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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der funffzehende Discurs/
ben/ von Horizont immer höher/ bis sie/ an das Ziel vorbemeldter weite-
ster Entfernung gelangt: alsdenn nahet sie sich wiederum zu der Sonnen/
und wird/ früh-morgens/ heliace verdeckt/ das ist/ verbirgt sich unter
den Stralen der Sonnen; verweilet auch/ unter solchem guldnem Für-
hange deß Sonnen-Glantzes/ bis der Abend sie sichtbar macht/ das sie
alsdenn heliace wiederum herausbricht/ auch bey folgenden Nächten/
wenn die Sonne nidergeht/ immer höher steiget/ und abermal von ihr
wegreiset/ bis an bedeutetes Ziel-Mal ihrer grössesten elongation, oder
fernesten Entweichung: nach dessen Uberschreitung/ sie der Sonnen wie-
derum entgegen kommt; bis sie/ zu Abends/ heliace untergehet. Dar-
aus es erhellet/ daß dieser Stern bisweilen in dem motu proprio ge-
schwinder laufft/ denn die Sonne; wenn er nemlich/ nach der frühmor-
gendlichen digression, zu ihr gehet/ und ihr vorkommt; oder Abends/
nach dem Ortu heliaco, von ihr weichet/ auf das Ziel der weitesten Ent-
fernung zu: bisweilen aber langsamer; wenn er nemlich/ nach der abend-
lichen grössesten digression, zu ihr wieder umkehret; oder frühmorgends/
nach dem ortu heliaco, von ihr zurückweichet in antecedentia, und ge-
gen dem Zielmal der grössesten Entfernung zuwandert.

Schönwald. Mein Herr beliebe doch/ uns einen rechten Augen-
Schein fürzustellen/ daran wir erkennen mögen die Unfehlbarkeit/ daß
die Venus weder allezeit oben/ noch stets unter der Sonnen/ schwebe;
wie theils der Alten gemeynet; sondern/ um dieselbe herum lauffe.

Beweiß/ daß
Venus bald
über bald
unter der
Sonnen
lauffe.
Goldstern. Jch habe zwar dessen allbereit einigen vernünfftigen
Beweis ertheilet: weil aber jetzt mein Herr denselben gern/ in seine Augen/
fassen will; kan solches am füglichsten geschehen/ bey Fürstellung der Fi-
gur/ die ich vorhin dem Herrn/ aus dem Scheinero/ fürgerissen. An der-
selben haben wir zuforderst erkannt die Schein-verändrung dieses Pla-
neten. Aus solcher Gestalt-Wechselung/ muß folgen/ Venus müsse/ über
und unter der Sonnen/ lauffen: Uber der Sonnen: weil sie droben gantz
erscheint/ und trefflich klein: welches unmöglich/ unter der Sonnen/ ge-
schehen könnte: denn weil sie von Natur ein tunckler Körper; würde sie/
solcher Gestalt/ immerzu gehalbirt erscheinen. Aus dem aber/ daß sie
halbirt gesehen wird/ beweiset Scheinerus ihren Lauff unter der Sonnen/
in der Figur/ so ich dem Herrn für gezeichnet/ also.

Das Auge B. und die Lini B L. wie auch der Zirckel L F M L. und der
erleuchteten Venerischen Halb-Kugel Begriff oder Ziel und End/ befin-
den sich/ in eodem plano, auf einer Ebne: weil der Bogen L F M. dem
Auge erscheint in gerader Lini. Und weil die gerade Lini FA. so die Centra
F.
und A. zusammen fügt/ dem Zirckel LFML. bey rechten geraden Win-

