institutis etiam illa generatur impietas, ut Sol inchoatione diurnae lucis exsurgens, a quibusdam insipientioribus de locis eminentiori- bus adoretur. Quod nonnulli etiam Christiani adeo se religiose fa- cere putant, ut priusquam ad B. Petri Apostoli Basilicam, quae uni Deo vivo & vero est dedicata, perveniant, superatis gradibus, quibus ad suggestum arae superioris ascenditur, converso corpore ad nascentem se Solem reflectant, & curvatis cervicibus in honorem se splendidi orbis inclinent. Quod fieri partim ignorantiae vitio, par- tim paganitatis spiritu, multum tabescimus & dolemus.(a) Ob nun solches zwar ein grosser Jrrthum; ist es nichts destoweniger eine Anzeigung der wunderreichen Beschaffenheit dieses hochedlen und ausbündig-schö- nen Gestirns/ und demnach nicht wider die Vernunfft/ daß mein Herr Winterschild lieber die Sonne/ in ihrer Gestalt/ Grösse/ und Zier/ von nahem sehen möchte/ wie Eudoxus gewünschet; weder die Stadt Rom/ in ihrer vorigen Bluhm. Denn/ an derselbigen/ würde er nichts/ als eitelen Pracht/ Stoltz/ Hochmut/ und Tyranney über die Welt/ und ein üppiges vergängliches Wesen/ ja viel hundert Greuel der Abgöt- tereyen/ den rechten Stuhl deß Drachen/ und manch tausend vermar- melte böse Geister/ will sagen zierliche Götzen-Bilder/ und stoltze Paläste deß Teuffels/ prächtige Häuser deß Todes/ das ist hoch-kostbare grosse heidnische Tempel/ schauen: an dieser schönen Kreatur aber/ einen grossen güldenen Tempel/ der viel grösser/ als Rom/ samt dem gantzen Erdbo- dem; darinn die Natur uns/ von der Allmacht/ Güte und Weisheit Gottes/ alle Tage predigt.
Unter dessen muß ich doch bekennen/ Eudoxus habe seine Bitte nicht allerdings/ als ein verständiger Astronomus eingerichtet: nicht eben dar- um/ weil er die Sonne/ in der Nähe/ zu sehen/ gewünschet; sondern weil er auch/ ihre Grösse zu schauen/ begehret. Denn das war eben so viel gebeten/ als die Götter möchten ihm seine menschliche Natur verän- dren/ daß er eine so grosse Kugel/ die kein menschliches Auge begreiffen kan/ völlig ins Gesicht fassen könnte. Können wir doch nicht unseres Erdbodens Grösse/ mit den Augen/ ermessen; wie solten wir denn eine solche Kugel/ die vielmal den Erdboden übergrössert/ darinn beschliessen? Wäre Eudoxus der Sonnen am allernechsten gekommen; so hätte er bey weitem keinen so grossen Theil von ihr gesehen/ als der jenige/ welcher uns sichtbar ist: wiewol die grausame Höhe und Ferne uns denselben nur gar klein fürstellet.
Goldstern. Eudoxus wäre hierinn noch wol zu verantworten.
Denn
(a)Leo Magn. Serm. 7. c. 4. de Nativit. Dom.
O o o o
Von der Sonnen.
inſtitutis etiam illa generatur impietas, ut Sol inchoatione diurnæ lucis exſurgens, à quibusdam inſipientioribus de locis eminentiori- bus adoretur. Quod nonnulli etiam Chriſtiani adeò ſe religiosè fa- cere putant, ut priusquam ad B. Petri Apoſtoli Baſilicam, quæ uni Deo vivo & vero eſt dedicata, perveniant, ſuperatis gradibus, quibus ad ſuggeſtum aræ ſuperioris aſcenditur, converſo corpore ad naſcentem ſe Solem reflectant, & curvatis cervicibus in honorem ſe ſplendidi orbis inclinent. Quod fieri partim ignorantiæ vitio, par- tim paganitatis ſpiritu, multum tabeſcimus & dolemus.(a) Ob nun ſolches zwar ein groſſer Jrꝛthum; iſt es nichts deſtoweniger eine Anzeigung der wunderreichen Beſchaffenheit dieſes hochedlen und ausbuͤndig-ſchoͤ- nen Geſtirns/ und demnach nicht wider die Vernunfft/ daß mein Herꝛ Winterſchild lieber die Sonne/ in ihrer Geſtalt/ Groͤſſe/ und Zier/ von nahem ſehen moͤchte/ wie Eudoxus gewuͤnſchet; weder die Stadt Rom/ in ihrer vorigen Bluhm. Denn/ an derſelbigen/ wuͤrde er nichts/ als eitelen Pracht/ Stoltz/ Hochmut/ und Tyranney uͤber die Welt/ und ein uͤppiges vergaͤngliches Weſen/ ja viel hundert Greuel der Abgoͤt- tereyen/ den rechten Stuhl deß Drachen/ und manch tauſend vermar- melte boͤſe Geiſter/ will ſagen zierliche Goͤtzen-Bilder/ und ſtoltze Palaͤſte deß Teuffels/ praͤchtige Haͤuſer deß Todes/ das iſt hoch-koſtbare groſſe heidniſche Tempel/ ſchauen: an dieſer ſchoͤnen Kreatur aber/ einen groſſen guͤldenen Tempel/ der viel groͤſſer/ als Rom/ ſamt dem gantzen Erdbo- dem; darinn die Natur uns/ von der Allmacht/ Guͤte und Weisheit Gottes/ alle Tage predigt.
