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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der erste Discurs/ von der Natur aller Dinge/
Materi zur andren gelangen können. Gesetzt derhalben/ die Resolvirung
geschehe stets wiederum in die andre Materi: so muß doch etwas seyn/
das/ indem solche Veränderung geschicht/ solchem Abwechsel zum Unter-
halt diene/ damit die Korporeität oder das leibliche Wesen selbiger Ma-
teri/ oder desselben Elements/ welches verändert werden soll/ nicht gar
verschwinde/ bevor eine neue Form ist eingeführt worden. Dieser ge-
meiner Unterhalt nun ist eben der allgemeine Urstoff (oder die erste Mate-
ria
) welcher sich/ weder vor oder nach Ankunfft der zweyten Materi ver-
liert/ noch in dieselbe verwandelt; sondern in/ und mit/ und unter dersel-
ben/ sich befindet/ als wie ein Unvollkommenes unter dem Vollkommenen.
Denn der Herr muß die erste nicht also betrachten/ als ob sie wesentlich/
von der andren/ in so weit/ als sie materialisch ist/ und gleichsam der Zahl
nach/ gar unterschieden wäre: sondern Erste wird sie nur darum genannt/
weil sie noch keine gewisse Form oder Gestalt/ sondern allein eine bequeme
Fähigkeit zu allerley Formen hat: Andre aber darum/ und alsdenn/ wenn
sie eine rechte Bildung/ natürliche Vollkommenheit/ und Gestalt erlan-
get hat. Durch Gleichnissen wird uns dieses etwas liechter und heller
werden. Der Zucker- und Confect-Becker greifft/ in ein Vaß/ darinn
viel Pfund gestossenen Hut-Zuckers enthalten: etliche Hände voll nimmt
er zum Zimmet-Zucker; etliche/ die Mandeln damit zu überziehen; etliche/
Marzepan davon zu backen; etliche Citronen/ Citrinat/ Pomerantzen/
damit zu verkrystalliren; etliche/ andre Sachen damit zu kandiren; etliche/
den Veil/ oder die Rosen/ oder Näglein/ oder Rosmarin-Blühe/ damit
einzustossen; etliche zum Kalmes/ Wegwarten oder Zikurien/ und derglei-
chen. Der Veil-Zucker/ der Rosen-Zucker/ Marzepan/ Kandel-Zucker/
und alle die vorerzehlte Confecten/ sind nunmehr/ nach der Zubereitung/
jedes ein besonderer Zucker/ und eins vom andren unterschieden; unter ei-
nem dennoch so wol/ als unter dem andren/ einerley Zucker (wenn anders
einerley dazu genommen worden) begriffen. Gleich also steckt die erste
Materi/ unter der andren/ verborgen. Eine andre Feuchtigkeit hat der
Reben-Stock; eine andre der Apffel-Baum/ eine andre die Rose/ eine
andre die Kirschen/ eine andre die Quitten/ und Prunellen/ eine andre
das Metall. Der Limonien-Safft ist gantz anders geartet/ als der Maul-
beer-Safft. Unterdessen haben doch alle die Feuchtigkeit und Nässe
miteinander gemein: und ist ein jedweder der genannten Säffte/ von der
allgemeinen Feuchtigkeit/ ein gewisser Theil/ ist so wol Wasser/ als das ge-
meine Wasser; aber anders gemischet/ und von der Natur oder Kunst
also zugerichtet/ daß mans kein allgemeines/ sondern ein andres und be-
sonderes Wasser nennen muß. Scaliger gibt ein Gleichniß/ von dem

Wachs/

Der erſte Discurs/ von der Natur aller Dinge/
Materi zur andren gelangen koͤnnen. Geſetzt derhalben/ die Reſolvirung
geſchehe ſtets wiederum in die andre Materi: ſo muß doch etwas ſeyn/
das/ indem ſolche Veraͤnderung geſchicht/ ſolchem Abwechſel zum Unter-
halt diene/ damit die Korporeitaͤt oder das leibliche Weſen ſelbiger Ma-
teri/ oder deſſelben Elements/ welches veraͤndert werden ſoll/ nicht gar
verſchwinde/ bevor eine neue Form iſt eingefuͤhrt worden. Dieſer ge-
meiner Unterhalt nun iſt eben der allgemeine Urſtoff (oder die erſte Mate-
ria
) welcher ſich/ weder vor oder nach Ankunfft der zweyten Materi ver-
liert/ noch in dieſelbe verwandelt; ſondern in/ und mit/ und unter derſel-
ben/ ſich befindet/ als wie ein Unvollkommenes unter dem Vollkommenen.
Denn der Herꝛ muß die erſte nicht alſo betrachten/ als ob ſie weſentlich/
von der andren/ in ſo weit/ als ſie materialiſch iſt/ und gleichſam der Zahl
nach/ gar unterſchieden waͤre: ſondern Erſte wird ſie nur darum genannt/
weil ſie noch keine gewiſſe Form oder Geſtalt/ ſondern allein eine bequeme
Faͤhigkeit zu allerley Formen hat: Andre aber darum/ und alsdenn/ wenn
ſie eine rechte Bildung/ natuͤrliche Vollkommenheit/ und Geſtalt erlan-
get hat. Durch Gleichniſſen wird uns dieſes etwas liechter und heller
werden. Der Zucker- und Confect-Becker greifft/ in ein Vaß/ darinn
viel Pfund geſtoſſenen Hut-Zuckers enthalten: etliche Haͤnde voll nimmt
er zum Zimmet-Zucker; etliche/ die Mandeln damit zu uͤberziehen; etliche/
Marzepan davon zu backen; etliche Citronen/ Citrinat/ Pomerantzen/
damit zu verkryſtalliren; etliche/ andre Sachen damit zu kandiren; etliche/
den Veil/ oder die Roſen/ oder Naͤglein/ oder Rosmarin-Bluͤhe/ damit
einzuſtoſſen; etliche zum Kalmes/ Wegwarten oder Zikurien/ und derglei-
chen. Der Veil-Zucker/ der Roſen-Zucker/ Marzepan/ Kandel-Zucker/
und alle die vorerzehlte Confecten/ ſind nunmehr/ nach der Zubereitung/
jedes ein beſonderer Zucker/ und eins vom andren unterſchieden; unter ei-
nem dennoch ſo wol/ als unter dem andren/ einerley Zucker (wenn anders
einerley dazu genommen worden) begriffen. Gleich alſo ſteckt die erſte
Materi/ unter der andren/ verborgen. Eine andre Feuchtigkeit hat der
Reben-Stock; eine andre der Apffel-Baum/ eine andre die Roſe/ eine
andre die Kirſchen/ eine andre die Quitten/ und Prunellen/ eine andre
das Metall. Der Limonien-Safft iſt gantz anders geartet/ als der Maul-
beer-Safft. Unterdeſſen haben doch alle die Feuchtigkeit und Naͤſſe
miteinander gemein: und iſt ein jedweder der genannten Saͤffte/ von der
allgemeinen Feuchtigkeit/ ein gewiſſer Theil/ iſt ſo wol Waſſer/ als das ge-
meine Waſſer; aber anders gemiſchet/ und von der Natur oder Kunſt
alſo zugerichtet/ daß mans kein allgemeines/ ſondern ein andres und be-
ſonderes Waſſer nennen muß. Scaliger gibt ein Gleichniß/ von dem

