Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

Bild:
<< vorherige Seite

Der ein und zwantzigste Discurs/
ausstreuet: dennoch weil das Auge bey der Nacht sonst von keinem Liecht/
wie bey Tage/ verhindert wird/ so ist niemand auf Erden/ der nicht den
Wiederschein seiner von der Sonnen erleuchteten rauhen und mit Berg
und Thal gleichsam überschütteten Fläche/ als einem herrlichen Glantz/
solte erkennen können: zumal/ wenn er die übrige/ von der Sonnen abge-
wendete/ und deßwegen noch gantz finstere Fläche darneben/ so offt der
Mond nicht voll ist/ auch zugleich mit in Betrachtung ziehet. Derglei-
chen ist so wol an jedem gleichförmigem Dinge/ als absonderlich an der
gantzen Erdkugel zu verspühren/ wenn man weit genug davon stehen
solte.

Wenn aber die Sonnen-Stralen auf ein rares/ lockeres/ durch-
dringbares/ durchsichtiges Corpus fallen; so prallen nur etliche wenige
stracks bey der äusserlichen Fläche/ da sie antreffen/ wieder zurück/ und
zwar auch entweder zugleich und einmütig/ wenn die Fläche glatt/ wie an
den Scheiben und Glasfenstern zu sehen/ oder zerstreuet/ wie anderswo:
die meisten aber dringen durch/ wiewol gebrochen/ und zwar wiederum
auch entweder zugleich und einmütig/ wo nicht auf die gerade Gegend/
die der Sonnen entgegen stehet/ doch auf eine benachbarte. Welches
geschicht/ wenn das durch sichtige Corpus polirt/ oder sonst nur äusserlich
glatt ist/ wie wir wiederum an einem Glase/ und an der Lufft/ früh/ wenn
die Sonne schon aufgegangen ist und scheinet/ sehen: Oder sie dringen
hin und wieder zerstreuet durch; welches geschicht/ wenn das durchdring-
bare Corpus äusserlich nicht polirt/ oder sonst seine Stücklein unordent-
lich im Gantzen ligen; daher die Stralen bald hie bald da antreffen/ sich
bald da/ bald dorthin schlagen/ daß sie sich also gleichsam verwirren/ und
wo sie nur können/ hier oder da gleichsam wieder heraus zu fahren/ suchen;
dahero sie sich im Durchgehen ringsherum zerstreuen: wiewol der meiste
Hauff gegen die benachbarte Gegenden derer/ dahin sie erst gewolt/ zu
fahren/ sich äusserst bemühen/ und auch/ wofern das Corpus nicht gar zu
sehr verwirret/ beynahe dahin gelangen. Wie wir an der Lufft/ früh/
bey Anfang der Demmerung/ spühren. Und dahero kommts/ daß
der Wiederschein solcher Körper nicht so starck/ als derer jenigen/ welche
dicht und fest seyn/ und alle empfangene Stralen also treulich wieder zu-
rück schlagen können; sondern gar blaß und dunckel gespühret wird/ wie
wir an unsern Wolcken zu sehen haben. Und hieher in diese Claß gehö-
ren auch die Kometen; als welche keines weges so starck gläntzen/ daß
man ihren Schein dem Wiederschein eines dichten Körpers/ als deß
Monds/ und anderer vergleichen könnte: sondern weil sie so blaß/ und
zumal noch darzu mit einem von sich gestreckten langen Schweiff erschei-

nen;

Der ein und zwantzigſte Discurs/
ausſtreuet: dennoch weil das Auge bey der Nacht ſonſt von keinem Liecht/
wie bey Tage/ verhindert wird/ ſo iſt niemand auf Erden/ der nicht den
Wiederſchein ſeiner von der Sonnen erleuchteten rauhen und mit Berg
und Thal gleichſam uͤberſchuͤtteten Flaͤche/ als einem herꝛlichen Glantz/
ſolte erkennen koͤnnen: zumal/ wenn er die uͤbrige/ von der Sonnen abge-
wendete/ und deßwegen noch gantz finſtere Flaͤche darneben/ ſo offt der
Mond nicht voll iſt/ auch zugleich mit in Betrachtung ziehet. Derglei-
chen iſt ſo wol an jedem gleichfoͤrmigem Dinge/ als abſonderlich an der
gantzen Erdkugel zu verſpuͤhren/ wenn man weit genug davon ſtehen
ſolte.

