Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der vierdte Discurs/ von der Egypter/ Syrer/ Diese so hohe und tieffsinnige Gedancken haben die nachgeborne Hiernechst folget die zweyte Verständnissen- Welt/ oder die En- Die Engel- Goldstern. Mir ist zwar nicht unbewust/ daß viel alte Kirchen- Adlerhaupt. Die Egypter wähneten/ die Engel-Welt wäre/ von Die Welt führet den Namen deß Verständnisses/ von den Geistern/ aus
Der vierdte Discurs/ von der Egypter/ Syrer/ Dieſe ſo hohe und tieffſinnige Gedancken haben die nachgeborne Hiernechſt folget die zweyte Verſtaͤndniſſen- Welt/ oder die En- Die Engel- Goldſtern. Mir iſt zwar nicht unbewuſt/ daß viel alte Kirchen- Adlerhaupt. Die Egypter waͤhneten/ die Engel-Welt waͤre/ von Die Welt fuͤhret den Namen deß Verſtaͤndniſſes/ von den Geiſtern/ aus
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Der vierdte Discurs/ von der Egypter/ Syrer/
Dieſe ſo hohe und tieffſinnige Gedancken haben die nachgeborne
Egypter nicht verſtanden; ſondern die aͤuſſerliche Formen der Dinge/ mit
den inneren Geſtalten der idealiſchen Urſachen/ vermengt; und alſo allge-
mach eine Abgoͤtterey eingefuͤhrt: indem ſie alle natuͤrlicher Dinge Selbſt-
ſtaͤndigkeiten/ ſo wol belebte/ als unbelebte/ fuͤr nichts anders/ denn eini-
ge Stuͤcklein goͤttlicher Subſtantz/ aufgenommen/ und demnach auch
goͤttlich geehrt. Aus ſelbigem falſchen Grunde/ hielten ſie die Thiere/ fuͤr
geheime Enthaͤltniſſen/ und verborgene Wohnungen der Gottheit.
Hiernechſt folget die zweyte Verſtaͤndniſſen- Welt/ oder die En-
gel-Welt
Nachdem dem ewigen und allweiſen GOTT nach ſeinem uner-
forſchlichem Willen/ gefallen/ aus der Fuͤlle ſeiner Geſchoͤpff-Muſter/
herfuͤr zureichen und zu weiſen den ewigen Reichthum ſeiner Guͤte; hat er
der Zeit einen Anfang gegeben/ und im erſten Augenblick der Zeit die En-
gel-Welt herfuͤrgebracht (a) dieſelbe mit unbeleibten und unmateriali-
ſchen Geſchoͤpffen angefuͤllet. Selbige Engel-Welt wird/ von den Egy-
ptern/ genennnet Mundus ſuperexcelſus die uͤber hohe Welt; von den
Hebræern/ Mundus formationis, die Welt der Formirung oder Bil-
dung; imgleichen Mundus Angelorum, die Engel-Welt; und Mun-
dus intellectualis, die Verſtaͤndniß- oder Geiſter-Welt. Denn gleich-
wie der Allmaͤchtige hernach die Materi/ im Augenblicke/ geſchaffen/
aus welcher Er alle Geſtalten der ſinn- oder leiblichen Geſchoͤpffe/ inner-
halb ſechs Tagen nachmals herfuͤr gebracht und vollendet: wie Er auch
die vernuͤnfftige Seele/ in einem Zeit-Blicke/ dem Menſchen eingehau-
chet: alſo hat Er gleichfalls die Engel/ im Augenwinck/ im Nu/ er-
ſchaffen.
Die Engel-
Welt.
(a) Ita qui
dem P.
Kirch. in
Oedipo Æ-
gyptiaco:
ſed alii ali-
ter cenſent.
Unterſchied-
liche Na-
men derſel-
ben.
Goldſtern. Mir iſt zwar nicht unbewuſt/ daß viel alte Kirchen-
Vaͤtter in der Meinung ſtehen/ die Engel ſeyen/ vor der Welt/ erſchaffen:
aber deß H. Auguſtini/ und Theils andrer Kirchen-Lehrer Gedancken
gefallen mir beſſer/ welche urtheilen/ GOtt habe die Engel weder vor/
noch nach/ ſondern mit der Welt/ erſchaffen. Jedoch koͤnnen wir hie-
von/ ein anders mal/ weiter reden: wollen anjetzo dem Herꝛn Adlerhaupt
keine Hinderniß machen/ ſeinen Discurs fortzuſtrecken/ und uns der Egy-
pter Gedancken/ von der Engel-Welt zu eroͤffnen.
Adlerhaupt. Die Egypter waͤhneten/ die Engel-Welt waͤre/ von
Ewigkeit her/ mit und bey GOtt/ zugleich geweſen: indem ſie die Geiſter
der oͤberſten Welt/ und Jntelligentien/ fuͤr lauter Stuͤcklein der Gott-
heit/ oder fuͤr particular Goͤtter/ und ſonderbare Gottheiten geachtet.
Die Welt fuͤhret den Namen deß Verſtaͤndniſſes/ von den Geiſtern/
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