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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von der Vorverkündigung/ aus dem Gestirn/ etc.
für ungereimte und böse Entschliessungen ausbrute/ davon wäre viel zu
sagen.

Winterschild. Viel erträglicher aber kommen mir diejenige für/ wel-
che/ mit dem Ptolemoeo/ dem Gestirn zwar eine Neigungskrafft/ aber kein
absolutes Regiment/ Geblet/ oder Zwang über uns Menschen zueignen; son-
dern unserem Willen seine freye Wahl und Willkuhr lassen; welches die
andre Secte von denen ist/ die aus dem Gestirn alles vorher zu erlernen ver-
meinen. Wiewol mans billiger die Dritte nennen möchte: in Betrachtung/
daß vom Astrologischen Fato oder Stern-Geschick überhaupt dreyerleyDreyerley
Stern-Ge-
schicke.

Meinungen geführt werden: Jndem etliche demselben so wol den Gött-
als menschlichen Willen/ unterwerffen; etliche den menschlichen nur al-
lein; etliche aber beydes den Willen GOttes/ und deß Menschen/ von
solcher Sclaverey frey zehlen: welcher letzten gesunderen Meinung zwar
Philippus Melanchthon beygestimmet; dennoch aber die Vorwissen-
schafft aus dem Gestirn fast ein wenig zu hoch gehalten; dannenhero auch
Herr Lutherus ihm hierinn seine Gedancken allein gelassen.

Goldstern. Wenn wir hernach/ auf die Geburts-Stellungen/
kommen/ werde ich hierauf antworten: Sage jetzo kürtzlich allein dieses/
daß ich die erste Gattung der Sternforscher/ welche dem Gestirn einen
gewissen unvermeidlichen Zug oder Gewalt zuschreibet/ selbst verwerffe/
und sie/ mit keinem Wort/ zu vertretten begehre. Aber es fehlet noch
sehr weit/ daß hiemit der Herr Adlerhaupt alle Stern-Verkündigun-
gen hätte übern Hauffen gestürmet. Denn/ vor erst/ muß er dieses den
Sternkündigern lassen/ daß man/ von der Witterung/ eine starcke Mut-
massung/ aus dem Sternen-Lauffe schöpffen könne. Wer will doch das
alles ins Leugnen ziehen/ was die vielfältige Erfahrung manchem gelehr-
ten Scribenten in die Feder gegeben? Daß das Sieben-Gestirn trübe
Wolcken/ Regen/ und Sturm mache/ und den Schiffenden manches
Unglück/ wenn sie sich nicht vorsehen/ errege; wer will es doch widerspre-
chen? Daß der Orion gleichfalls gern starcke Platz-Regen werffe/ die
Schiffe/ mit Sturm-Winden/ bestreite/ wer will es doch umstossen?
Daß der Fuhrmann Reiff/ Kälte/ und Eys/ gebäre; hingegen derDas Ge-
stirn regiert
die Witte-
rung.

Hunds-Stern grosse Hitze; wird umsonst in Zweisel gezogen. Denn
das ist besagter/ und theils andrer Gestirne/ Gewonheit/ daß sie Lufft
und Wolcken verdicken/ Regen und Wind/ ja starcke Sturm-Winde/
und andres dergleichen/ zuwegen bringen/ oder erregen; wofern es nicht/
durch kräfftige Ursachen/ verhindert wird.

Massen

Von der Vorverkuͤndigung/ aus dem Geſtirn/ ꝛc.
fuͤr ungereimte und boͤſe Entſchlieſſungen ausbrute/ davon waͤre viel zu
ſagen.

Winterſchild. Viel ertraͤglicher aber kom̃en mir diejenige fuͤr/ wel-
che/ mit dem Ptolemœo/ dem Geſtirn zwar eine Neigungskrafft/ aber kein
abſolutes Regiment/ Geblet/ oder Zwang uͤber uns Menſchẽ zueignen; ſon-
dern unſerem Willen ſeine freye Wahl und Willkuhr laſſen; welches die
andre Secte von denẽ iſt/ die aus dem Geſtirn alles vorher zu erlernen ver-
meinẽ. Wiewol mans billiger die Dritte nennen moͤchte: in Betrachtung/
daß vom Aſtrologiſchen Fato oder Stern-Geſchick uͤberhaupt dreyerleyDreyerley
Stern-Ge-
ſchicke.

Meinungen gefuͤhrt werden: Jndem etliche demſelben ſo wol den Goͤtt-
als menſchlichen Willen/ unterwerffen; etliche den menſchlichen nur al-
lein; etliche aber beydes den Willen GOttes/ und deß Menſchen/ von
ſolcher Sclaverey frey zehlen: welcher letzten geſunderen Meinung zwar
Philippus Melanchthon beygeſtimmet; dennoch aber die Vorwiſſen-
ſchafft aus dem Geſtirn faſt ein wenig zu hoch gehalten; dannenhero auch
Herꝛ Lutherus ihm hierinn ſeine Gedancken allein gelaſſen.

