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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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nung die Tieffe seiner Weisheit zu preisen. Und diß ist eigentlich
das rechte Ziel/ worauf dieses von mir ausgefertigte Lust-Haus
den Christlichen Leser anzulocken wünschet. Massen ihm dasselbe
nicht eben solche subtile Sachen/ die allein ein Stern-Weiser; son-
dern mehrentheils solche/ die auch wol einer/ der in der Stern-
Kunst ungegründet/ fassen kan/ zu schauen gibt. Denn hierinn
wird hauptsächlich nur von der Natur/ Eigenschafften/ und Wür-
ckungen/ so wol deß Himmels/ als seiner hellfuncklenden Liechter/
gehandelt/ und zwar also/ daß dadurch mancher schöner Gedanck
von der Fürtrefflichkeit unsers Schöpffers/ kan erregt werden.
Jch bin zwar nicht in Abrede/ daß etliche Blätter dieses Buchs/
sonderlich im vordersten Alphabeth/ etwas schwere Sachen be-
greiffen: aber dem/ welcher hievon kein Liebhaber/ stehet frey/
selbige/ wie ein tunckles Ecklein/ unbetrachtet/ vorbey zu gehen/
und andre Zimmer dieses oberweltlichen Lust-Hauses zu besuchen;
diejenige nemlich/ welche mit Himmel-Farbe angestrichen/ und mit
Sternen ausgemahlt sind. Denn wer mag so unlustig und verdrossen
seyn/ daß er mit lauter Widerwillen anhören solte die Discurse/ von
der erstaunlichen Höhe/ Grösse/ Schnellheit/ wunderbarlichen Ge-
stalt/ Schein/ Flecken/ Bergen/ Seen/ Jnseln/ Kräfften/ Würckungen
und Einfliessungen der wandel- und unwandelbaren Sterne/ von
den Prophezeyungen der Gestirne oder Kometen/ und dergleichen?

Sagst du etwan/ es seyen die Schlüsse der Stern-Weisen nicht
lauter Glaubens-Sätze; so rede ich nicht dawider. Denn/ zum
Exempel/ wie hoch/ oder weit/ der Himmel/ wie groß seine blincken-
de Schilde seyen/ das ist keinem/ mit so versicherter Gewißheit/ be-
kandt/ als dem/ welcher den Himmel mit der Spannen fasst/ und
die Erde mit einem Dreyling misst. Unsere Vernunfft bleibt hier-
inn stets eine Lehrschülerinn mehrer Erfahrung/ und gleichsam ein

kleiner
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nung die Tieffe ſeiner Weisheit zu preiſen. Und diß iſt eigentlich
das rechte Ziel/ worauf dieſes von mir ausgefertigte Luſt-Haus
den Chriſtlichen Leſer anzulocken wuͤnſchet. Maſſen ihm daſſelbe
nicht eben ſolche ſubtile Sachen/ die allein ein Stern-Weiſer; ſon-
dern mehrentheils ſolche/ die auch wol einer/ der in der Stern-
Kunſt ungegruͤndet/ faſſen kan/ zu ſchauen gibt. Denn hierinn
wird hauptſaͤchlich nur von der Natur/ Eigenſchafften/ und Wuͤr-
ckungen/ ſo wol deß Himmels/ als ſeiner hellfuncklenden Liechter/
gehandelt/ und zwar alſo/ daß dadurch mancher ſchoͤner Gedanck
von der Fuͤrtrefflichkeit unſers Schoͤpffers/ kan erregt werden.
Jch bin zwar nicht in Abrede/ daß etliche Blaͤtter dieſes Buchs/
ſonderlich im vorderſten Alphabeth/ etwas ſchwere Sachen be-
greiffen: aber dem/ welcher hievon kein Liebhaber/ ſtehet frey/
ſelbige/ wie ein tunckles Ecklein/ unbetrachtet/ vorbey zu gehen/
und andre Zimmer dieſes oberweltlichen Luſt-Hauſes zu beſuchen;
diejenige nemlich/ welche mit Himmel-Farbe angeſtrichen/ und mit
Steꝛnen ausgemahlt ſind. Denn wer mag ſo unluſtig und verdroſſen
ſeyn/ daß er mit lauter Widerwillen anhoͤren ſolte die Discurſe/ von
der erſtaunlichen Hoͤhe/ Groͤſſe/ Schnellheit/ wunderbarlichen Ge-
ſtalt/ Schein/ Flecken/ Bergen/ Seen/ Jnſeln/ Kraͤfften/ Wuͤrckungen
und Einflieſſungen der wandel- und unwandelbaren Sterne/ von
den Prophezeyungen der Geſtirne oder Kometen/ und dergleichen?