Wachs/
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[42/0068] Der erſte Discurs/ von der Natur aller Dinge/ Materi zur andren gelangen koͤnnen. Geſetzt derhalben/ die Reſolvirung geſchehe ſtets wiederum in die andre Materi: ſo muß doch etwas ſeyn/ das/ indem ſolche Veraͤnderung geſchicht/ ſolchem Abwechſel zum Unter- halt diene/ damit die Korporeitaͤt oder das leibliche Weſen ſelbiger Ma- teri/ oder deſſelben Elements/ welches veraͤndert werden ſoll/ nicht gar verſchwinde/ bevor eine neue Form iſt eingefuͤhrt worden. Dieſer ge- meiner Unterhalt nun iſt eben der allgemeine Urſtoff (oder die erſte Mate- ria) welcher ſich/ weder vor oder nach Ankunfft der zweyten Materi ver- liert/ noch in dieſelbe verwandelt; ſondern in/ und mit/ und unter derſel- ben/ ſich befindet/ als wie ein Unvollkommenes unter dem Vollkommenen. Denn der Herꝛ muß die erſte nicht alſo betrachten/ als ob ſie weſentlich/ von der andren/ in ſo weit/ als ſie materialiſch iſt/ und gleichſam der Zahl nach/ gar unterſchieden waͤre: ſondern Erſte wird ſie nur darum genannt/ weil ſie noch keine gewiſſe Form oder Geſtalt/ ſondern allein eine bequeme Faͤhigkeit zu allerley Formen hat: Andre aber darum/ und alsdenn/ wenn ſie eine rechte Bildung/ natuͤrliche Vollkommenheit/ und Geſtalt erlan- get hat. Durch Gleichniſſen wird uns dieſes etwas liechter und heller werden. Der Zucker- und Confect-Becker greifft/ in ein Vaß/ darinn viel Pfund geſtoſſenen Hut-Zuckers enthalten: etliche Haͤnde voll nimmt er zum Zimmet-Zucker; etliche/ die Mandeln damit zu uͤberziehen; etliche/ Marzepan davon zu backen; etliche Citronen/ Citrinat/ Pomerantzen/ damit zu verkryſtalliren; etliche/ andre Sachen damit zu kandiren; etliche/ den Veil/ oder die Roſen/ oder Naͤglein/ oder Rosmarin-Bluͤhe/ damit einzuſtoſſen; etliche zum Kalmes/ Wegwarten oder Zikurien/ und derglei- chen. Der Veil-Zucker/ der Roſen-Zucker/ Marzepan/ Kandel-Zucker/ und alle die vorerzehlte Confecten/ ſind nunmehr/ nach der Zubereitung/ jedes ein beſonderer Zucker/ und eins vom andren unterſchieden; unter ei- nem dennoch ſo wol/ als unter dem andren/ einerley Zucker (wenn anders einerley dazu genommen worden) begriffen. Gleich alſo ſteckt die erſte Materi/ unter der andren/ verborgen. Eine andre Feuchtigkeit hat der Reben-Stock; eine andre der Apffel-Baum/ eine andre die Roſe/ eine andre die Kirſchen/ eine andre die Quitten/ und Prunellen/ eine andre das Metall. Der Limonien-Safft iſt gantz anders geartet/ als der Maul- beer-Safft. Unterdeſſen haben doch alle die Feuchtigkeit und Naͤſſe miteinander gemein: und iſt ein jedweder der genannten Saͤffte/ von der allgemeinen Feuchtigkeit/ ein gewiſſer Theil/ iſt ſo wol Waſſer/ als das ge- meine Waſſer; aber anders gemiſchet/ und von der Natur oder Kunſt alſo zugerichtet/ daß mans kein allgemeines/ ſondern ein andres und be- ſonderes Waſſer nennen muß. Scaliger gibt ein Gleichniß/ von dem Wachs/

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/68>, abgerufen am 27.11.2024.