Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der vierdte Discurs/ von der Egypter/ Syrer/ Weil die alte tieff-gelehrte Egypter vermittelst ihrer nachsinnigen Unter den vier Haupt-Welten/ ist die Ur-Welt/ oder das ur- Diesem nach ist diß die urbildliche Welt/ so in dem höchsten und er- Die
Der vierdte Discurs/ von der Egypter/ Syrer/ Weil die alte tieff-gelehrte Egypter vermittelſt ihrer nachſinnigen Unter den vier Haupt-Welten/ iſt die Ur-Welt/ oder das ur- Dieſem nach iſt diß die urbildliche Welt/ ſo in dem hoͤchſten und er- Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0110" n="84"/> <fw place="top" type="header">Der vierdte Discurs/ von der Egypter/ Syrer/</fw><lb/> <p>Weil die alte tieff-gelehrte Egypter vermittelſt ihrer nachſinnigen<lb/> Speculirung/ gewahr wurden/ daß nichts in der Welt zu finden/ wel-<lb/> ches nicht in jedwedem Stuͤck der Welt auf gewiſſe Maß und Weiſe be-<lb/> griffen/ und alſo alles in allen waͤre: ſo tichteten ſie viel Welten; fuͤrnem-<lb/><note place="left">Viererley<lb/> Welten der<lb/> Egypter.</note>lich aber vier groſſe Welten/ und hernach unzehlich viel kleine dazu/ welche<lb/> aber alle ſaͤmtlich den vier groſſen angehoͤrig/ wie Glieder und Theile.<lb/> Darum wenn wir vernemen/ daß die Egypter viel Welten geſetzt; muͤſſen<lb/> wir uns nicht einbilden/ als ob ſolche vielheit der Welten/ von gantz voͤlli-<lb/> gen Welten zu verſtehen ſey/ die auſſer dem Umbegriff der Welt/ in dem ein-<lb/> gebildtem unendlichem Raum/ erſchaffen waͤren: denn es werden nur Theil-<lb/> Welten/ oder Theile der Welt/ damit gemeint.</p><lb/> <p>Unter den vier Haupt-Welten/ iſt die <hi rendition="#fr">Ur-Welt/</hi> oder das ur-<lb/> ſtaͤndige Welt-Muſter/ die erſte. Wird ſonſt auch die <hi rendition="#fr">Jntellectual-<lb/> Welt/</hi> oder die <hi rendition="#fr">Welt im Geiſt und im Verſtande;</hi> imgleichen <hi rendition="#fr">die<lb/> Welt der Urſachen aller Urſachen</hi> genennt: ſintemal ſie die Fuͤlle iſt al-<lb/> ler Geſtalten/ oder Muſter (denn ich nehme hie das Wort Geſtalt nicht<lb/><hi rendition="#aq">pro ſpecie</hi> fuͤr eine Gattung; ſondern fuͤr einen <hi rendition="#fr">Abriß/</hi> oder <hi rendition="#fr">Entwurff.</hi>)<lb/><note place="left">Was die<lb/> Jdealiſche<lb/> Welt ſey.</note>Die Platonici nennen es <hi rendition="#aq">Ideam,</hi> das iſt ein <hi rendition="#fr">ewiges Exemplar/</hi> oder<lb/><hi rendition="#fr">Muſter aller Dinge/</hi> ſo/ <hi rendition="#fr">der Natur nach/ geſchehen oder werden:</hi><lb/> wie Xenocrates und Allcinous die Jdeam beſchreiben. Wird demnach<lb/> die idealiſche oder urbildliche Welt ein Muſter genannt/ in ſo weit/ als<lb/> man ſie der ſinn- oder ſichtbarlichen Welt entgegen ſetzt: die <hi rendition="#fr">verſtaͤndli-<lb/> che Welt</hi> aber/ oder <hi rendition="#fr">Welt im Verſtande/ und allgemeiner Welt-<lb/> Verſtand/</hi> ſo weit/ als ſie auf den goͤttlichen Verſtand gezogen wird.