ckeln

Der funffzehende Discurs/
ben/ von Horizont immer hoͤher/ bis ſie/ an das Ziel vorbemeldter weite-
ſter Entfernung gelangt: alsdenn nahet ſie ſich wiederum zu der Sonnen/
und wird/ fruͤh-morgens/ heliacè verdeckt/ das iſt/ verbirgt ſich unter
den Stralen der Sonnen; verweilet auch/ unter ſolchem guldnem Fuͤr-
hange deß Sonnen-Glantzes/ bis der Abend ſie ſichtbar macht/ das ſie
alsdenn heliacè wiederum herausbricht/ auch bey folgenden Naͤchten/
wenn die Sonne nidergeht/ immer hoͤher ſteiget/ und abermal von ihr
wegreiſet/ bis an bedeutetes Ziel-Mal ihrer groͤſſeſten elongation, oder
ferneſten Entweichung: nach deſſen Uberſchreitung/ ſie der Sonnen wie-
derum entgegen kommt; bis ſie/ zu Abends/ heliacè untergehet. Dar-
aus es erhellet/ daß dieſer Stern bisweilen in dem motu proprio ge-
ſchwinder laufft/ denn die Sonne; wenn er nemlich/ nach der fruͤhmor-
gendlichen digreſſion, zu ihr gehet/ und ihr vorkommt; oder Abends/
nach dem Ortu heliaco, von ihr weichet/ auf das Ziel der weiteſten Ent-
fernung zu: bisweilen aber langſamer; wenn er nemlich/ nach der abend-
lichen groͤſſeſten digreſſion, zu ihr wieder umkehret; oder fruͤhmorgends/
nach dem ortu heliaco, von ihr zuruͤckweichet in antecedentia, und ge-
gen dem Zielmal der groͤſſeſten Entfernung zuwandert.

Schoͤnwald. Mein Herꝛ beliebe doch/ uns einen rechten Augen-
Schein fuͤrzuſtellen/ daran wir erkennen moͤgen die Unfehlbarkeit/ daß
die Venus weder allezeit oben/ noch ſtets unter der Sonnen/ ſchwebe;
wie theils der Alten gemeynet; ſondern/ um dieſelbe herum lauffe.

Beweiß/ daß
Venus bald
uͤber bald
unter der
Sonnen
lauffe.
Goldſtern. Jch habe zwar deſſen allbereit einigen vernuͤnfftigen
Beweis ertheilet: weil aber jetzt mein Herꝛ denſelben gern/ in ſeine Augen/
faſſen will; kan ſolches am fuͤglichſten geſchehen/ bey Fuͤrſtellung der Fi-
gur/ die ich vorhin dem Herꝛn/ aus dem Scheinero/ fuͤrgeriſſen. An der-
ſelben haben wir zuforderſt erkannt die Schein-veraͤndrung dieſes Pla-
neten. Aus ſolcher Geſtalt-Wechſelung/ muß folgen/ Venus muͤſſe/ uͤber
und unter der Sonnen/ lauffen: Uber der Sonnen: weil ſie droben gantz
erſcheint/ und trefflich klein: welches unmoͤglich/ unter der Sonnen/ ge-
ſchehen koͤnnte: denn weil ſie von Natur ein tunckler Koͤrper; wuͤrde ſie/
ſolcher Geſtalt/ immerzu gehalbirt erſcheinen. Aus dem aber/ daß ſie
halbirt geſehen wird/ beweiſet Scheinerus ihren Lauff unter der Sonnen/
in der Figur/ ſo ich dem Herꝛn fuͤr gezeichnet/ alſo.

Das Auge B. und die Lini B L. wie auch der Zirckel L F M L. und der
erleuchteten Veneriſchen Halb-Kugel Begriff oder Ziel und End/ befin-
den ſich/ in eodem plano, auf einer Ebne: weil der Bogen L F M. dem
Auge erſcheint in gerader Lini. Und weil die gerade Lini FA. ſo die Centra
F.
und A. zuſammen fuͤgt/ dem Zirckel LFML. bey rechten geraden Win-

