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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von dem Mond.
keine solche Hitze verliehen/ als wie der Sonnen; sondern eine gemäßigte
Wärme: damit die Gewächse/ und andre Sachen des Erdbodens nicht
gäntzlich ausgedorrt/ und doch auch/ von der nächtlichen Kälte/ nicht gar
entkräfftet oder verderbt; hingegen/ zu ihrem Aufnehmen/ und Erzeu-
gung neuer Gewächse/ oder junger Thiere/ mit heilsamen Saffte/ und er-
sprießlicher Feuchtigkeit/ erfüllet würden.

Schönwald. Wie solte man aber dem Mond können die obhan-
dene Witterung abmercken? vielleicht an seiner Farbe? daß man nem-
lich Achtung gebe/ ob selbige bleich oder rot?

Goldstern. Was man daraus hat/ ist fast männiglichen bekant.
Denn wer weiß nicht/ daß er/ bey klarem Himmel/ hell und weiß siehet/Was die
Farben des
Monds für
Gewitter
verheissen.

wie Silber: aber/ wenn Regen obhanden/ mercklich erblasse/ hingegen
seine Röte Wind/ und stürmische Lufft verkündige? Die tägliche Erfah-
rung überhebt uns der Mühe/ den Aratum/ (a) Virgilium (b) und Pli-
nium hierüber aufzuschlagen: welcher letzter davon ausführlichen Be-(a) in Phoe-
nomenis.

richt ertheilt. (c) Der Landman giebt dem Mond gleichfalls/ auf seine(b) 1 Georg.
Spitzen/ oder Hörner/ Acht/ und stellet daraus ein Urtheil/ wie/ folgen-(c) lib. 18.
c.
35.

den Tags/ das Wetter werde beschaffen seyn. Denn wenn seine Hör-
ner scharff zugespitzt; hoffen sie gute klare Lufft: sind sie aber stumpff; so
verkündigt ihnen solches eine trübe/ wöl[ck]ichte/ stürmische Lufft/ und Re-
gen. Welches denn auch gar selten triegt. Denn wenn besagte Mond-
hörner abgestumpfft erscheinen; ist es eine Anzeigung/ die Lufft sey voll
dicker Dämpffe und Feuchtigkeit. Denn sonst sind eben dieselbige stumpff-
scheinende Hörner/ bey selbigem Alter des Monds/ wenn die Lufft klar ist/
ziemlich scharff und spitzig. Wiewol sie einem/ der sie/ durch ein treffli-
ches Fern-Glas/ anschauet/ viel reiner/ subtiler/ und spitziger erscheinen;
auch würcklich also gestaltet sind.

Schönwald. Woher solte das kommen?

Goldstern. Daher kommts/ weil bemeldtes gutes Fern-Glas
die überflüssige/ und zufällige Stralen/ welche dem Mond seine Spitzen
mehr und mehr verbreiten/ und stumpffer machen/ hinweg nimt. Und
solches thut es nicht allein nur/ an den Spitzen/ oder Hörnern; sondern
auch/ an den übrigen Theilen deß zu- und abnehmenden Monds. Denn
selbige Mond-Gestalten erscheinen dem blossen Gesichte allezeit/ auch bey
dem allerheiterstem Himmel/ grösser und breiter/ weder sie würcklich sind/
und durch das Augen-Glas befunden werden. Je jünger und erwach-Das Fern-
Glas ent-
zeucht dem
Mond seine
überflüssige
Stralen.

sener eine Gestalt oder Schein ist/ denn die andre; je mehr auch solches
falsche oder zufällige Licht/ gegen dem eigenthümlichen und recht-natürli-
chem Licht/ entweder erweitert/ oder verschmählert gesehen wird. Und

wie
T t t ij

Von dem Mond.
keine ſolche Hitze verliehen/ als wie der Sonnen; ſondern eine gemaͤßigte
Waͤrme: damit die Gewaͤchſe/ und andre Sachen des Erdbodens nicht
gaͤntzlich ausgedorrt/ und doch auch/ von der naͤchtlichen Kaͤlte/ nicht gar
entkraͤfftet oder verderbt; hingegen/ zu ihrem Aufnehmen/ und Erzeu-
gung neuer Gewaͤchſe/ oder junger Thiere/ mit heilſamen Saffte/ und er-
ſprießlicher Feuchtigkeit/ erfuͤllet wuͤrden.

