Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.hälligem Bericht mancher Kundschaffter/ die Gewißheit der starken Kriegs-Rüstungen dieses erschrecklichen und grausamen Feindes erfolgte; ließ er ihm/ mit eifriger Sorgfalt/ angelegen seyn/ wie die Stadt Wien befestigt/ und mit einer starken Besatzung versichert werden mögte. Bey den Ständen deß Römischen Reichs/ gieng es desto langsamer zu/ und viel saumseliger/ weder eine so schreckliche Gefahr von dem/ nicht allein der Kron Ungarn/ sondern auch dem Römischen Reich/ über dem Haupt hangendem / Türken-Sebel/ erforderte: weil/ eben um selbige Zeit/ das Reich/ durch den Religions-Streit/ verunruhigt ward/ wordurch das Mißtrauen/ und die Zwietracht/ als die Steine/ daran sich alle glückliche Fortgänge/ samt der Forderung gemeiner Angelegenheit/ hart zu stossen pflegen/ ziemlich-tieff begunnten einzureissen. Daher es / mit der Stadt Wien/ ohne Zweiffel/ übel abgeloffen wäre/ wann nicht/ durch sonderbare Schickung GOttes/ Suldan Solimann/ wider seine Gewonheit/ dißmal etwas spät ins Feld gegangen/ und man unterdessen zu Wien Zeit gewonnen/ sich/ zu Ausstehung einer Belagerung/ recht zu bereiten/ und mit gnugsamer Mannschafft zu versehen. Solchen seinen Verzug wollen etliche dem Groß-Vezir/ Ibrahim/ zuschreiben/ der ihn listig dazu bewogen habe; sintemal seine Zunge deß Solimanns Zügel gewest/ damit jener ihn/ nach Belieben / zu lenken und zu leiten pflegen: und das habe bedeuteter Ibrahim/ weil er den Christlichen Fürsten sehr gewogen gewest/ also angeschickt und eingerichtet/ daß dem Käiser Carl/ und Könige Ferdinand/ inzwischen/ zu einer Gegenverfassung/ nicht die Zeit zerrinnen mögte/ noch die Wein-Stadt/ in ihrer Unbereitschafft/ von der grossen Kriegs - Flut deß Sultans/ verschlungen würde. Solches scheinet auch nicht unglaublich. Dann das Geld findet allenthalben Freunde: und dem Käiser Carl lieferte West-Indien so viel Schätze/ daß es ihm ein Geringes war/ einem Türkischen Groß-Vezir einigen Vortheil / und heimliche Dienst-Erweisung abzukauffen. Massen es zuletzt/ nach etlichen Jahren / dem Ibrahim/ als Solimann gemerkt/ daß er von ihm geäfft und verleitet wäre/ seinen besten Hals gekostet. Wiewol dieses keine völlige Gewißheit/ und die Hinrichtung deß Ibrahims auch wol/ aus andren Ursachen/ mag veranlasset seyn. Dann es kan ein Groß-Vezir seinen Kopf leicht/ beym Groß-Türken/ verscherzen: und wie ein solcher hoher Minister / unter allen andern deß Ottomannischen Reichs/ die höchste Stelle in der Würde besitzt; also hat er gleichfals die höchste/ in der Gefahr tödtlicher Ungnade. Die Fahnen auf den höchsten Thurn-Spitzen wirfft der Wind leichter/ vom Auf-zum Niedergange/ herum/ weder die/ so auf den Giebeln niedriger Gebäue sitzen: also stehen die grösseste und fürnehmste Befehlhaber eines Türkischen Käisers/ und zwar vor allen andren am meisten die Groß-Vezirs/ in der grössesten Unsicherheit Käiserlicher Gnade: Welche/ weil sie/ mit dem Winde/ fast gleichen Bestand hat/ auch gar leicht und offt diejenige/ so von ihr erhoben worden/ endlich wieder zu Bodem stürtzt. Und bekommen insgemein die Groß-Vezirs / von den Sultanen/ einen solchen endlichen Lohn/ wie hälligem Bericht mancher Kundschaffter/ die Gewißheit der starken Kriegs-Rüstungen dieses erschrecklichen und grausamen Feindes erfolgte; ließ er ihm/ mit eifriger Sorgfalt/ angelegen seyn/ wie die Stadt Wien befestigt/ und mit einer starken Besatzung versichert werden mögte. Bey den Ständen deß Römischen Reichs/ gieng es desto langsamer zu/ und viel saumseliger/ weder eine so schreckliche Gefahr von dem/ nicht allein der Kron Ungarn/ sondern auch dem Römischen Reich/ über dem Haupt hangendem / Türken-Sebel/ erforderte: weil/ eben um selbige Zeit/ das Reich/ durch den Religions-Streit/ verunruhigt ward/ wordurch das Mißtrauen/ und die Zwietracht/ als die Steine/ daran sich alle glückliche Fortgänge/ samt der Forderung gemeiner Angelegenheit/ hart zu