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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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von der Welt/ und Leerheit
der sichtbaren. Die Sichtbare wird unterschieden/ in die Himmlische/ und
Elementarische. Die Unsichtbare findet man nicht/ bey allen/ in glei-
chem Verstande. Denn die Platonische Sect verstehet dadurch eine
idealische Gestalt-Welt/ oder das jenige Welt-Muster/ welches GOtt/
ihrer Meinung nach/ vor der sichtbaren Welt/ erschaffen/ und diese dar-
nach gebildet: weßwegen sie es auch Mundum arche-typum, das
Ur-Bild der Welt/
zu nennen pflegen. Von den Christen/ wird sie ge-
nommen/ für den Himmel der Engel. Daß sonst der Menschen Eitel-
keit und Ruchlosigkeit auch/ in der Göttlichen Schrifft/ Welt benamset
werde/ braucht keiner sonderbaren Erklärung; weil die tägliche Ubung
dieses Worts gnugsam weiset/ was damit werde gemeint.

Winterschild. Es streiten bisweilen die Federn der Gelehrten mitWas die
Welt sey?

einander über dem/ was die Welt sey; gleichwie die Schwerter der Ge-
waltigen/ um das/ was in der Welt/ auch wol um die Stücke und Thei-
le der Welt selbst. Wie beschreibt uns aber der Herr doch die Welt?

Adlerhaupt. Sie streiten freylich beyderseits: und gewinnen offt
die jenige/ so das meiste von der Welt begehren/ am allerwenigsten. Aber
wir lassen sie ihre Händel/ durch die Schärffe/ mit einander ausführen:
und geben hier den Meinungen der Gelehrten das Ohr/ die/ in ihren Krie-
gen/ kein andres als das Blut ihrer Federn/ die Dinte/ vergiessen. Etli-
che derselben halten die Welt für ein grosses lebendiges Thier/ und schrei-
ben ihr eine Seele zu: wovon bald hernach ein mehrers. Pythagoras
hat die Welt to olon periokhen einen Begriff aller Dinge genannt: (a) (a) Apud
Plutarchum
in Galeno.

Lucretius/ die Summa aller Summen/ oder Summa Summarum
(b) Andre/ das gantze Wesen aller Dinge/ darinn alles enthalten/(b) Lucret.
3. & 5.

und ausser welchem sonst Nichts ist. Wer solcher Beschreibungen
mehr verlangte; dem könnte Apulejus (c) damit dienen. Keine/ unter(c) 1. de
Dogm. Plat.

jetzt-gesetzten dreyen Beschreibungen/ ist verwerfflich; so man die Welt
in weitläufftigem Verstande nimt/ für einen Begriff aller Geschöpffe/
oder erschaffenen Dinge. Jch aber verstehe/ an diesem Ort/ allein die
Sichtbare Welt: welche ist eine wolgeordnete Zusammenfügung
(d) Himmels und der Erden/ und derjenigen Körper/ so dazwi-(d) suste-
ma, seu
Compages.

schen sind: oder ein Gebäu/ aus Himmel/ und Erden/ und denen
Naturen/ zusammen gesetzt/ so darinn enthalten.
Unter dem
Wort Erde aber/ begreiffe ich alle Elementen zugleich. Welches eigent-
lich diejenige Welt ist/ so Pythagoras Kosmon, einen Geschmuck/ eine
Zier/ genannt.

Von dieser sichtbaren Welt/ hat sich/ unter uns/ kurtz zuvor/ die
Frage erhoben/ ob sie/ die sonst ein Gebäu/ so aus mancherley Körpern zu-

sammen
F iij

von der Welt/ und Leerheit
der ſichtbaren. Die Sichtbare wird unterſchieden/ in die Himmliſche/ und
Elementariſche. Die Unſichtbare findet man nicht/ bey allen/ in glei-
chem Verſtande. Denn die Platoniſche Sect verſtehet dadurch eine
idealiſche Geſtalt-Welt/ oder das jenige Welt-Muſter/ welches GOtt/
ihrer Meinung nach/ vor der ſichtbaren Welt/ erſchaffen/ und dieſe dar-
nach gebildet: weßwegen ſie es auch Mundum arche-typum, das
Ur-Bild der Welt/
zu nennen pflegen. Von den Chriſten/ wird ſie ge-
nommen/ fuͤr den Himmel der Engel. Daß ſonſt der Menſchen Eitel-
keit und Ruchloſigkeit auch/ in der Goͤttlichen Schrifft/ Welt benamſet
werde/ braucht keiner ſonderbaren Erklaͤrung; weil die taͤgliche Ubung
dieſes Worts gnugſam weiſet/ was damit werde gemeint.

Winterſchild. Es ſtreiten bisweilen die Federn der Gelehrten mitWas die
Welt ſey?

einander uͤber dem/ was die Welt ſey; gleichwie die Schwerter der Ge-
waltigen/ um das/ was in der Welt/ auch wol um die Stuͤcke und Thei-
le der Welt ſelbſt. Wie beſchreibt uns aber der Herꝛ doch die Welt?

Adlerhaupt. Sie ſtreiten freylich beyderſeits: und gewinnen offt
die jenige/ ſo das meiſte von der Welt begehren/ am allerwenigſten. Aber
wir laſſen ſie ihre Haͤndel/ durch die Schaͤrffe/ mit einander ausfuͤhren:
und geben hier den Meinungen der Gelehrten das Ohr/ die/ in ihren Krie-
gen/ kein andres als das Blut ihrer Federn/ die Dinte/ vergieſſen. Etli-
che derſelben halten die Welt fuͤr ein groſſes lebendiges Thier/ und ſchrei-
ben ihr eine Seele zu: wovon bald hernach ein mehrers. Pythagoras
hat die Welt τῶ ὅλων περιοχὴν einen Begriff aller Dinge genannt: (a) (a) Apud
Plutarchum
in Galeno.

