Städten solches Beschwer vermehret/ ist dieses/ daß sie nicht nur von dem Feinde/ sondern auch von ihrem eigenen Herrn/ sich bestürmen lassen müssen/ wann sie in feindliche Hand gerathen/ oder mit Aufruhr/ die eben wol ein grosses Unglück / behafftet sind. Weil nun Könige und Fürsten/ gar leicht uneins/ und ihre Verträge bald gebrochen werden: hat sich auch eine Stadt nicht übrig lange der Ruhe/ noch sicheren Handels und Wandels/ noch ihrer zierlichen Gebäue und Lust-Häuser/ zu getrösten; sondern muß/ so bald nur zwischen hohen Potentaten eine Strittigkeit sich anspinnet/ erzittern / und samt dem Bruch deß Land-Friedens/ auch einen Bruch ihrer Mauren/ Thürne/ und aller Glückseligkeit besorgen.</p> <p>Solches vor Augen zu stellen/ könnte man jetzo die Fürstinn deß Italiänischen Prachts / die reiche Stadt Genua/ in ihrer Asche/ darunter sie mehr/ als halben Theils/ durch die Französische Bombardirung/ gebracht/ oder die vor etlichen Jahren/ vom Kriege übel zugerichtete Pommerische Städte/ Stettin und Stralsund/ oder das uralte/ doch auch vielmals bestrittene/ jetzo aber wider alle Friedens-Parole/ unstreitbar und wehrlos gemachte Trier/ nebenst vielen andern Städten/ zu Mustern vorstellen: Wir wollen aber nur die einige Welt-berühmte Stadt Wien in Oesterreich/ daran ein grosses Stück der Welt / der weit-reichenden Handlungen halben/ ja die ganze Christenheit/ gegen Abend/ einen Theil ihrer Wolfarth hat/ weil es eine Vor-Maur deroselben wider den Türken ist/ allhie vor und nehmen/ und wie manchen allgemeinen Angst-Schweiß sie/ innerhalb ihrer Mauren / ausgestanden/ wann sie von feindlicher Gewalt eingeklemmt/ oder durch innerliche Unruh / Zwiespalt/ und Meuterey/ ihr selbsten/ und ihrem hohen Oberhaupt/ vormals eine Last worden/ aus den fürnehmsten und glaubhafftesten Scribenten erlernen; das ist/ alle Belägerungen/ womit diese Krone der edlen Städte jemals (so viel man/ aus den alten und neuen Schrifften/ derselben wissen kan) sich bedruckt gefühlt/ beschreiben: mit der Hoffnung und Wunsch/ daß niemals solche Anzahl ihrer Belägerungen vermehrt werde.</p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0012]
ter oder Begriffe menschlicher Niderlagen und Leid-Fällen heissen / weil sie eben der rechte Aug-Punct und das Centrum sind/ worauf die gemeine Ruinirung deß Landes zielet. Darum zeucht eigentlich ein mächtiger Feind herauf/ und bedecket das Land sowol mit Kriegsvölkern/ als mit Plagen/ daß er/ die mächtigen Haupt-Städte desselben / will einnehmen/ und entweder zerbrechen oder besitzen. Darum hat ja Frankreich so manches Niderländisches Feld so abscheulich zugerichtet/ und verderbet/ daß es die Städte desselben desto leichter bezwingen mögte. Und wodurch wird manches Fürstenthum/ ja manches Reich/ unter das Joch gebracht/ als durch Verlust seiner Haupt-Schlüssel/ das ist/ der Vestungen und befestigten Städte? So bald eine ansehnliche Grenz-Stadt berennet wird/ hat sich auch das Reich/ dem sie einverleibet ist/ mit Gefahr der Dienstbarkeit umringt/ zu schätzen.
Und welches den Städten solches Beschwer vermehret/ ist dieses/ daß sie nicht nur von dem Feinde/ sondern auch von ihrem eigenen Herrn/ sich bestürmen lassen müssen/ wann sie in feindliche Hand gerathen/ oder mit Aufruhr/ die eben wol ein grosses Unglück / behafftet sind. Weil nun Könige und Fürsten/ gar leicht uneins/ und ihre Verträge bald gebrochen werden: hat sich auch eine Stadt nicht übrig lange der Ruhe/ noch sicheren Handels und Wandels/ noch ihrer zierlichen Gebäue und Lust-Häuser/ zu getrösten; sondern muß/ so bald nur zwischen hohen Potentaten eine Strittigkeit sich anspinnet/ erzittern / und samt dem Bruch deß Land-Friedens/ auch einen Bruch ihrer Mauren/ Thürne/ und aller Glückseligkeit besorgen.
Solches vor Augen zu stellen/ könnte man jetzo die Fürstinn deß Italiänischen Prachts / die reiche Stadt Genua/ in ihrer Asche/ darunter sie mehr/ als halben Theils/ durch die Französische Bombardirung/ gebracht/ oder die vor etlichen Jahren/ vom Kriege übel zugerichtete Pommerische Städte/ Stettin und Stralsund/ oder das uralte/ doch auch vielmals bestrittene/ jetzo aber wider alle Friedens-Parole/ unstreitbar und wehrlos gemachte Trier/ nebenst vielen andern Städten/ zu Mustern vorstellen: Wir wollen aber nur die einige Welt-berühmte Stadt Wien in Oesterreich/ daran ein grosses Stück der Welt / der weit-reichenden Handlungen halben/ ja die ganze Christenheit/ gegen Abend/ einen Theil ihrer Wolfarth hat/ weil es eine Vor-Maur deroselben wider den Türken ist/ allhie vor und nehmen/ und wie manchen allgemeinen Angst-Schweiß sie/ innerhalb ihrer Mauren / ausgestanden/ wann sie von feindlicher Gewalt eingeklemmt/ oder durch innerliche Unruh / Zwiespalt/ und Meuterey/ ihr selbsten/ und ihrem hohen Oberhaupt/ vormals eine Last worden/ aus den fürnehmsten und glaubhafftesten Scribenten erlernen; das ist/ alle Belägerungen/ womit diese Krone der edlen Städte jemals (so viel man/ aus den alten und neuen Schrifften/ derselben wissen kan) sich bedruckt gefühlt/ beschreiben: mit der Hoffnung und Wunsch/ daß niemals solche Anzahl ihrer Belägerungen vermehrt werde.
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/12>, abgerufen am 16.07.2024. |