stossen pflegen/ ziemlich-tieff begunnten einzureissen. Daher es / mit der Stadt Wien/ ohne Zweiffel/ übel abgeloffen wäre/ wann nicht/ durch sonderbare Schickung GOttes/ Suldan Solimann/ wider seine Gewonheit/ dißmal etwas spät ins Feld gegangen/ und man unterdessen zu Wien Zeit gewonnen/ sich/ zu Ausstehung einer Belagerung/ recht zu bereiten/ und mit gnugsamer Mannschafft zu versehen. Solchen seinen Verzug wollen etliche dem Groß-Vezir/ Ibrahim/ zuschreiben/ der ihn listig dazu bewogen habe; sintemal seine Zunge deß Solimanns Zügel gewest/ damit jener ihn/ nach Belieben / zu lenken und zu leiten pflegen: und das habe bedeuteter Ibrahim/ weil er den Christlichen Fürsten sehr gewogen gewest/ also angeschickt und eingerichtet/ daß dem Käiser Carl/ und Könige Ferdinand/ inzwischen/ zu einer Gegenverfassung/ nicht die Zeit zerrinnen mögte/ noch die Wein-Stadt/ in ihrer Unbereitschafft/ von der grossen Kriegs - Flut deß Sultans/ verschlungen würde. Solches scheinet auch nicht unglaublich. Dann das Geld findet allenthalben Freunde: und dem Käiser Carl lieferte West-Indien so viel Schätze/ daß es ihm ein Geringes war/ einem Türkischen Groß-Vezir einigen Vortheil / und heimliche Dienst-Erweisung abzukauffen. Massen es zuletzt/ nach etlichen Jahren / dem Ibrahim/ als Solimann gemerkt/ daß er von ihm geäfft und verleitet wäre/ seinen besten Hals gekostet. Wiewol dieses keine völlige Gewißheit/ und die Hinrichtung deß Ibrahims auch wol/ aus andren Ursachen/ mag veranlasset seyn. Dann es kan ein Groß-Vezir seinen Kopf leicht/ beym Groß-Türken/ verscherzen: und wie ein solcher hoher Minister / unter allen andern deß Ottomannischen Reichs/ die höchste Stelle in der Würde besitzt; also hat er gleichfals die höchste/ in der Gefahr tödtlicher Ungnade. Die Fahnen auf den höchsten Thurn-Spitzen wirfft der Wind leichter/ vom Auf-zum Niedergange/ herum/ weder die/ so auf den Giebeln niedriger Gebäue sitzen: also stehen die grösseste und fürnehmste Befehlhaber eines Türkischen Käisers/ und zwar vor allen andren am meisten die Groß-Vezirs/ in der grössesten Unsicherheit Käiserlicher Gnade: Welche/ weil sie/ mit dem Winde/ fast gleichen Bestand hat/ auch gar leicht und offt diejenige/ so von ihr erhoben worden/ endlich wieder zu Bodem stürtzt. 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Daher es / mit der Stadt Wien/ ohne Zweiffel/ übel abgeloffen wäre/ wann nicht/ durch sonderbare Schickung GOttes/ Suldan Solimann/ wider seine Gewonheit/ dißmal etwas spät ins Feld gegangen/ und man unterdessen zu Wien Zeit gewonnen/ sich/ zu Ausstehung einer Belagerung/ recht zu bereiten/ und mit gnugsamer Mannschafft zu versehen. Solchen seinen Verzug wollen etliche dem Groß-Vezir/ Ibrahim/ zuschreiben/ der ihn listig dazu bewogen habe; sintemal seine Zunge deß Solimanns Zügel gewest/ damit jener ihn/ nach Belieben / zu lenken und zu leiten pflegen: und das habe bedeuteter Ibrahim/ weil er den Christlichen Fürsten sehr gewogen gewest/ also angeschickt und eingerichtet/ daß dem Käiser Carl/ und Könige Ferdinand/ inzwischen/ zu einer Gegenverfassung/ nicht die Zeit zerrinnen mögte/ noch die Wein-Stadt/ in ihrer Unbereitschafft/ von der grossen Kriegs - Flut deß Sultans/ verschlungen würde. Solches scheinet auch nicht unglaublich. Dann das Geld findet allenthalben Freunde: und dem Käiser Carl lieferte West-Indien so viel Schätze/ daß es ihm ein Geringes war/ einem Türkischen Groß-Vezir einigen Vortheil / und heimliche Dienst-Erweisung abzukauffen. Massen es zuletzt/ nach etlichen Jahren / dem Ibrahim/ als Solimann gemerkt/ daß er von ihm geäfft und verleitet wäre/ seinen besten Hals gekostet. Wiewol dieses keine völlige Gewißheit/ und die Hinrichtung deß Ibrahims auch wol/ aus andren Ursachen/ mag veranlasset seyn. Dann es kan ein Groß-Vezir seinen Kopf leicht/ beym Groß-Türken/ verscherzen: und wie ein solcher hoher Minister / unter allen andern deß Ottomannischen Reichs/ die höchste