Lucretius/ die Summa aller Summen/ oder Summa Summarum
(b) Andre/ das gantze Weſen aller Dinge/ darinn alles enthalten/(b) Lucret.
3. & 5.

und auſſer welchem ſonſt Nichts iſt. Wer ſolcher Beſchreibungen
mehr verlangte; dem koͤnnte Apulejus (c) damit dienen. Keine/ unter(c) 1. de
Dogm. Plat.

jetzt-geſetzten dreyen Beſchreibungen/ iſt verwerfflich; ſo man die Welt
in weitlaͤufftigem Verſtande nimt/ fuͤr einen Begriff aller Geſchoͤpffe/
oder erſchaffenen Dinge. Jch aber verſtehe/ an dieſem Ort/ allein die
Sichtbare Welt: welche iſt eine wolgeordnete Zuſammenfuͤgung
(d) Himmels und der Erden/ und derjenigen Koͤrper/ ſo dazwi-(d) σύστη-
μα, ſeu
Compages.

ſchen ſind: oder ein Gebaͤu/ aus Himmel/ und Erden/ und denen
Naturen/ zuſammen geſetzt/ ſo darinn enthalten.
Unter dem
Wort Erde aber/ begreiffe ich alle Elementen zugleich. Welches eigent-
lich diejenige Welt iſt/ ſo Pythagoras Κόσμον, einen Geſchmuck/ eine
Zier/ genannt.

Von dieſer ſichtbaren Welt/ hat ſich/ unter uns/ kurtz zuvor/ die
Frage erhoben/ ob ſie/ die ſonſt ein Gebaͤu/ ſo aus mancherley Koͤrpern zu-

ſammen
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[45/0071] von der Welt/ und Leerheit der ſichtbaren. Die Sichtbare wird unterſchieden/ in die Himmliſche/ und Elementariſche. Die Unſichtbare findet man nicht/ bey allen/ in glei- chem Verſtande. Denn die Platoniſche Sect verſtehet dadurch eine idealiſche Geſtalt-Welt/ oder das jenige Welt-Muſter/ welches GOtt/ ihrer Meinung nach/ vor der ſichtbaren Welt/ erſchaffen/ und dieſe dar- nach gebildet: weßwegen ſie es auch Mundum arche-typum, das Ur-Bild der Welt/ zu nennen pflegen. Von den Chriſten/ wird ſie ge- nommen/ fuͤr den Himmel der Engel. Daß ſonſt der Menſchen Eitel- keit und Ruchloſigkeit auch/ in der Goͤttlichen Schrifft/ Welt benamſet werde/ braucht keiner ſonderbaren Erklaͤrung; weil die taͤgliche Ubung dieſes Worts gnugſam weiſet/ was damit werde gemeint. Winterſchild. Es ſtreiten bisweilen die Federn der Gelehrten mit einander uͤber dem/ was die Welt ſey; gleichwie die Schwerter der Ge- waltigen/ um das/ was in der Welt/ auch wol um die Stuͤcke und Thei- le der Welt ſelbſt. Wie beſchreibt uns aber der Herꝛ doch die Welt? Was die Welt ſey? Adlerhaupt. Sie ſtreiten freylich beyderſeits: und gewinnen offt die jenige/ ſo das meiſte von der Welt begehren/ am allerwenigſten. Aber wir laſſen ſie ihre Haͤndel/ durch die Schaͤrffe/ mit einander ausfuͤhren: und geben hier den Meinungen der Gelehrten das Ohr/ die/ in ihren Krie- gen/ kein andres als das Blut ihrer Federn/ die Dinte/ vergieſſen. Etli- che derſelben halten die Welt fuͤr ein groſſes lebendiges Thier/ und ſchrei- ben ihr eine Seele zu: wovon bald hernach ein mehrers. Pythagoras hat die Welt τῶ ὅλων περιοχὴν einen Begriff aller Dinge genannt: (a) Lucretius/ die Summa aller Summen/ oder Summa Summarum (b) Andre/ das gantze Weſen aller Dinge/ darinn alles enthalten/ und auſſer welchem ſonſt Nichts iſt. Wer ſolcher Beſchreibungen mehr verlangte; dem koͤnnte Apulejus (c) damit dienen. Keine/ unter jetzt-geſetzten dreyen Beſchreibungen/ iſt verwerfflich; ſo man die Welt in weitlaͤufftigem Verſtande nimt/ fuͤr einen Begriff aller Geſchoͤpffe/ oder erſchaffenen Dinge. Jch aber verſtehe/ an dieſem Ort/ allein die Sichtbare Welt: welche iſt eine wolgeordnete Zuſammenfuͤgung (d) Himmels und der Erden/ und derjenigen Koͤrper/ ſo dazwi- ſchen ſind: oder ein Gebaͤu/ aus Himmel/ und Erden/ und denen Naturen/ zuſammen geſetzt/ ſo darinn enthalten. Unter dem Wort Erde aber/ begreiffe ich alle Elementen zugleich. Welches eigent- lich diejenige Welt iſt/ ſo Pythagoras Κόσμον, einen Geſchmuck/ eine Zier/ genannt. (a) Apud Plutarchum in Galeno. (b) Lucret. 3. & 5. (c) 1. de Dogm. Plat. (d) σύστη- μα, ſeu Compages. Von dieſer ſichtbaren Welt/ hat ſich/ unter uns/ kurtz zuvor/ die Frage erhoben/ ob ſie/ die ſonſt ein Gebaͤu/ ſo aus mancherley Koͤrpern zu- ſammen F iij

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/71>, abgerufen am 27.11.2024.