Unter deſſen muß ich doch bekennen/ Eudoxus habe ſeine Bitte nicht allerdings/ als ein verſtaͤndiger Aſtronomus eingerichtet: nicht eben dar- um/ weil er die Sonne/ in der Naͤhe/ zu ſehen/ gewuͤnſchet; ſondern weil er auch/ ihre Groͤſſe zu ſchauen/ begehret. Denn das war eben ſo viel gebeten/ als die Goͤtter moͤchten ihm ſeine menſchliche Natur veraͤn- dren/ daß er eine ſo groſſe Kugel/ die kein menſchliches Auge begreiffen kan/ voͤllig ins Geſicht faſſen koͤnnte. Koͤnnen wir doch nicht unſeres Erdbodens Groͤſſe/ mit den Augen/ ermeſſen; wie ſolten wir denn eine ſolche Kugel/ die vielmal den Erdboden uͤbergroͤſſert/ darinn beſchlieſſen? Waͤre Eudoxus der Sonnen am allernechſten gekommen; ſo haͤtte er bey weitem keinen ſo groſſen Theil von ihr geſehen/ als der jenige/ welcher uns ſichtbar iſt: wiewol die grauſame Hoͤhe und Ferne uns denſelben nur gar klein fuͤrſtellet.
Goldſtern. Eudoxus waͤre hierinn noch wol zu verantworten.
Denn
(a)Leo Magn. Serm. 7. c. 4. de Nativit. Dom.
O o o o
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[657/0703]
Von der Sonnen.
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lucis exſurgens, à quibusdam inſipientioribus de locis eminentiori-
bus adoretur. Quod nonnulli etiam Chriſtiani adeò ſe religiosè fa-
cere putant, ut priusquam ad B. Petri Apoſtoli Baſilicam, quæ uni
Deo vivo & vero eſt dedicata, perveniant, ſuperatis gradibus,
quibus ad ſuggeſtum aræ ſuperioris aſcenditur, converſo corpore ad
naſcentem ſe Solem reflectant, & curvatis cervicibus in honorem ſe
ſplendidi orbis inclinent. Quod fieri partim ignorantiæ vitio, par-
tim paganitatis ſpiritu, multum tabeſcimus & dolemus. (a) Ob nun
ſolches zwar ein groſſer Jrꝛthum; iſt es nichts deſtoweniger eine Anzeigung
der wunderreichen Beſchaffenheit dieſes hochedlen und ausbuͤndig-ſchoͤ-
nen Geſtirns/ und demnach nicht wider die Vernunfft/ daß mein Herꝛ
Winterſchild lieber die Sonne/ in ihrer Geſtalt/ Groͤſſe/ und Zier/
von nahem ſehen moͤchte/ wie Eudoxus gewuͤnſchet; weder die Stadt
Rom/ in ihrer vorigen Bluhm. Denn/ an derſelbigen/ wuͤrde er nichts/
als eitelen Pracht/ Stoltz/ Hochmut/ und Tyranney uͤber die Welt/
und ein uͤppiges vergaͤngliches Weſen/ ja viel hundert Greuel der Abgoͤt-
tereyen/ den rechten Stuhl deß Drachen/ und manch tauſend vermar-
melte boͤſe Geiſter/ will ſagen zierliche Goͤtzen-Bilder/ und ſtoltze Palaͤſte
deß Teuffels/ praͤchtige Haͤuſer deß Todes/ das iſt hoch-koſtbare groſſe
heidniſche Tempel/ ſchauen: an dieſer ſchoͤnen Kreatur aber/ einen groſſen
guͤldenen Tempel/ der viel groͤſſer/ als Rom/ ſamt dem gantzen Erdbo-
dem; darinn die Natur uns/ von der Allmacht/ Guͤte und Weisheit
Gottes/ alle Tage predigt.
Unter deſſen muß ich doch bekennen/ Eudoxus habe ſeine Bitte nicht
allerdings/ als ein verſtaͤndiger Aſtronomus eingerichtet: nicht eben dar-
um/ weil er die Sonne/ in der Naͤhe/ zu ſehen/ gewuͤnſchet; ſondern
weil er auch/ ihre Groͤſſe zu ſchauen/ begehret. Denn das war eben ſo
viel gebeten/ als die Goͤtter moͤchten ihm ſeine menſchliche Natur veraͤn-
dren/ daß er eine ſo groſſe Kugel/ die kein menſchliches Auge begreiffen
kan/ voͤllig ins Geſicht faſſen koͤnnte. Koͤnnen wir doch nicht unſeres
Erdbodens Groͤſſe/ mit den Augen/ ermeſſen; wie ſolten wir denn eine
ſolche Kugel/ die vielmal den Erdboden uͤbergroͤſſert/ darinn beſchlieſſen?
Waͤre Eudoxus der Sonnen am allernechſten gekommen; ſo haͤtte er bey
weitem keinen ſo groſſen Theil von ihr geſehen/ als der jenige/ welcher
uns ſichtbar iſt: wiewol die grauſame Hoͤhe und Ferne uns denſelben nur
gar klein fuͤrſtellet.
Goldſtern. Eudoxus waͤre hierinn noch wol zu verantworten.
Denn
(a) Leo Magn. Serm. 7. c. 4. de Nativit. Dom.
O o o o
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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/703>, abgerufen am 23.12.2024.
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