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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von dem Mond.
mögen sich Andre zu völligem Austrag derselben vermüssigen: daran es ih-
nen aber besorglich doch dörffte ermangeln/ bis Einer unter ihnen bezeugen
kan/ daß er die Beschaffenheit deß Monds/ in der Nähe/ hab ersehn.

Schönwald. Wenn wir solche Frage/ zwischen Ja und Nein/
schweben/ und ohne gewissen Schluß lassen: so bekennen wir unsere Un-
wissenheit. So wir aber keine Gewißheit davon haben/ noch unsere
Vermutung einen gewissen Tritt hierinn setzen kan: zu welchem Ende/
solte denn der allweise GOtt den Mond so pucklicht/ ungleich/ voll Berge/
Hügel/ und Wasser/ erschaffen haben?

Forell. Auch ich hätte hiernach längst gerne gefragt; aber die
bisher aneinander gekettete Discurse habe ich damit nicht mögen zer-
gliedern.

Goldstern. Es hätte solches zwar keine Zergliederung/ sondern
vielmehr eine Einvergliederung/ oder Anlötung gesetzt; vorab damals/
als wir den Beweiß herfürsuchten/ daß der Mond ein unebener und ber-
gigter Körper wäre. Doch kan ebenwol/ noch jetzo/ diese Frage zuletzt
noch füglich genug erörtert werden. Denn jenes betraff die Untersuchung/
Ob dem also? Was/ und wie es denn eigentlich wäre? und wie mancher-
ley Art? Darauf folgt der Herr nun nicht unzeitig hernach/ mit der
Frage Warum: und zu welchem Ende der Mond also gestaltet und
bestellet sey? Was dunckt aber die Herren beyderseits/ was für eine Fi-
gur sich doch wol besser gefügt hätte/ als diese/ welche ich nach der bewehrte-
sten Sternschauer Gezeugniß/ dem Mond zugeschrieben. Die glatte
und Spiegel-blancke Rundung vielleicht?

Schönwald. Der Herr ist ein Prophet meiner Gedancken;

Forell. Und ein Weissager der meinigen. Jch wolte den vorigen
Streit/ welchen zweifels ohn der Herr allberit für beygelegt/ und sich deß
Siegs vergewissert/ achtet/ nicht gern wieder aufrühren: weil aber der
Herr selber die Frage Warum: noch für zulässig erkennet: wird er ihms
nicht lassen mißfallen/ wenn sein erster Satz/ daß der Mond ein ungleicher
und rauher Körper sey/ zugleich ein wenig bewegt wird.

Goldstern. Es braucht solcher höfflichen Vorrede gantz nicht:
Jch bleibe allezeit noch einem Jeden/ zur Rechenschafft dessen/ was ich
geredt/ verbunden; und immerzu willig/ wenn man mir was Glaubhaff-
ters anträgt/ das vorige zu quitiren.

Forell. Mein Mitstimmer/ der Herr Schönwald/ und ich/
möchten wissen/ warum doch der liebe GOtt diß edle Nacht-Licht/ den
Mond/ so uneben und höggerich/ geformirt? Und hernach/ was es hindre/

daß
N n n ij

Von dem Mond.
moͤgen ſich Andre zu voͤlligem Austrag derſelben vermuͤſſigen: daran es ih-
nen aber beſorglich doch doͤrffte ermangeln/ bis Einer unter ihnen bezeugen
kan/ daß er die Beſchaffenheit deß Monds/ in der Naͤhe/ hab erſehn.

Schoͤnwald. Wenn wir ſolche Frage/ zwiſchen Ja und Nein/
ſchweben/ und ohne gewiſſen Schluß laſſen: ſo bekennen wir unſere Un-
wiſſenheit. So wir aber keine Gewißheit davon haben/ noch unſere
Vermutung einen gewiſſen Tritt hierinn ſetzen kan: zu welchem Ende/
ſolte denn der allweiſe GOtt den Mond ſo pucklicht/ ungleich/ voll Berge/
Huͤgel/ und Waſſer/ erſchaffen haben?

Forell. Auch ich haͤtte hiernach laͤngſt gerne gefragt; aber die
bisher aneinander gekettete Discurſe habe ich damit nicht moͤgen zer-
gliedern.

Goldſtern. Es haͤtte ſolches zwar keine Zergliederung/ ſondern
vielmehr eine Einvergliederung/ oder Anloͤtung geſetzt; vorab damals/
als wir den Beweiß herfuͤrſuchten/ daß der Mond ein unebener und ber-
gigter Koͤrper waͤre. Doch kan ebenwol/ noch jetzo/ dieſe Frage zuletzt
noch fuͤglich genug eroͤrtert werden. Denn jenes betraff die Unterſuchung/
Ob dem alſo? Was/ und wie es denn eigentlich waͤre? und wie mancher-
ley Art? Darauf folgt der Herꝛ nun nicht unzeitig hernach/ mit der
Frage Warum: und zu welchem Ende der Mond alſo geſtaltet und
beſtellet ſey? Was dunckt aber die Herren beyderſeits/ was fuͤr eine Fi-
gur ſich doch wol beſſer gefuͤgt haͤtte/ als dieſe/ welche ich nach der bewehrte-
ſten Sternſchauer Gezeugniß/ dem Mond zugeſchrieben. Die glatte
und Spiegel-blancke Rundung vielleicht?