Schoͤnwald. Wie ſolte man aber dem Mond koͤnnen die obhan-
dene Witterung abmercken? vielleicht an ſeiner Farbe? daß man nem-
lich Achtung gebe/ ob ſelbige bleich oder rot?

Goldſtern. Was man daraus hat/ iſt faſt maͤnniglichen bekant.
Denn wer weiß nicht/ daß er/ bey klarem Himmel/ hell und weiß ſiehet/Was die
Farben des
Monds fuͤr
Gewitter
verheiſſen.

wie Silber: aber/ wenn Regen obhanden/ mercklich erblaſſe/ hingegen
ſeine Roͤte Wind/ und ſtuͤrmiſche Lufft verkuͤndige? Die taͤgliche Erfah-
rung uͤberhebt uns der Muͤhe/ den Aratum/ (a) Virgilium (b) und Pli-
nium hieruͤber aufzuſchlagen: welcher letzter davon ausfuͤhrlichen Be-(a) in Phœ-
nomenis.

richt ertheilt. (c) Der Landman giebt dem Mond gleichfalls/ auf ſeine(b) 1 Georg.
Spitzen/ oder Hoͤrner/ Acht/ und ſtellet daraus ein Urtheil/ wie/ folgen-(c) lib. 18.
c.
35.

den Tags/ das Wetter werde beſchaffen ſeyn. Denn wenn ſeine Hoͤr-
ner ſcharff zugeſpitzt; hoffen ſie gute klare Lufft: ſind ſie aber ſtumpff; ſo
verkuͤndigt ihnen ſolches eine truͤbe/ woͤl[ck]ichte/ ſtuͤrmiſche Lufft/ und Re-
gen. Welches denn auch gar ſelten triegt. Denn wenn beſagte Mond-
hoͤrner abgeſtumpfft erſcheinen; iſt es eine Anzeigung/ die Lufft ſey voll
dicker Daͤmpffe und Feuchtigkeit. Denn ſonſt ſind eben dieſelbige ſtumpff-
ſcheinende Hoͤrner/ bey ſelbigem Alter des Monds/ wenn die Lufft klar iſt/
ziemlich ſcharff und ſpitzig. Wiewol ſie einem/ der ſie/ durch ein treffli-
ches Fern-Glas/ anſchauet/ viel reiner/ ſubtiler/ und ſpitziger erſcheinen;
auch wuͤrcklich alſo geſtaltet ſind.

Schoͤnwald. Woher ſolte das kommen?

Goldſtern. Daher kommts/ weil bemeldtes gutes Fern-Glas
die uͤberfluͤſſige/ und zufaͤllige Stralen/ welche dem Mond ſeine Spitzen
mehr und mehr verbreiten/ und ſtumpffer machen/ hinweg nimt. Und
ſolches thut es nicht allein nur/ an den Spitzen/ oder Hoͤrnern; ſondern
auch/ an den uͤbrigen Theilen deß zu- und abnehmenden Monds. Denn
ſelbige Mond-Geſtalten erſcheinen dem bloſſen Geſichte allezeit/ auch bey
dem allerheiterſtem Himmel/ groͤſſer und breiter/ weder ſie wuͤrcklich ſind/
und durch das Augen-Glas befunden werden. Je juͤnger und erwach-Das Fern-
Glas ent-
zeucht dem
Mond ſeine
uͤberfluͤſſige
Stralen.