Stelle in der Würde besitzt; also hat er gleichfals die höchste/ in der Gefahr tödtlicher Ungnade. Die Fahnen auf den höchsten Thurn-Spitzen wirfft der Wind leichter/ vom Auf-zum Niedergange/ herum/ weder die/ so auf den Giebeln niedriger Gebäue sitzen: also stehen die grösseste und fürnehmste Befehlhaber eines Türkischen Käisers/ und zwar vor allen andren am meisten die Groß-Vezirs/ in der grössesten Unsicherheit Käiserlicher Gnade: Welche/ weil sie/ mit dem Winde/ fast gleichen Bestand hat/ auch gar leicht und offt diejenige/ so von ihr erhoben worden/ endlich wieder zu Bodem stürtzt. Und bekommen insgemein die Groß-Vezirs / von den Sultanen/ einen solchen endlichen Lohn/ wie </p> </div> </body> </text> </TEI> [92/0100]
hälligem Bericht mancher Kundschaffter/ die Gewißheit der starken Kriegs-Rüstungen dieses erschrecklichen und grausamen Feindes erfolgte; ließ er ihm/ mit eifriger Sorgfalt/ angelegen seyn/ wie die Stadt Wien befestigt/ und mit einer starken Besatzung versichert werden mögte. Bey den Ständen deß Römischen Reichs/ gieng es desto langsamer zu/ und viel saumseliger/ weder eine so schreckliche Gefahr von dem/ nicht allein der Kron Ungarn/ sondern auch dem Römischen Reich/ über dem Haupt hangendem / Türken-Sebel/ erforderte: weil/ eben um selbige Zeit/ das Reich/ durch den Religions-Streit/ verunruhigt ward/ wordurch das Mißtrauen/ und die Zwietracht/ als die Steine/ daran sich alle glückliche Fortgänge/ samt der Forderung gemeiner Angelegenheit/ hart zu stossen pflegen/ ziemlich-tieff begunnten einzureissen. Daher es / mit der Stadt Wien/ ohne Zweiffel/ übel abgeloffen wäre/ wann nicht/ durch sonderbare Schickung GOttes/ Suldan Solimann/ wider seine Gewonheit/ dißmal etwas spät ins Feld gegangen/ und man unterdessen zu Wien Zeit gewonnen/ sich/ zu Ausstehung einer Belagerung/ recht zu bereiten/ und mit gnugsamer Mannschafft zu versehen. Solchen seinen Verzug wollen etliche dem Groß-Vezir/ Ibrahim/ zuschreiben/ der ihn listig dazu bewogen habe; sintemal seine Zunge deß Solimanns Zügel gewest/ damit jener ihn/ nach Belieben / zu lenken und zu leiten pflegen: und das habe bedeuteter Ibrahim/ weil er den Christlichen Fürsten sehr gewogen gewest/ also angeschickt und eingerichtet/ daß dem Käiser Carl/ und Könige Ferdinand/ inzwischen/ zu einer Gegenverfassung/ nicht die Zeit zerrinnen mögte/ noch die Wein-Stadt/ in ihrer Unbereitschafft/ von der grossen Kriegs - Flut deß Sultans/ verschlungen würde. Solches scheinet auch nicht unglaublich. Dann das Geld findet allenthalben Freunde: und dem Käiser Carl lieferte West-Indien so viel Schätze/ daß es ihm ein Geringes war/ einem Türkischen Groß-Vezir einigen Vortheil / und heimliche Dienst-Erweisung abzukauffen. Massen es zuletzt/ nach etlichen Jahren / dem Ibrahim/ als Solimann gemerkt/ daß er von ihm geäfft und verleitet wäre/ seinen besten Hals gekostet. Wiewol dieses keine völlige Gewißheit/ und die Hinrichtung deß Ibrahims auch wol/ aus andren Ursachen/ mag veranlasset seyn. Dann es kan ein Groß-Vezir seinen Kopf leicht/ beym Groß-Türken/ verscherzen: und wie ein solcher hoher Minister / unter allen andern deß Ottomannischen Reichs/ die höchste Stelle in der Würde besitzt; also hat er gleichfals die höchste/ in der Gefahr tödtlicher Ungnade. Die Fahnen auf den höchsten Thurn-Spitzen wirfft der Wind leichter/ vom Auf-zum Niedergange/ herum/ weder die/ so auf den Giebeln niedriger Gebäue sitzen: also stehen die grösseste und fürnehmste Befehlhaber eines Türkischen Käisers/ und zwar vor allen andren am meisten die Groß-Vezirs/ in der grössesten Unsicherheit Käiserlicher Gnade: Welche/ weil sie/ mit dem Winde/ fast gleichen Bestand hat/ auch gar leicht und offt diejenige/ so von ihr erhoben worden/ endlich wieder zu Bodem stürtzt. Und bekommen insgemein die Groß-Vezirs / von den Sultanen/ einen solchen endlichen Lohn/ wie
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/100>, abgerufen am 16.02.2025. |