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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der V. Discurs/ von der alten Griechen/ Hebraeer/ Egypter/
nen Füssen war der Drachen-Schwantz unterworffen: welcher Drach
sich mit seinem Balg/ durch alle Himmels-Kreise herum lenckte/ und
endlich/ mit einem dreyfachem Haupt/ endigte.

Apollo solte ihnen die Seele der sinnlichen Welt bedeuten: die Ci-
ther/ in seiner Hand/ bemerckte die harmonische Einhälligkeit/ welche
er der Welt verleihet. Durch die Sonnen-Blum verstunden sie die
eingeführte Verbindung der Unter-Welt/ mit der Ober-Welt. Die
drey Huld-Göttinnen stelleten für den Glantz/ die Mildigkeit/ und
Gnaden-Gaben/ womit sich Apollo/ gegen die Welt/ heraus lässt.
Die Apollini[sche] Schlange/ oder der Drach/ bildet für die Zeug- oder
Fort-pflantzungs-Krafft/ so durch den gantzen Körper der Welt ausge-
breitet. Das dreyfache Drachen-Haupt/ so den Erdbodem berührt/
bedeutet die dreyerley Kräffte/ wovon der Erdenkreis fruchtbar wird;
nemlich die Anfeuchtende/ Wärmende/ und Besamende: welche zu aller
und jeder Fortpflantzung vonnöthen thun.

Der He-
braeer Für-
geben von
der Stern-
Welt.
Der Hebraeer stellet jedwedem Kreise hingegen einen Engel für/
und giebt aus/ daß die Engel ihre Krafft den zehen Kreisen der gestirnten
Welt eindrucken; diese aber gleichfalls wiederum solche empfangene Krafft
den zehen Graden der elementarischen Welt/ wie auch den zehen für-
nehmsten Gliedmassen menschliches Leibes/ mittheilen: auf gleiche Art/
als wie eine berührte Seite die andre rege macht; und/ in den Kunst-
Wercken/ ein Rad dem andren seinen Trieb giebt. Den zehenden Kreis
aber wolten sie dem verborgenen Göttlichen Wesen vorbehalten wissen:
und nennen ihn Ensuf, das ist/ den Unendlichen. Hievon ist/ im Obe-
lisco Pamphilio
Kircheri am 242. Blat/ breitere Erzehlung zu haben:
denn ich mag hierinn der Weitläufftigkeit nicht zu viel nach hengen: weil
wir sonst/ ohne das/ noch mehr/ von der Stern-Welt/ mit den Egyp-
tern/ reden müssen.

Diese Völcker/ gleichwie sie bey allen Geheimnissen der Natur eine
sinnreiche Fürbildung derselben haben schimmern lassen; also erscheinet/ in
Fürstellung der gestirnten und elementarischen Welt/ ein sonderbares Mu-
ster ihrer tieffsinnigen Nachdencklichkeit. Wie folgendes fürtreffliches
Sinnbild beweiset.

Egyptische
Fürbildung
per Stern-
Welt.
Sie mahleten eine Figur/ oder Bild/ welches eines Kefers Leib/ aber
menschliches Haupt hatte: zwischen dem Kopffe aber und Leibe/ fünff über-
ein ander formirte Zirckeln/ wodurch die Kreise der Planeten fürgebildet
wurden. Auf besagtem menschlich-gebildtem Kopffe/ stund der Mond/
und in demselben/ ein Kreutz mit einer Handheben/ oder Hand-Griff;
welches ein Bedeutungs-Zeichen der elementarischen Welt. Der Kefer

hielt/

Der V. Discurs/ von der alten Griechen/ Hebræer/ Egypter/
nen Fuͤſſen war der Drachen-Schwantz unterworffen: welcher Drach
ſich mit ſeinem Balg/ durch alle Himmels-Kreiſe herum lenckte/ und
endlich/ mit einem dreyfachem Haupt/ endigte.

Apollo ſolte ihnen die Seele der ſinnlichen Welt bedeuten: die Ci-
ther/ in ſeiner Hand/ bemerckte die harmoniſche Einhaͤlligkeit/ welche
er der Welt verleihet. Durch die Sonnen-Blum verſtunden ſie die
eingefuͤhrte Verbindung der Unter-Welt/ mit der Ober-Welt. Die
drey Huld-Goͤttinnen ſtelleten fuͤr den Glantz/ die Mildigkeit/ und
Gnaden-Gaben/ womit ſich Apollo/ gegen die Welt/ heraus laͤſſt.
Die Apollini[ſche] Schlange/ oder der Drach/ bildet fuͤr die Zeug- oder
Fort-pflantzungs-Krafft/ ſo durch den gantzen Koͤrper der Welt ausge-
breitet. Das dreyfache Drachen-Haupt/ ſo den Erdbodem beruͤhrt/
bedeutet die dreyerley Kraͤffte/ wovon der Erdenkreis fruchtbar wird;
nemlich die Anfeuchtende/ Waͤrmende/ und Beſamende: welche zu aller
und jeder Fortpflantzung vonnoͤthen thun.