Wenn aber die Sonnen-Stralen auf ein rares/ lockeres/ durch-
dringbares/ durchſichtiges Corpus fallen; ſo prallen nur etliche wenige
ſtracks bey der aͤuſſerlichen Flaͤche/ da ſie antreffen/ wieder zuruͤck/ und
zwar auch entweder zugleich und einmuͤtig/ wenn die Flaͤche glatt/ wie an
den Scheiben und Glasfenſtern zu ſehen/ oder zerſtreuet/ wie anderswo:
die meiſten aber dringen durch/ wiewol gebrochen/ und zwar wiederum
auch entweder zugleich und einmuͤtig/ wo nicht auf die gerade Gegend/
die der Sonnen entgegen ſtehet/ doch auf eine benachbarte. Welches
geſchicht/ wenn das durch ſichtige Corpus polirt/ oder ſonſt nur aͤuſſerlich
glatt iſt/ wie wir wiederum an einem Glaſe/ und an der Lufft/ fruͤh/ wenn
die Sonne ſchon aufgegangen iſt und ſcheinet/ ſehen: Oder ſie dringen
hin und wieder zerſtreuet durch; welches geſchicht/ wenn das durchdring-
bare Corpus aͤuſſerlich nicht polirt/ oder ſonſt ſeine Stuͤcklein unordent-
lich im Gantzen ligen; daher die Stralen bald hie bald da antreffen/ ſich
bald da/ bald dorthin ſchlagen/ daß ſie ſich alſo gleichſam verwirren/ und
wo ſie nur koͤnnen/ hier oder da gleichſam wieder heraus zu fahren/ ſuchen;
dahero ſie ſich im Durchgehen ringsherum zerſtreuen: wiewol der meiſte
Hauff gegen die benachbarte Gegenden derer/ dahin ſie erſt gewolt/ zu
fahren/ ſich aͤuſſerſt bemuͤhen/ und auch/ wofern das Corpus nicht gar zu
ſehr verwirret/ beynahe dahin gelangen. Wie wir an der Lufft/ fruͤh/
bey Anfang der Demmerung/ ſpuͤhren. Und dahero kommts/ daß
der Wiederſchein ſolcher Koͤrper nicht ſo ſtarck/ als derer jenigen/ welche
dicht und feſt ſeyn/ und alle empfangene Stralen alſo treulich wieder zu-
ruͤck ſchlagen koͤnnen; ſondern gar blaß und dunckel geſpuͤhret wird/ wie
wir an unſern Wolcken zu ſehen haben. Und hieher in dieſe Claß gehoͤ-
ren auch die Kometen; als welche keines weges ſo ſtarck glaͤntzen/ daß
man ihren Schein dem Wiederſchein eines dichten Koͤrpers/ als deß
Monds/ und anderer vergleichen koͤnnte: ſondern weil ſie ſo blaß/ und
zumal noch darzu mit einem von ſich geſtreckten langen Schweiff erſchei-