ſener eine Geſtalt oder Schein iſt/ denn die andre; je mehr auch ſolches
falſche oder zufaͤllige Licht/ gegen dem eigenthuͤmlichen und recht-natuͤrli-
chem Licht/ entweder erweitert/ oder verſchmaͤhlert geſehen wird. Und

wie
T t t ij
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[515/0555] Von dem Mond. keine ſolche Hitze verliehen/ als wie der Sonnen; ſondern eine gemaͤßigte Waͤrme: damit die Gewaͤchſe/ und andre Sachen des Erdbodens nicht gaͤntzlich ausgedorrt/ und doch auch/ von der naͤchtlichen Kaͤlte/ nicht gar entkraͤfftet oder verderbt; hingegen/ zu ihrem Aufnehmen/ und Erzeu- gung neuer Gewaͤchſe/ oder junger Thiere/ mit heilſamen Saffte/ und er- ſprießlicher Feuchtigkeit/ erfuͤllet wuͤrden. Schoͤnwald. Wie ſolte man aber dem Mond koͤnnen die obhan- dene Witterung abmercken? vielleicht an ſeiner Farbe? daß man nem- lich Achtung gebe/ ob ſelbige bleich oder rot? Goldſtern. Was man daraus hat/ iſt faſt maͤnniglichen bekant. Denn wer weiß nicht/ daß er/ bey klarem Himmel/ hell und weiß ſiehet/ wie Silber: aber/ wenn Regen obhanden/ mercklich erblaſſe/ hingegen ſeine Roͤte Wind/ und ſtuͤrmiſche Lufft verkuͤndige? Die taͤgliche Erfah- rung uͤberhebt uns der Muͤhe/ den Aratum/ (a) Virgilium (b) und Pli- nium hieruͤber aufzuſchlagen: welcher letzter davon ausfuͤhrlichen Be- richt ertheilt. (c) Der Landman giebt dem Mond gleichfalls/ auf ſeine Spitzen/ oder Hoͤrner/ Acht/ und ſtellet daraus ein Urtheil/ wie/ folgen- den Tags/ das Wetter werde beſchaffen ſeyn. Denn wenn ſeine Hoͤr- ner ſcharff zugeſpitzt; hoffen ſie gute klare Lufft: ſind ſie aber ſtumpff; ſo verkuͤndigt ihnen ſolches eine truͤbe/ woͤlckichte/ ſtuͤrmiſche Lufft/ und Re- gen. Welches denn auch gar ſelten triegt. Denn wenn beſagte Mond- hoͤrner abgeſtumpfft erſcheinen; iſt es eine Anzeigung/ die Lufft ſey voll dicker Daͤmpffe und Feuchtigkeit. Denn ſonſt ſind eben dieſelbige ſtumpff- ſcheinende Hoͤrner/ bey ſelbigem Alter des Monds/ wenn die Lufft klar iſt/ ziemlich ſcharff und ſpitzig. Wiewol ſie einem/ der ſie/ durch ein treffli- ches Fern-Glas/ anſchauet/ viel reiner/ ſubtiler/ und ſpitziger erſcheinen; auch wuͤrcklich alſo geſtaltet ſind. Was die Farben des Monds fuͤr Gewitter verheiſſen. (a) in Phœ- nomenis. (b) 1 Georg. (c) lib. 18. c. 35. Schoͤnwald. Woher ſolte das kommen? Goldſtern. Daher kommts/ weil bemeldtes gutes Fern-Glas die uͤberfluͤſſige/ und zufaͤllige Stralen/ welche dem Mond ſeine Spitzen mehr und mehr verbreiten/ und ſtumpffer machen/ hinweg nimt. Und ſolches thut es nicht allein nur/ an den Spitzen/ oder Hoͤrnern; ſondern auch/ an den uͤbrigen Theilen deß zu- und abnehmenden Monds. Denn ſelbige Mond-Geſtalten erſcheinen dem bloſſen Geſichte allezeit/ auch bey dem allerheiterſtem Himmel/ groͤſſer und breiter/ weder ſie wuͤrcklich ſind/ und durch das Augen-Glas befunden werden. Je juͤnger und erwach- ſener eine Geſtalt oder Schein iſt/ denn die andre; je mehr auch ſolches falſche oder zufaͤllige Licht/ gegen dem eigenthuͤmlichen und recht-natuͤrli- chem Licht/ entweder erweitert/ oder verſchmaͤhlert geſehen wird. Und wie Das Fern- Glas ent- zeucht dem Mond ſeine uͤberfluͤſſige Stralen. T t t ij

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/555>, abgerufen am 22.12.2024.