ckeln
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[600/0644] Der funffzehende Discurs/ ben/ von Horizont immer hoͤher/ bis ſie/ an das Ziel vorbemeldter weite- ſter Entfernung gelangt: alsdenn nahet ſie ſich wiederum zu der Sonnen/ und wird/ fruͤh-morgens/ heliacè verdeckt/ das iſt/ verbirgt ſich unter den Stralen der Sonnen; verweilet auch/ unter ſolchem guldnem Fuͤr- hange deß Sonnen-Glantzes/ bis der Abend ſie ſichtbar macht/ das ſie alsdenn heliacè wiederum herausbricht/ auch bey folgenden Naͤchten/ wenn die Sonne nidergeht/ immer hoͤher ſteiget/ und abermal von ihr wegreiſet/ bis an bedeutetes Ziel-Mal ihrer groͤſſeſten elongation, oder ferneſten Entweichung: nach deſſen Uberſchreitung/ ſie der Sonnen wie- derum entgegen kommt; bis ſie/ zu Abends/ heliacè untergehet. Dar- aus es erhellet/ daß dieſer Stern bisweilen in dem motu proprio ge- ſchwinder laufft/ denn die Sonne; wenn er nemlich/ nach der fruͤhmor- gendlichen digreſſion, zu ihr gehet/ und ihr vorkommt; oder Abends/ nach dem Ortu heliaco, von ihr weichet/ auf das Ziel der weiteſten Ent- fernung zu: bisweilen aber langſamer; wenn er nemlich/ nach der abend- lichen groͤſſeſten digreſſion, zu ihr wieder umkehret; oder fruͤhmorgends/ nach dem ortu heliaco, von ihr zuruͤckweichet in antecedentia, und ge- gen dem Zielmal der groͤſſeſten Entfernung zuwandert. Schoͤnwald. Mein Herꝛ beliebe doch/ uns einen rechten Augen- Schein fuͤrzuſtellen/ daran wir erkennen moͤgen die Unfehlbarkeit/ daß die Venus weder allezeit oben/ noch ſtets unter der Sonnen/ ſchwebe; wie theils der Alten gemeynet; ſondern/ um dieſelbe herum lauffe. Goldſtern. Jch habe zwar deſſen allbereit einigen vernuͤnfftigen Beweis ertheilet: weil aber jetzt mein Herꝛ denſelben gern/ in ſeine Augen/ faſſen will; kan ſolches am fuͤglichſten geſchehen/ bey Fuͤrſtellung der Fi- gur/ die ich vorhin dem Herꝛn/ aus dem Scheinero/ fuͤrgeriſſen. An der- ſelben haben wir zuforderſt erkannt die Schein-veraͤndrung dieſes Pla- neten. Aus ſolcher Geſtalt-Wechſelung/ muß folgen/ Venus muͤſſe/ uͤber und unter der Sonnen/ lauffen: Uber der Sonnen: weil ſie droben gantz erſcheint/ und trefflich klein: welches unmoͤglich/ unter der Sonnen/ ge- ſchehen koͤnnte: denn weil ſie von Natur ein tunckler Koͤrper; wuͤrde ſie/ ſolcher Geſtalt/ immerzu gehalbirt erſcheinen. Aus dem aber/ daß ſie halbirt geſehen wird/ beweiſet Scheinerus ihren Lauff unter der Sonnen/ in der Figur/ ſo ich dem Herꝛn fuͤr gezeichnet/ alſo. Beweiß/ daß Venus bald uͤber bald unter der Sonnen lauffe. Das Auge B. und die Lini B L. wie auch der Zirckel L F M L. und der erleuchteten Veneriſchen Halb-Kugel Begriff oder Ziel und End/ befin- den ſich/ in eodem plano, auf einer Ebne: weil der Bogen L F M. dem Auge erſcheint in gerader Lini. Und weil die gerade Lini FA. ſo die Centra F. und A. zuſammen fuͤgt/ dem Zirckel LFML. bey rechten geraden Win- ckeln

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/644>, abgerufen am 22.12.2024.