Goldſtern. Wenn wir hernach/ auf die Geburts-Stellungen/
kommen/ werde ich hierauf antworten: Sage jetzo kuͤrtzlich allein dieſes/
daß ich die erſte Gattung der Sternforſcher/ welche dem Geſtirn einen
gewiſſen unvermeidlichen Zug oder Gewalt zuſchreibet/ ſelbſt verwerffe/
und ſie/ mit keinem Wort/ zu vertretten begehre. Aber es fehlet noch
ſehr weit/ daß hiemit der Herꝛ Adlerhaupt alle Stern-Verkuͤndigun-
gen haͤtte uͤbern Hauffen geſtuͤrmet. Denn/ vor erſt/ muß er dieſes den
Sternkuͤndigern laſſen/ daß man/ von der Witterung/ eine ſtarcke Mut-
maſſung/ aus dem Sternen-Lauffe ſchoͤpffen koͤnne. Wer will doch das
alles ins Leugnen ziehen/ was die vielfaͤltige Erfahrung manchem gelehr-
ten Scribenten in die Feder gegeben? Daß das Sieben-Geſtirn truͤbe
Wolcken/ Regen/ und Sturm mache/ und den Schiffenden manches
Ungluͤck/ wenn ſie ſich nicht vorſehen/ errege; wer will es doch widerſpre-
chen? Daß der Orion gleichfalls gern ſtarcke Platz-Regen werffe/ die
Schiffe/ mit Sturm-Winden/ beſtreite/ wer will es doch umſtoſſen?
Daß der Fuhrmann Reiff/ Kaͤlte/ und Eys/ gebaͤre; hingegen derDas Ge-
ſtirn regiert
die Witte-
rung.

Hunds-Stern groſſe Hitze; wird umſonſt in Zweiſel gezogen. Denn
das iſt beſagter/ und theils andrer Geſtirne/ Gewonheit/ daß ſie Lufft
und Wolcken verdicken/ Regen und Wind/ ja ſtarcke Sturm-Winde/
und andres dergleichen/ zuwegen bringen/ oder erregen; wofern es nicht/
durch kraͤfftige Urſachen/ verhindert wird.

Maſſen
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[1471/1549] Von der Vorverkuͤndigung/ aus dem Geſtirn/ ꝛc. fuͤr ungereimte und boͤſe Entſchlieſſungen ausbrute/ davon waͤre viel zu ſagen. Winterſchild. Viel ertraͤglicher aber kom̃en mir diejenige fuͤr/ wel- che/ mit dem Ptolemœo/ dem Geſtirn zwar eine Neigungskrafft/ aber kein abſolutes Regiment/ Geblet/ oder Zwang uͤber uns Menſchẽ zueignen; ſon- dern unſerem Willen ſeine freye Wahl und Willkuhr laſſen; welches die andre Secte von denẽ iſt/ die aus dem Geſtirn alles vorher zu erlernen ver- meinẽ. Wiewol mans billiger die Dritte nennen moͤchte: in Betrachtung/ daß vom Aſtrologiſchen Fato oder Stern-Geſchick uͤberhaupt dreyerley Meinungen gefuͤhrt werden: Jndem etliche demſelben ſo wol den Goͤtt- als menſchlichen Willen/ unterwerffen; etliche den menſchlichen nur al- lein; etliche aber beydes den Willen GOttes/ und deß Menſchen/ von ſolcher Sclaverey frey zehlen: welcher letzten geſunderen Meinung zwar Philippus Melanchthon beygeſtimmet; dennoch aber die Vorwiſſen- ſchafft aus dem Geſtirn faſt ein wenig zu hoch gehalten; dannenhero auch Herꝛ Lutherus ihm hierinn ſeine Gedancken allein gelaſſen. Dreyerley Stern-Ge- ſchicke. Goldſtern. Wenn wir hernach/ auf die Geburts-Stellungen/ kommen/ werde ich hierauf antworten: Sage jetzo kuͤrtzlich allein dieſes/ daß ich die erſte Gattung der Sternforſcher/ welche dem Geſtirn einen gewiſſen unvermeidlichen Zug oder Gewalt zuſchreibet/ ſelbſt verwerffe/ und ſie/ mit keinem Wort/ zu vertretten begehre. Aber es fehlet noch ſehr weit/ daß hiemit der Herꝛ Adlerhaupt alle Stern-Verkuͤndigun- gen haͤtte uͤbern Hauffen geſtuͤrmet. Denn/ vor erſt/ muß er dieſes den Sternkuͤndigern laſſen/ daß man/ von der Witterung/ eine ſtarcke Mut- maſſung/ aus dem Sternen-Lauffe ſchoͤpffen koͤnne. Wer will doch das alles ins Leugnen ziehen/ was die vielfaͤltige Erfahrung manchem gelehr- ten Scribenten in die Feder gegeben? Daß das Sieben-Geſtirn truͤbe Wolcken/ Regen/ und Sturm mache/ und den Schiffenden manches Ungluͤck/ wenn ſie ſich nicht vorſehen/ errege; wer will es doch widerſpre- chen? Daß der Orion gleichfalls gern ſtarcke Platz-Regen werffe/ die Schiffe/ mit Sturm-Winden/ beſtreite/ wer will es doch umſtoſſen? Daß der Fuhrmann Reiff/ Kaͤlte/ und Eys/ gebaͤre; hingegen der Hunds-Stern groſſe Hitze; wird umſonſt in Zweiſel gezogen. Denn das iſt beſagter/ und theils andrer Geſtirne/ Gewonheit/ daß ſie Lufft und Wolcken verdicken/ Regen und Wind/ ja ſtarcke Sturm-Winde/ und andres dergleichen/ zuwegen bringen/ oder erregen; wofern es nicht/ durch kraͤfftige Urſachen/ verhindert wird. Das Ge- ſtirn regiert die Witte- rung. Maſſen

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1549>, abgerufen am 23.07.2024.