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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von der Vorverkündigung/ aus dem Gestirn/ etc.
net worden. Es kam ein Kriegsmann/ diesen Sterndeuter zu fragen/
um seine künfftige Begegnissen; zeigte ihm auch/ zu dem Ende/ an Tag
und Stunde seiner Geburt/ und ließ ihm die Linien der Hand (denn in
der Handkündigung war dieser Mathematicus fürtrefflich) sehen. Der
Astrologus wolte nichts sagen/ bis der Soldat ihm/ mit einiger Bedro-
hung/ diese Antwort abpochete. Er hätte lieber still schweigen wollen/ als
ihm eine böse Zeitung sagen: Wenn ers aber recht verstehen wolte/ und
ihm einen Ducaten geben/ so wolte er (der Handkündiger) ihm sein gan-
tzes Leben fristen. Der Soldat spottete seiner/ und ging lachend davon.
Desselbigen Tags aber entstund/ unter den Soldaten/ ein Rauff-Handel.
Und als dieser ihrer zween/ welche mit der Klingen aneinander gerathen/
scheiden wolte/ bekam er/ zum Trinck geld/ ungefähr einen Stoß/ der ihn
auf den Platz danieder legte/ und entleibte.

Dennoch ist gleichwol dieser Sternkündiger auch bisweilen/ in sei-Falsches
Prognosti-
con desselben.

ner Meinung/ betrogen: und das wider fuhr ihm sonderlich das mal auch/
als Florentz/ vom Käiser und Papst/ belägert war. Denn er sagte für
gewiß/ selbige Stadt würde zerschleifft und zerstöret werden. Als aber
die Soldaten sahen/ daß es falsch; hätten sie ihn gewißlich/ bey den Haa-
ren/ geschleifft/ und gewürgt/ da er nicht durchgangen wäre/ und sol-
chem Wahrsager-Lohn entwischet.

Goldstern. Es kan aber auch wol/ von den Feld-Obersten/ dem
von Charilistig also angegeben seyn/ daß er der Soldatesca solches einbil-
den solte. Damit sie/ durch Hoffnung reicher Beute/ desto mehr/ zum Fech-
ten/ würde angefrischt. Wiewol ich inzwischen leichtlich gestehe/ daß die
beste Sternküudiger jemaln sich verstossen/ ja! daß sie allemal thörlich
handeln/ wenn sie die Erfüllung für gantz unvermeidlich und gewiß aus-
geben. Denn/ wie ich schon offt gesagt/ mehr können sie nichts/ als mut-
massen. Jedoch wird man finden/ daß sie/ wenn gleich die Sache an-
ders ausschlägt/ dennoch gemeinlich nicht weit vom Ziel gewesen/ und
doch die Sache sich etlicher massen zu einem solchen Ausgange angelassen/
wie sie zuvor gesagt/ ob gleich die würckliche Erfolgung zurück geblieben.
Welches ich/ mit dieser Geschicht/ bescheinige. Philippus Melanchthon/Kurtzweili-
ge Begeg-
nung Me-
lanchtho-
nis.

der in der Sternkunst so wol als andren freyen Künsten/ ein rechter hoch-
geschickter Künstler/ und Zierraht der Gelehrten war/ ist einsmals/ von
Philipp Landgrafen in Hessen/ nach Cassel beruffen worden/ und beym
Dionysio Melandro/ dem fürnemsten Prediger selbiges Orts/ als seinem
alten Freunde eingekehrt: und als er bey demselben ein Kind von sechs
Monaten in der Wiege erblickt/ hebt er an: Das ist gewiß ein feines
und schönes Kind/ Herr Dionysi: GOtt behüte und segne

es!

