Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.geruffen/ woferrn sie nicht allesämtlich wolten deß Todes seyn/ solten sie das Schloß aufgeben/ und einen freyen Abzug/ mit Leib und Gut/ erlangen; und würde solches auch/ vom Sultan Solimann / alsofort ihnen/ mit eigenhändiger Unterschreibung/ versichert werden: Wie nun die Teutschen hierauf den Mut geneigt/ und solches eingehn wollen; habe sich Nadasti gewaltig darob entrüstet/ ihnen ihre Zaghafftigkeit und Untreu unter Augen gestellt/ und befohlen / man solte mit dem Feinde/ durchs Geschütz/ reden/ und die Stücke demselben sein auf die Haut richten. Uber welchen Zuruff sie die Hand an ihn geleget/ und ihm das nechste Gewölbe zu einer Gefängnis eigeräumt; bald hernach auch/ mit den Türken/ die Ubergabe verglichen. Hier auf musten sie/ aus dem Schloß/ weichen; wurden entwaffnet/ und aller ihrer Sachen beraubt/ hernach auf St. Johannis Kirchhof geführt; um daselbst/ vom Sultan / einen Paß freyen und sichern Abzugs zu erwarten. Aber ihre Untreu ward/ mit Treulosigkeit / bezahlt. Der Feind brach den Accord/ und sebelte sie draussen/ vor dem Thor/ alle / bis auf etliche wenig junge Knaben/ nieder. Ihrer wenige kamen doch noch/ mit der Flucht / davon. Simon Schardius zehlet der Entrunnenen auf die sechzig/ welche nach Wien die Zeitung gebracht/ wie es ihren Spießgesellen ergangen/ die von den blutdurstigen Janitscharen gebunden/ und ihnen hernach von denselben die Gurgel abgestochen worden. Nach Jovii Bericht seynd ihrer siebenhundert gewest/ und darum/ auf deß Sultans Befehl / niedergehauen/ weil sie an ihrem Commendanten so verrätherisch gehandelt: Dann nachdem dieser/ von den Janitscharen/ aus der Gefängniß hervor gezogen/ und Solimann erfahren / was für ein Bubenstück die Besatzung an ihm begangen/ habe er sie seiner Lindigkeit und Begnadung nicht werth gehalten/ und/ um solche Untreu zu rächen/ sie den Janitscharn / zum Schlachtopffer/ fürgeworffen; hingegen dem Nadasti eine Kriegs-Stelle/ und ehrlichen Sold/ angeboten/ und/ als er solches abgeschlagen/ ihn freundlich von sich gelassen: wozu auch die Recommendation Königs Johannis etwas heholffen: Die Barbarn hätten zwar ihre / an der Besatzung verübte/ unredliche That bemäntelt mit einem Tugend-Namen/ und ihrem Suldan solche grausame Ordre/ zu einem rühmlichen Justitz-Eifer gerechnet/ vorgebend / ein Soldat müste seinen geschwornen Gehorsam nimmermehr brechen/ ob ihm gleich der Tod vor Augen stünde. Worauf aber Jovius recht antwortet/ es sey vielmehr/ aus grimmigen. Haß gegen den Teutschen/ weder aus einem Eifer wider die Untreu/ geschehn; und könne solcher nichtiger Fürwand dem Tyrannen nicht entschuldigen; weil die Mißtreu der Besatzung ihm zum Vortheil gereicht/ dazu nicht von seinem/ sondern fremden Volk/ begangen/ welches auch durch seine Reitzung und falsche Anerbietung dazu angelockt worden/ und endlich er selbst / durch schändlichen Bruch seiner Ita Simon Schardius in Opere suo Historico.
geruffen/ woferrn sie nicht allesämtlich wolten deß Todes seyn/ solten sie das Schloß aufgeben/ und einen freyen Abzug/ mit Leib und Gut/ erlangen; und würde solches auch/ vom Sultan Solimann / alsofort ihnen/ mit eigenhändiger Unterschreibung/ versichert werden: Wie nun die Teutschen hierauf den Mut geneigt/ und solches eingehn wollen; habe sich Nadasti gewaltig darob entrüstet/ ihnen ihre Zaghafftigkeit und Untreu unter Augen gestellt/ und befohlen / man solte mit dem Feinde/ durchs Geschütz/ reden/ und die Stücke demselben sein auf die Haut richten. Uber welchen Zuruff sie die Hand an ihn geleget/ und ihm das nechste Gewölbe zu einer Gefängnis eigeräumt; bald hernach auch/ mit den Türken/ die Ubergabe verglichen. Hier auf musten sie/ aus dem Schloß/ weichen; wurden entwaffnet/ und aller ihrer Sachen beraubt/ hernach auf St. Johannis Kirchhof geführt; um daselbst/ vom Sultan / einen Paß freyen und sichern Abzugs zu erwarten. Aber ihre Untreu ward/ mit Treulosigkeit / bezahlt. Der Feind brach den Accord/ und sebelte sie draussen/ vor dem Thor/ alle / bis auf etliche wenig junge Knaben/ nieder. Ihrer wenige kamen doch noch/ mit der Flucht / davon. Simon Schardius zehlet der Entrunnenen auf die sechzig/ welche nach Wien die Zeitung gebracht/ wie es ihren Spießgesellen ergangen/ die von den blutdurstigen Janitscharen gebunden/ und ihnen hernach von denselben die Gurgel abgestochen worden. Nach Jovii Bericht seynd ihrer siebenhundert