Schoͤnwald. Der Herꝛ iſt ein Prophet meiner Gedancken;

Forell. Und ein Weiſſager der meinigen. Jch wolte den vorigen
Streit/ welchen zweifels ohn der Herꝛ allberit fuͤr beygelegt/ und ſich deß
Siegs vergewiſſert/ achtet/ nicht gern wieder aufruͤhren: weil aber der
Herꝛ ſelber die Frage Warum: noch fuͤr zulaͤſſig erkennet: wird er ihms
nicht laſſen mißfallen/ wenn ſein erſter Satz/ daß der Mond ein ungleicher
und rauher Koͤrper ſey/ zugleich ein wenig bewegt wird.

Goldſtern. Es braucht ſolcher hoͤfflichen Vorrede gantz nicht:
Jch bleibe allezeit noch einem Jeden/ zur Rechenſchafft deſſen/ was ich
geredt/ verbunden; und immerzu willig/ wenn man mir was Glaubhaff-
ters antraͤgt/ das vorige zu quitiren.

Forell. Mein Mitſtimmer/ der Herꝛ Schoͤnwald/ und ich/
moͤchten wiſſen/ warum doch der liebe GOtt diß edle Nacht-Licht/ den
Mond/ ſo uneben und hoͤggerich/ geformirt? Und hernach/ was es hindre/

daß
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[467/0507] Von dem Mond. moͤgen ſich Andre zu voͤlligem Austrag derſelben vermuͤſſigen: daran es ih- nen aber beſorglich doch doͤrffte ermangeln/ bis Einer unter ihnen bezeugen kan/ daß er die Beſchaffenheit deß Monds/ in der Naͤhe/ hab erſehn. Schoͤnwald. Wenn wir ſolche Frage/ zwiſchen Ja und Nein/ ſchweben/ und ohne gewiſſen Schluß laſſen: ſo bekennen wir unſere Un- wiſſenheit. So wir aber keine Gewißheit davon haben/ noch unſere Vermutung einen gewiſſen Tritt hierinn ſetzen kan: zu welchem Ende/ ſolte denn der allweiſe GOtt den Mond ſo pucklicht/ ungleich/ voll Berge/ Huͤgel/ und Waſſer/ erſchaffen haben? Forell. Auch ich haͤtte hiernach laͤngſt gerne gefragt; aber die bisher aneinander gekettete Discurſe habe ich damit nicht moͤgen zer- gliedern. Goldſtern. Es haͤtte ſolches zwar keine Zergliederung/ ſondern vielmehr eine Einvergliederung/ oder Anloͤtung geſetzt; vorab damals/ als wir den Beweiß herfuͤrſuchten/ daß der Mond ein unebener und ber- gigter Koͤrper waͤre. Doch kan ebenwol/ noch jetzo/ dieſe Frage zuletzt noch fuͤglich genug eroͤrtert werden. Denn jenes betraff die Unterſuchung/ Ob dem alſo? Was/ und wie es denn eigentlich waͤre? und wie mancher- ley Art? Darauf folgt der Herꝛ nun nicht unzeitig hernach/ mit der Frage Warum: und zu welchem Ende der Mond alſo geſtaltet und beſtellet ſey? Was dunckt aber die Herren beyderſeits/ was fuͤr eine Fi- gur ſich doch wol beſſer gefuͤgt haͤtte/ als dieſe/ welche ich nach der bewehrte- ſten Sternſchauer Gezeugniß/ dem Mond zugeſchrieben. Die glatte und Spiegel-blancke Rundung vielleicht? Schoͤnwald. Der Herꝛ iſt ein Prophet meiner Gedancken; Forell. Und ein Weiſſager der meinigen. Jch wolte den vorigen Streit/ welchen zweifels ohn der Herꝛ allberit fuͤr beygelegt/ und ſich deß Siegs vergewiſſert/ achtet/ nicht gern wieder aufruͤhren: weil aber der Herꝛ ſelber die Frage Warum: noch fuͤr zulaͤſſig erkennet: wird er ihms nicht laſſen mißfallen/ wenn ſein erſter Satz/ daß der Mond ein ungleicher und rauher Koͤrper ſey/ zugleich ein wenig bewegt wird. Goldſtern. Es braucht ſolcher hoͤfflichen Vorrede gantz nicht: Jch bleibe allezeit noch einem Jeden/ zur Rechenſchafft deſſen/ was ich geredt/ verbunden; und immerzu willig/ wenn man mir was Glaubhaff- ters antraͤgt/ das vorige zu quitiren. Forell. Mein Mitſtimmer/ der Herꝛ Schoͤnwald/ und ich/ moͤchten wiſſen/ warum doch der liebe GOtt diß edle Nacht-Licht/ den Mond/ ſo uneben und hoͤggerich/ geformirt? Und hernach/ was es hindre/ daß N n n ij

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/507>, abgerufen am 22.12.2024.