Von der Vorverkuͤndigung/ aus dem Geſtirn/ ꝛc.
net worden. Es kam ein Kriegsmann/ dieſen Sterndeuter zu fragen/
um ſeine kuͤnfftige Begegniſſen; zeigte ihm auch/ zu dem Ende/ an Tag
und Stunde ſeiner Geburt/ und ließ ihm die Linien der Hand (denn in
der Handkuͤndigung war dieſer Mathematicus fuͤrtrefflich) ſehen. Der
Aſtrologus wolte nichts ſagen/ bis der Soldat ihm/ mit einiger Bedro-
hung/ dieſe Antwort abpochete. Er haͤtte lieber ſtill ſchweigen wollen/ als
ihm eine boͤſe Zeitung ſagen: Wenn ers aber recht verſtehen wolte/ und
ihm einen Ducaten geben/ ſo wolte er (der Handkuͤndiger) ihm ſein gan-
tzes Leben friſten. Der Soldat ſpottete ſeiner/ und ging lachend davon.
Deſſelbigen Tags aber entſtund/ unter den Soldaten/ ein Rauff-Handel.
Und als dieſer ihrer zween/ welche mit der Klingen aneinander gerathen/
ſcheiden wolte/ bekam er/ zum Trinck geld/ ungefaͤhr einen Stoß/ der ihn
auf den Platz danieder legte/ und entleibte.

Dennoch iſt gleichwol dieſer Sternkuͤndiger auch bisweilen/ in ſei-Falſches
Prognoſti-
con deſſelbẽ.

ner Meinung/ betrogen: und das wider fuhr ihm ſonderlich das mal auch/
als Florentz/ vom Kaͤiſer und Papſt/ belaͤgert war. Denn er ſagte fuͤr
gewiß/ ſelbige Stadt wuͤrde zerſchleifft und zerſtoͤret werden. Als aber
die Soldaten ſahen/ daß es falſch; haͤtten ſie ihn gewißlich/ bey den Haa-
ren/ geſchleifft/ und gewuͤrgt/ da er nicht durchgangen waͤre/ und ſol-
chem Wahrſager-Lohn entwiſchet.

Goldſtern. Es kan aber auch wol/ von den Feld-Oberſten/ dem
von Chariliſtig alſo angegeben ſeyn/ daß er der Soldateſca ſolches einbil-
den ſolte. Damit ſie/ durch Hoffnung reicher Beute/ deſto mehr/ zum Fech-
ten/ wuͤrde angefriſcht. Wiewol ich inzwiſchen leichtlich geſtehe/ daß die
beſte Sternkuͤudiger jemaln ſich verſtoſſen/ ja! daß ſie allemal thoͤrlich
handeln/ wenn ſie die Erfuͤllung fuͤr gantz unvermeidlich und gewiß aus-
geben. Denn/ wie ich ſchon offt geſagt/ mehr koͤnnen ſie nichts/ als mut-
maſſen. Jedoch wird man finden/ daß ſie/ wenn gleich die Sache an-
ders ausſchlaͤgt/ dennoch gemeinlich nicht weit vom Ziel geweſen/ und
doch die Sache ſich etlicher maſſen zu einem ſolchen Ausgange angelaſſen/
wie ſie zuvor geſagt/ ob gleich die wuͤrckliche Erfolgung zuruͤck geblieben.
Welches ich/ mit dieſer Geſchicht/ beſcheinige. Philippus Melanchthon/Kurtzweili-
ge Begeg-
nung Me-
lanchtho-
nis.