Der He-
bræer Fuͤr-
geben von
der Stern-
Welt.
Der Hebræer ſtellet jedwedem Kreiſe hingegen einen Engel fuͤr/
und giebt aus/ daß die Engel ihre Krafft den zehen Kreiſen der geſtirnten
Welt eindrucken; dieſe aber gleichfalls wiederum ſolche empfangene Kꝛafft
den zehen Graden der elementariſchen Welt/ wie auch den zehen fuͤr-
nehmſten Gliedmaſſen menſchliches Leibes/ mittheilen: auf gleiche Art/
als wie eine beruͤhrte Seite die andre rege macht; und/ in den Kunſt-
Wercken/ ein Rad dem andren ſeinen Trieb giebt. Den zehenden Kreis
aber wolten ſie dem verborgenen Goͤttlichen Weſen vorbehalten wiſſen:
und nennen ihn Enſuf, das iſt/ den Unendlichen. Hievon iſt/ im Obe-
liſco Pamphilio
Kircheri am 242. Blat/ breitere Erzehlung zu haben:
denn ich mag hierinn der Weitlaͤufftigkeit nicht zu viel nach hengen: weil
wir ſonſt/ ohne das/ noch mehr/ von der Stern-Welt/ mit den Egyp-
tern/ reden muͤſſen.

Dieſe Voͤlcker/ gleichwie ſie bey allen Geheimniſſen der Natur eine
ſinnreiche Fuͤrbildung derſelben haben ſchimmern laſſen; alſo erſcheinet/ in
Fuͤrſtellung der geſtirnten und elementariſchen Welt/ ein ſonderbares Mu-
ſter ihrer tieffſinnigen Nachdencklichkeit. Wie folgendes fuͤrtreffliches
Sinnbild beweiſet.

Egyptiſche
Fuͤꝛbildung
per Stern-
Welt.
Sie mahleten eine Figur/ oder Bild/ welches eines Kefers Leib/ aber
menſchliches Haupt hatte: zwiſchen dem Kopffe aber und Leibe/ fuͤnff uͤber-
ein ander formirte Zirckeln/ wodurch die Kreiſe der Planeten fuͤrgebildet
wurden. Auf beſagtem menſchlich-gebildtem Kopffe/ ſtund der Mond/
und in demſelben/ ein Kreutz mit einer Handheben/ oder Hand-Griff;
welches ein Bedeutungs-Zeichen der elementariſchen Welt. Der Kefer

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[96/0122] Der V. Discurs/ von der alten Griechen/ Hebræer/ Egypter/ nen Fuͤſſen war der Drachen-Schwantz unterworffen: welcher Drach ſich mit ſeinem Balg/ durch alle Himmels-Kreiſe herum lenckte/ und endlich/ mit einem dreyfachem Haupt/ endigte. Apollo ſolte ihnen die Seele der ſinnlichen Welt bedeuten: die Ci- ther/ in ſeiner Hand/ bemerckte die harmoniſche Einhaͤlligkeit/ welche er der Welt verleihet. Durch die Sonnen-Blum verſtunden ſie die eingefuͤhrte Verbindung der Unter-Welt/ mit der Ober-Welt. Die drey Huld-Goͤttinnen ſtelleten fuͤr den Glantz/ die Mildigkeit/ und Gnaden-Gaben/ womit ſich Apollo/ gegen die Welt/ heraus laͤſſt. Die Apolliniſche Schlange/ oder der Drach/ bildet fuͤr die Zeug- oder Fort-pflantzungs-Krafft/ ſo durch den gantzen Koͤrper der Welt ausge- breitet. Das dreyfache Drachen-Haupt/ ſo den Erdbodem beruͤhrt/ bedeutet die dreyerley Kraͤffte/ wovon der Erdenkreis fruchtbar wird; nemlich die Anfeuchtende/ Waͤrmende/ und Beſamende: welche zu aller und jeder Fortpflantzung vonnoͤthen thun. Der Hebræer ſtellet jedwedem Kreiſe hingegen einen Engel fuͤr/ und giebt aus/ daß die Engel ihre Krafft den zehen Kreiſen der geſtirnten Welt eindrucken; dieſe aber gleichfalls wiederum ſolche empfangene Kꝛafft den zehen Graden der elementariſchen Welt/ wie auch den zehen fuͤr- nehmſten Gliedmaſſen menſchliches Leibes/ mittheilen: auf gleiche Art/ als wie eine beruͤhrte Seite die andre rege macht; und/ in den Kunſt- Wercken/ ein Rad dem andren ſeinen Trieb giebt. Den zehenden Kreis aber wolten ſie dem verborgenen Goͤttlichen Weſen vorbehalten wiſſen: und nennen ihn Enſuf, das iſt/ den Unendlichen. Hievon iſt/ im Obe- liſco Pamphilio Kircheri am 242. Blat/ breitere Erzehlung zu haben: denn ich mag hierinn der Weitlaͤufftigkeit nicht zu viel nach hengen: weil wir ſonſt/ ohne das/ noch mehr/ von der Stern-Welt/ mit den Egyp- tern/ reden muͤſſen. Der He- bræer Fuͤr- geben von der Stern- Welt. Dieſe Voͤlcker/ gleichwie ſie bey allen Geheimniſſen der Natur eine ſinnreiche Fuͤrbildung derſelben haben ſchimmern laſſen; alſo erſcheinet/ in Fuͤrſtellung der geſtirnten und elementariſchen Welt/ ein ſonderbares Mu- ſter ihrer tieffſinnigen Nachdencklichkeit. Wie folgendes fuͤrtreffliches Sinnbild beweiſet. Sie mahleten eine Figur/ oder Bild/ welches eines Kefers Leib/ aber menſchliches Haupt hatte: zwiſchen dem Kopffe aber und Leibe/ fuͤnff uͤber- ein ander formirte Zirckeln/ wodurch die Kreiſe der Planeten fuͤrgebildet wurden. Auf beſagtem menſchlich-gebildtem Kopffe/ ſtund der Mond/ und in demſelben/ ein Kreutz mit einer Handheben/ oder Hand-Griff; welches ein Bedeutungs-Zeichen der elementariſchen Welt. Der Kefer hielt/ Egyptiſche Fuͤꝛbildung per Stern- Welt.

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/122>, abgerufen am 28.11.2024.