Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der achte Discurs/ Gott/ würcklich gewesen. Und die erschaffene Seele deß Käisersmachet/ in oder bey Gott/ nichts Neues. Jch gebe dem Herrn zu bedencken; wenn die Existentz der Welt/ so Adlerhaupt. Scaliger hat nie keinen Gedancken gehabt/ zu schrei- Diese
Der achte Discurs/ Gott/ wuͤrcklich geweſen. Und die erſchaffene Seele deß Kaͤiſersmachet/ in oder bey Gott/ nichts Neues. Jch gebe dem Herꝛn zu bedencken; wenn die Exiſtentz der Welt/ ſo Adlerhaupt. Scaliger hat nie keinen Gedancken gehabt/ zu ſchrei- Dieſe
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Der achte Discurs/
Gott/ wuͤrcklich geweſen. Und die erſchaffene Seele deß Kaͤiſers
machet/ in oder bey Gott/ nichts Neues.
Jch gebe dem Herꝛn zu bedencken; wenn die Exiſtentz der Welt/ ſo
anjetzo iſt/ allezeit bey Gott wuͤrcklich (in actu) geweſen: ob denn daraus
der Schluß nicht ergehe/ die Welt ſey wuͤrcklich ewig geweſen/ weil ſie im-
merdar/ bey dem aller vollkomneſten Weſen/ in der Exiſtentz geweſen/ wel-
che jetzt iſt?
Adlerhaupt. Scaliger hat nie keinen Gedancken gehabt/ zu ſchrei-
ben/ daß die Welt ewig; ſondern ſeinen philoſophiſchen Eifer wider die
jenige/ ſo mit einem ſolchen Nebel die klare Sonne der Warheit zu ver-
tunckeln ſich unterſtanden/ hell genug/ mehr/ denn an einem Ort/ blitzen
laſſen: allermaſſen er eben in derſelbigen Exercitation/ welche der Herꝛ
jetzt angezogen/ ſolches bald hernach auch thut. Daß erſtgemeldter ſei-
ner Worte etliche ein wenig hart lauten/ geb ich gerne zu; doch keines
Weges/ daß daraus die Ewigkeit der Welt erfolge. Denn man muß
ſtets/ auf eines Autoris Sinn und Meinung gehen/ und denſelben zum
Dolmetſcher brauchen/ wenn man den Verſtand ſeiner Schrifften recht
faſſen will. Es iſt/ wie Scaliger ſelbſt anzeigt/ ſolcher Ausſpruch ſchon
alt/ und wird/ durch ihn/ zu dem Ende wiederholet/ daß er moͤge bekraͤff-
tigen/ was er kurtz zuvor geſagt/ es widerſtrebe der Goͤttlichen Be-
ſtaͤndigkeit nicht/ wenn etwas Neues geſchicht. Jn einem unbe-
greifflich-ſchnellem Augenblick/ ſind alle ſo wol erſchaffene Dinge/ als die
noch geſchaffen werden ſollen/ ſo wol die vergangene/ als gegenwaͤrtige
und zukuͤnfftige/ dem allſehenden Gott gegenwaͤrtig von Ewigkeit her;
bleiben ihm auch gegenwaͤrtig/ in alle Ewigkeit/ wenn ſie gleich ſchon ver-
gangen ſind. Denn vor und nach das ſind Friſten der Zeiten/ wovon
die Ewigkeit nichts hat: ſintemal bey Gott keine Zeit iſt; ob er gleich allen
Dingen gemeſſene Zeiten geſetzet hat. Er begreifft alles/ unter dem
Punct und Nu ſeiner unbegreifflichen Ewigkeit: daher ihm auch dieſe
Welt nicht allein vor ihrer Erſchaffung/ ſondern auch nach ihrem Unter-
gange/ ewiglich gegenwaͤrtig bleibt/ ſamt allem was darinn enthalten/
oder vorgeht. Und ſolches iſt alles vor ihm/ nicht per modum potentiæ
oder auf ſolche Art/ als wie wir die Moͤglichkeit/ oder Faͤhigkeit und Be-
geblichkeit einer Sachen uns einbilden; ſondern wuͤrcklich; doch nicht auf
natuͤr-ſondern goͤttliche Weiſe. Die Welt war nicht/ ehe denn Gott ſie
machte; und war ihm doch ſchon. Sie ſtund noch nicht/ in ihrer jetzigen
natuͤrlichen Exiſtentz/ noch natuͤrlichen Weſen; als die gantz aus Nichts
erſchaffen worden: und ſtund doch wuͤrcklich/ vor dem HErꝛn ihrem
Schoͤpffer.
Wie alles/
bey Gott/
im Augen-
blick gegen-
waͤrtig.
Dieſe
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