der in der Sternkunſt ſo wol als andren freyen Kuͤnſten/ ein rechter hoch-
geſchickter Kuͤnſtler/ und Zierraht der Gelehrten war/ iſt einsmals/ von
Philipp Landgrafen in Heſſen/ nach Caſſel beruffen worden/ und beym
Dionyſio Melandro/ dem fuͤrnemſten Prediger ſelbiges Orts/ als ſeinem
alten Freunde eingekehrt: und als er bey demſelben ein Kind von ſechs
Monaten in der Wiege erblickt/ hebt er an: Das iſt gewiß ein feines
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[1503/1581] Von der Vorverkuͤndigung/ aus dem Geſtirn/ ꝛc. net worden. Es kam ein Kriegsmann/ dieſen Sterndeuter zu fragen/ um ſeine kuͤnfftige Begegniſſen; zeigte ihm auch/ zu dem Ende/ an Tag und Stunde ſeiner Geburt/ und ließ ihm die Linien der Hand (denn in der Handkuͤndigung war dieſer Mathematicus fuͤrtrefflich) ſehen. Der Aſtrologus wolte nichts ſagen/ bis der Soldat ihm/ mit einiger Bedro- hung/ dieſe Antwort abpochete. Er haͤtte lieber ſtill ſchweigen wollen/ als ihm eine boͤſe Zeitung ſagen: Wenn ers aber recht verſtehen wolte/ und ihm einen Ducaten geben/ ſo wolte er (der Handkuͤndiger) ihm ſein gan- tzes Leben friſten. Der Soldat ſpottete ſeiner/ und ging lachend davon. Deſſelbigen Tags aber entſtund/ unter den Soldaten/ ein Rauff-Handel. Und als dieſer ihrer zween/ welche mit der Klingen aneinander gerathen/ ſcheiden wolte/ bekam er/ zum Trinck geld/ ungefaͤhr einen Stoß/ der ihn auf den Platz danieder legte/ und entleibte. Dennoch iſt gleichwol dieſer Sternkuͤndiger auch bisweilen/ in ſei- ner Meinung/ betrogen: und das wider fuhr ihm ſonderlich das mal auch/ als Florentz/ vom Kaͤiſer und Papſt/ belaͤgert war. Denn er ſagte fuͤr gewiß/ ſelbige Stadt wuͤrde zerſchleifft und zerſtoͤret werden. Als aber die Soldaten ſahen/ daß es falſch; haͤtten ſie ihn gewißlich/ bey den Haa- ren/ geſchleifft/ und gewuͤrgt/ da er nicht durchgangen waͤre/ und ſol- chem Wahrſager-Lohn entwiſchet. Falſches Prognoſti- con deſſelbẽ. Goldſtern. Es kan aber auch wol/ von den Feld-Oberſten/ dem von Chariliſtig alſo angegeben ſeyn/ daß er der Soldateſca ſolches einbil- den ſolte. Damit ſie/ durch Hoffnung reicher Beute/ deſto mehr/ zum Fech- ten/ wuͤrde angefriſcht. Wiewol ich inzwiſchen leichtlich geſtehe/ daß die beſte Sternkuͤudiger jemaln ſich verſtoſſen/ ja! daß ſie allemal thoͤrlich handeln/ wenn ſie die Erfuͤllung fuͤr gantz unvermeidlich und gewiß aus- geben. Denn/ wie ich ſchon offt geſagt/ mehr koͤnnen ſie nichts/ als mut- maſſen. Jedoch wird man finden/ daß ſie/ wenn gleich die Sache an- ders ausſchlaͤgt/ dennoch gemeinlich nicht weit vom Ziel geweſen/ und doch die Sache ſich etlicher maſſen zu einem ſolchen Ausgange angelaſſen/ wie ſie zuvor geſagt/ ob gleich die wuͤrckliche Erfolgung zuruͤck geblieben. Welches ich/ mit dieſer Geſchicht/ beſcheinige. Philippus Melanchthon/ der in der Sternkunſt ſo wol als andren freyen Kuͤnſten/ ein rechter hoch- geſchickter Kuͤnſtler/ und Zierraht der Gelehrten war/ iſt einsmals/ von Philipp Landgrafen in Heſſen/ nach Caſſel beruffen worden/ und beym Dionyſio Melandro/ dem fuͤrnemſten Prediger ſelbiges Orts/ als ſeinem alten Freunde eingekehrt: und als er bey demſelben ein Kind von ſechs Monaten in der Wiege erblickt/ hebt er an: Das iſt gewiß ein feines und ſchoͤnes Kind/ Herꝛ Dionyſi: GOtt behuͤte und ſegne es! Kurtzweili- ge Begeg- nung Me- lanchtho- nis.

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1581>, abgerufen am 23.12.2024.