Sagſt du etwan/ es ſeyen die Schluͤſſe der Stern-Weiſen nicht
lauter Glaubens-Saͤtze; ſo rede ich nicht dawider. Denn/ zum
Exempel/ wie hoch/ oder weit/ der Himmel/ wie groß ſeine blincken-
de Schilde ſeyen/ das iſt keinem/ mit ſo verſicherter Gewißheit/ be-
kandt/ als dem/ welcher den Himmel mit der Spannen faſſt/ und
die Erde mit einem Dreyling miſſt. Unſere Vernunfft bleibt hier-
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[0017] nung die Tieffe ſeiner Weisheit zu preiſen. Und diß iſt eigentlich das rechte Ziel/ worauf dieſes von mir ausgefertigte Luſt-Haus den Chriſtlichen Leſer anzulocken wuͤnſchet. Maſſen ihm daſſelbe nicht eben ſolche ſubtile Sachen/ die allein ein Stern-Weiſer; ſon- dern mehrentheils ſolche/ die auch wol einer/ der in der Stern- Kunſt ungegruͤndet/ faſſen kan/ zu ſchauen gibt. Denn hierinn wird hauptſaͤchlich nur von der Natur/ Eigenſchafften/ und Wuͤr- ckungen/ ſo wol deß Himmels/ als ſeiner hellfuncklenden Liechter/ gehandelt/ und zwar alſo/ daß dadurch mancher ſchoͤner Gedanck von der Fuͤrtrefflichkeit unſers Schoͤpffers/ kan erregt werden. Jch bin zwar nicht in Abrede/ daß etliche Blaͤtter dieſes Buchs/ ſonderlich im vorderſten Alphabeth/ etwas ſchwere Sachen be- greiffen: aber dem/ welcher hievon kein Liebhaber/ ſtehet frey/ ſelbige/ wie ein tunckles Ecklein/ unbetrachtet/ vorbey zu gehen/ und andre Zimmer dieſes oberweltlichen Luſt-Hauſes zu beſuchen; diejenige nemlich/ welche mit Himmel-Farbe angeſtrichen/ und mit Steꝛnen ausgemahlt ſind. Denn wer mag ſo unluſtig und verdroſſen ſeyn/ daß er mit lauter Widerwillen anhoͤren ſolte die Discurſe/ von der erſtaunlichen Hoͤhe/ Groͤſſe/ Schnellheit/ wunderbarlichen Ge- ſtalt/ Schein/ Flecken/ Bergen/ Seen/ Jnſeln/ Kraͤfften/ Wuͤrckungen und Einflieſſungen der wandel- und unwandelbaren Sterne/ von den Prophezeyungen der Geſtirne oder Kometen/ und dergleichen? Sagſt du etwan/ es ſeyen die Schluͤſſe der Stern-Weiſen nicht lauter Glaubens-Saͤtze; ſo rede ich nicht dawider. Denn/ zum Exempel/ wie hoch/ oder weit/ der Himmel/ wie groß ſeine blincken- de Schilde ſeyen/ das iſt keinem/ mit ſo verſicherter Gewißheit/ be- kandt/ als dem/ welcher den Himmel mit der Spannen faſſt/ und die Erde mit einem Dreyling miſſt. Unſere Vernunfft bleibt hier- inn ſtets eine Lehrſchuͤlerinn mehrer Erfahrung/ und gleichſam ein kleiner ):( ):( ij

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/17>, abgerufen am 24.11.2024.