gewest/ und darum/ auf deß Sultans Befehl / niedergehauen/ weil sie an ihrem Commendanten so verrätherisch gehandelt: Dann nachdem dieser/ von den Janitscharen/ aus der Gefängniß hervor gezogen/ und Solimann erfahren / was für ein Bubenstück die Besatzung an ihm begangen/ habe er sie seiner Lindigkeit und Begnadung nicht werth gehalten/ und/ um solche Untreu zu rächen/ sie den Janitscharn / zum Schlachtopffer/ fürgeworffen; hingegen dem Nadasti eine Kriegs-Stelle/ und ehrlichen Sold/ angeboten/ und/ als er solches abgeschlagen/ ihn freundlich von sich gelassen: wozu auch die Recommendation Königs Johannis etwas heholffen: Die Barbarn hätten zwar ihre / an der Besatzung verübte/ unredliche That bemäntelt mit einem Tugend-Namen/ und ihrem Suldan solche grausame Ordre/ zu einem rühmlichen Justitz-Eifer gerechnet/ vorgebend / ein Soldat müste seinen geschwornen Gehorsam nimmermehr brechen/ ob ihm gleich der Tod vor Augen stünde. Worauf aber Jovius recht antwortet/ es sey vielmehr/ aus grimmigen. Haß gegen den Teutschen/ weder aus einem Eifer wider die Untreu/ geschehn; und könne solcher nichtiger Fürwand dem Tyrannen nicht entschuldigen; weil die Mißtreu der Besatzung ihm zum Vortheil gereicht/ dazu nicht von seinem/ sondern fremden Volk/ begangen/ welches auch durch seine Reitzung und falsche Anerbietung dazu angelockt worden/ und endlich er selbst / durch schändlichen Bruch seiner Ita Simon Schardius in Opere suo Historico.
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geruffen/ woferrn sie nicht allesämtlich wolten deß Todes seyn/ solten sie das Schloß aufgeben/ und einen freyen Abzug/ mit Leib und Gut/ erlangen; und würde solches auch/ vom Sultan Solimann / alsofort ihnen/ mit eigenhändiger Unterschreibung/ versichert werden: Wie nun die Teutschen hierauf den Mut geneigt/ und solches eingehn wollen; habe sich Nadasti gewaltig darob entrüstet/ ihnen ihre Zaghafftigkeit und Untreu unter Augen gestellt/ und befohlen / man solte mit dem Feinde/ durchs Geschütz/ reden/ und die Stücke demselben sein auf die Haut richten. Uber welchen Zuruff sie die Hand an ihn geleget/ und ihm das nechste Gewölbe zu einer Gefängnis eigeräumt; bald hernach auch/ mit den Türken/ die Ubergabe verglichen.
Hier auf musten sie/ aus dem Schloß/ weichen; wurden entwaffnet/ und aller ihrer Sachen beraubt/ hernach auf St. Johannis Kirchhof geführt; um daselbst/ vom Sultan / einen Paß freyen und sichern Abzugs zu erwarten. Aber ihre Untreu ward/ mit Treulosigkeit / bezahlt. Der Feind brach den Accord/ und sebelte sie draussen/ vor dem Thor/ alle / bis auf etliche wenig junge Knaben/ nieder. Ihrer wenige kamen doch noch/ mit der Flucht / davon.
Simon Schardius zehlet der Entrunnenen auf die sechzig/ welche nach Wien die Zeitung gebracht/ wie es ihren Spießgesellen ergangen/ die von den blutdurstigen Janitscharen gebunden/ und ihnen hernach von denselben die Gurgel abgestochen worden.
Nach Jovii Bericht seynd ihrer siebenhundert gewest/ und darum/ auf deß Sultans Befehl / niedergehauen/ weil sie an ihrem Commendanten so verrätherisch gehandelt: Dann nachdem dieser/ von den Janitscharen/ aus der Gefängniß hervor gezogen/ und Solimann erfahren / was für ein Bubenstück die Besatzung an ihm begangen/ habe er sie seiner Lindigkeit und Begnadung nicht werth gehalten/ und/ um solche Untreu zu rächen/ sie den Janitscharn / zum Schlachtopffer/ fürgeworffen; hingegen dem Nadasti eine Kriegs-Stelle/ und ehrlichen Sold/ angeboten/ und/ als er solches abgeschlagen/ ihn freundlich von sich gelassen: wozu auch die Recommendation Königs Johannis etwas heholffen: Die Barbarn hätten zwar ihre / an der Besatzung verübte/ unredliche That bemäntelt mit einem Tugend-Namen/ und ihrem Suldan solche grausame Ordre/ zu einem rühmlichen Justitz-Eifer gerechnet/ vorgebend / ein Soldat müste seinen geschwornen Gehorsam nimmermehr brechen/ ob ihm gleich der Tod vor Augen stünde.
Worauf aber Jovius recht antwortet/ es sey vielmehr/ aus grimmigen. Haß gegen den Teutschen/ weder aus einem Eifer wider die Untreu/ geschehn; und könne solcher nichtiger Fürwand dem Tyrannen nicht entschuldigen; weil die Mißtreu der Besatzung ihm zum Vortheil gereicht/ dazu nicht von seinem/ sondern fremden Volk/ begangen/ welches auch durch seine Reitzung und falsche Anerbietung dazu angelockt worden/ und endlich er selbst / durch schändlichen Bruch seiner
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