nen;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f1196" n="1126"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der ein und zwantzig&#x017F;te Discurs/</hi></fw><lb/>
aus&#x017F;treuet: dennoch weil das Auge bey der Nacht &#x017F;on&#x017F;t von keinem Liecht/<lb/>
wie bey Tage/ verhindert wird/ &#x017F;o i&#x017F;t niemand auf Erden/ der nicht den<lb/>
Wieder&#x017F;chein &#x017F;einer von der Sonnen erleuchteten rauhen und mit Berg<lb/>
und Thal gleich&#x017F;am u&#x0364;ber&#x017F;chu&#x0364;tteten Fla&#x0364;che/ als einem her&#xA75B;lichen Glantz/<lb/>
&#x017F;olte erkennen ko&#x0364;nnen: zumal/ wenn er die u&#x0364;brige/ von der Sonnen abge-<lb/>
wendete/ und deßwegen noch gantz fin&#x017F;tere Fla&#x0364;che darneben/ &#x017F;o offt der<lb/>
Mond nicht voll i&#x017F;t/ auch zugleich mit in Betrachtung ziehet. Derglei-<lb/>
chen i&#x017F;t &#x017F;o wol an jedem gleichfo&#x0364;rmigem Dinge/ als ab&#x017F;onderlich an der<lb/>
gantzen Erdkugel zu ver&#x017F;pu&#x0364;hren/ wenn man weit genug davon &#x017F;tehen<lb/>
&#x017F;olte.</p><lb/>
        <p>Wenn aber die Sonnen-Stralen auf ein rares/ lockeres/ durch-<lb/>
dringbares/ durch&#x017F;ichtiges Corpus fallen; &#x017F;o prallen nur etliche wenige<lb/>
&#x017F;tracks bey der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Fla&#x0364;che/ da &#x017F;ie antreffen/ wieder zuru&#x0364;ck/ und<lb/>
zwar auch entweder zugleich und einmu&#x0364;tig/ wenn die Fla&#x0364;che glatt/ wie an<lb/>
den Scheiben und Glasfen&#x017F;tern zu &#x017F;ehen/ oder zer&#x017F;treuet/ wie anderswo:<lb/>
die mei&#x017F;ten aber dringen durch/ wiewol gebrochen/ und zwar wiederum<lb/>
auch entweder zugleich und einmu&#x0364;tig/ wo nicht auf die gerade Gegend/<lb/>
die der Sonnen entgegen &#x017F;tehet/ doch auf eine benachbarte. Welches<lb/>
ge&#x017F;chicht/ wenn das durch &#x017F;ichtige Corpus polirt/ oder &#x017F;on&#x017F;t nur a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich<lb/>
glatt i&#x017F;t/ wie wir wiederum an einem Gla&#x017F;e/ und an der Lufft/ fru&#x0364;h/ wenn<lb/>
die Sonne &#x017F;chon aufgegangen i&#x017F;t und &#x017F;cheinet/ &#x017F;ehen: Oder &#x017F;ie dringen<lb/>
hin und wieder zer&#x017F;treuet durch; welches ge&#x017F;chicht/ wenn das durchdring-<lb/>
bare Corpus a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich nicht polirt/ oder &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;eine Stu&#x0364;cklein unordent-<lb/>
lich im Gantzen ligen; daher die Stralen bald hie bald da antreffen/ &#x017F;ich<lb/>
bald da/ bald dorthin &#x017F;chlagen/ daß &#x017F;ie &#x017F;ich al&#x017F;o gleich&#x017F;am verwirren/ und<lb/>
wo &#x017F;ie nur ko&#x0364;nnen/ hier oder da gleich&#x017F;am wieder heraus zu fahren/ &#x017F;uchen;<lb/>
dahero &#x017F;ie &#x017F;ich im Durchgehen ringsherum zer&#x017F;treuen: wiewol der mei&#x017F;te<lb/>
Hauff gegen die benachbarte Gegenden derer/ dahin &#x017F;ie er&#x017F;t gewolt/ zu<lb/>
fahren/ &#x017F;ich a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t bemu&#x0364;hen/ und auch/ wofern das Corpus nicht gar zu<lb/>
&#x017F;ehr verwirret/ beynahe dahin gelangen. Wie wir an der Lufft/ fru&#x0364;h/<lb/>
bey Anfang der Demmerung/ &#x017F;pu&#x0364;hren. Und dahero kommts/ daß<lb/>
der Wieder&#x017F;chein &#x017F;olcher Ko&#x0364;rper nicht &#x017F;o &#x017F;tarck/ als derer jenigen/ welche<lb/>
dicht und fe&#x017F;t &#x017F;eyn/ und alle empfangene Stralen al&#x017F;o treulich wieder zu-<lb/>
ru&#x0364;ck &#x017F;chlagen ko&#x0364;nnen; &#x017F;ondern gar blaß und dunckel ge&#x017F;pu&#x0364;hret wird/ wie<lb/>
wir an un&#x017F;ern Wolcken zu &#x017F;ehen haben. Und hieher in die&#x017F;e Claß geho&#x0364;-<lb/>
ren auch die Kometen; als welche keines weges &#x017F;o &#x017F;tarck gla&#x0364;ntzen/ daß<lb/>
man ihren Schein dem Wieder&#x017F;chein eines dichten Ko&#x0364;rpers/ als deß<lb/>
Monds/ und anderer vergleichen ko&#x0364;nnte: &#x017F;ondern weil &#x017F;ie &#x017F;o blaß/ und<lb/>
zumal noch darzu mit einem von &#x017F;ich ge&#x017F;treckten langen Schweiff er&#x017F;chei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen;</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1126/1196] Der ein und zwantzigſte Discurs/ ausſtreuet: dennoch weil das Auge bey der Nacht ſonſt von keinem Liecht/ wie bey Tage/ verhindert wird/ ſo iſt niemand auf Erden/ der nicht den Wiederſchein ſeiner von der Sonnen erleuchteten rauhen und mit Berg und Thal gleichſam uͤberſchuͤtteten Flaͤche/ als einem herꝛlichen Glantz/ ſolte erkennen koͤnnen: zumal/ wenn er die uͤbrige/ von der Sonnen abge- wendete/ und deßwegen noch gantz finſtere Flaͤche darneben/ ſo offt der Mond nicht voll iſt/ auch zugleich mit in Betrachtung ziehet. Derglei- chen iſt ſo wol an jedem gleichfoͤrmigem Dinge/ als abſonderlich an der gantzen Erdkugel zu verſpuͤhren/ wenn man weit genug davon ſtehen ſolte. Wenn aber die Sonnen-Stralen auf ein rares/ lockeres/ durch- dringbares/ durchſichtiges Corpus fallen; ſo prallen nur etliche wenige ſtracks bey der aͤuſſerlichen Flaͤche/ da ſie antreffen/ wieder zuruͤck/ und zwar auch entweder zugleich und einmuͤtig/ wenn die Flaͤche glatt/ wie an den Scheiben und Glasfenſtern zu ſehen/ oder zerſtreuet/ wie anderswo: die meiſten aber dringen durch/ wiewol gebrochen/ und zwar wiederum auch entweder zugleich und einmuͤtig/ wo nicht auf die gerade Gegend/ die der Sonnen entgegen ſtehet/ doch auf eine benachbarte. Welches geſchicht/ wenn das durch ſichtige Corpus polirt/ oder ſonſt nur aͤuſſerlich glatt iſt/ wie wir wiederum an einem Glaſe/ und an der Lufft/ fruͤh/ wenn die Sonne ſchon aufgegangen iſt und ſcheinet/ ſehen: Oder ſie dringen hin und wieder zerſtreuet durch; welches geſchicht/ wenn das durchdring- bare Corpus aͤuſſerlich nicht polirt/ oder ſonſt ſeine Stuͤcklein unordent- lich im Gantzen ligen; daher die Stralen bald hie bald da antreffen/ ſich bald da/ bald dorthin ſchlagen/ daß ſie ſich alſo gleichſam verwirren/ und wo ſie nur koͤnnen/ hier oder da gleichſam wieder heraus zu fahren/ ſuchen; dahero ſie ſich im Durchgehen ringsherum zerſtreuen: wiewol der meiſte Hauff gegen die benachbarte Gegenden derer/ dahin ſie erſt gewolt/ zu fahren/ ſich aͤuſſerſt bemuͤhen/ und auch/ wofern das Corpus nicht gar zu ſehr verwirret/ beynahe dahin gelangen. Wie wir an der Lufft/ fruͤh/ bey Anfang der Demmerung/ ſpuͤhren. Und dahero kommts/ daß der Wiederſchein ſolcher Koͤrper nicht ſo ſtarck/ als derer jenigen/ welche dicht und feſt ſeyn/ und alle empfangene Stralen alſo treulich wieder zu- ruͤck ſchlagen koͤnnen; ſondern gar blaß und dunckel geſpuͤhret wird/ wie wir an unſern Wolcken zu ſehen haben. Und hieher in dieſe Claß gehoͤ- ren auch die Kometen; als welche keines weges ſo ſtarck glaͤntzen/ daß man ihren Schein dem Wiederſchein eines dichten Koͤrpers/ als deß Monds/ und anderer vergleichen koͤnnte: ſondern weil ſie ſo blaß/ und zumal noch darzu mit einem von ſich geſtreckten langen Schweiff erſchei- nen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1196
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1196>, abgerufen am 23.12.2024.