</p><lb/> <p>Dieſem nach iſt diß die urbildliche Welt/ ſo in dem hoͤchſten und er-<lb/> ſten untheilbarem oder unmittheilhafftem Verſtande leuchtet/ und wie<lb/> es Plato giebt/ ein in der Verſtaͤndlichen Welt herꝛſchendes Ur-Bild deß<lb/> Guten Und ob zwar ſolche Urbilder/ oder Muſter unzehlbar; ſind ſie doch/<lb/> in dem Goͤttlichem Verſtande/ von demſelben/ wuͤrck- und weſentlich nicht<lb/> unterſchieden; aber dennoch/ unter ſich ſelbſten; alſo daß eines nicht kan fuͤr<lb/> das andre/ noch fuͤr einerley/ gehalten werden; als/ zum Exempel/ das Mu-<lb/> ſter eines Menſchen laͤſt ſich nicht/ von einem Pferde/ nehmen. Es befinden<lb/> ſich auch alle dieſe Ur-Bilder/ alle dieſe urſtaͤndige Muſter/ in Gott dem<lb/> Herꝛn/ nicht/ wie ein Accident in ſeinem Subject oder Grund-Satze;<lb/> noch wie die Formen/ in andren Formen: ſondern ſeynd das aller einfach-<lb/> ſte Weſen deß Goͤttlichen Verſtandes ſelbſt/ in ſo weit nemlich/ als das<lb/> Weſen ſolches goͤttlichen Verſtandes alles/ was man mit Gedancken be-<lb/> greiffen kan/ repræſentirt/ und alle Dinge/ als wie die goͤttliche exempla-<lb/> riſche/ ja auch auswirckende und Ende-bezielte Urſach/ in ſich beſchleuſt.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [84/0110]
Der vierdte Discurs/ von der Egypter/ Syrer/
Weil die alte tieff-gelehrte Egypter vermittelſt ihrer nachſinnigen
Speculirung/ gewahr wurden/ daß nichts in der Welt zu finden/ wel-
ches nicht in jedwedem Stuͤck der Welt auf gewiſſe Maß und Weiſe be-
griffen/ und alſo alles in allen waͤre: ſo tichteten ſie viel Welten; fuͤrnem-
lich aber vier groſſe Welten/ und hernach unzehlich viel kleine dazu/ welche
aber alle ſaͤmtlich den vier groſſen angehoͤrig/ wie Glieder und Theile.
Darum wenn wir vernemen/ daß die Egypter viel Welten geſetzt; muͤſſen
wir uns nicht einbilden/ als ob ſolche vielheit der Welten/ von gantz voͤlli-
gen Welten zu verſtehen ſey/ die auſſer dem Umbegriff der Welt/ in dem ein-
gebildtem unendlichem Raum/ erſchaffen waͤren: denn es werden nur Theil-
Welten/ oder Theile der Welt/ damit gemeint.
Viererley
Welten der
Egypter.
Unter den vier Haupt-Welten/ iſt die Ur-Welt/ oder das ur-
ſtaͤndige Welt-Muſter/ die erſte. Wird ſonſt auch die Jntellectual-
Welt/ oder die Welt im Geiſt und im Verſtande; imgleichen die
Welt der Urſachen aller Urſachen genennt: ſintemal ſie die Fuͤlle iſt al-
ler Geſtalten/ oder Muſter (denn ich nehme hie das Wort Geſtalt nicht
pro ſpecie fuͤr eine Gattung; ſondern fuͤr einen Abriß/ oder Entwurff.)
Die Platonici nennen es Ideam, das iſt ein ewiges Exemplar/ oder
Muſter aller Dinge/ ſo/ der Natur nach/ geſchehen oder werden:
wie Xenocrates und Allcinous die Jdeam beſchreiben. Wird demnach
die idealiſche oder urbildliche Welt ein Muſter genannt/ in ſo weit/ als
man ſie der ſinn- oder ſichtbarlichen Welt entgegen ſetzt: die verſtaͤndli-
che Welt aber/ oder Welt im Verſtande/ und allgemeiner Welt-
Verſtand/ ſo weit/ als ſie auf den goͤttlichen Verſtand gezogen wird.
Was die
Jdealiſche
Welt ſey.
Dieſem nach iſt diß die urbildliche Welt/ ſo in dem hoͤchſten und er-
ſten untheilbarem oder unmittheilhafftem Verſtande leuchtet/ und wie
es Plato giebt/ ein in der Verſtaͤndlichen Welt herꝛſchendes Ur-Bild deß
Guten Und ob zwar ſolche Urbilder/ oder Muſter unzehlbar; ſind ſie doch/
in dem Goͤttlichem Verſtande/ von demſelben/ wuͤrck- und weſentlich nicht
unterſchieden; aber dennoch/ unter ſich ſelbſten; alſo daß eines nicht kan fuͤr
das andre/ noch fuͤr einerley/ gehalten werden; als/ zum Exempel/ das Mu-
ſter eines Menſchen laͤſt ſich nicht/ von einem Pferde/ nehmen. Es befinden
ſich auch alle dieſe Ur-Bilder/ alle dieſe urſtaͤndige Muſter/ in Gott dem
Herꝛn/ nicht/ wie ein Accident in ſeinem Subject oder Grund-Satze;
noch wie die Formen/ in andren Formen: ſondern ſeynd das aller einfach-
ſte Weſen deß Goͤttlichen Verſtandes ſelbſt/ in ſo weit nemlich/ als das
Weſen ſolches goͤttlichen Verſtandes alles/ was man mit Gedancken be-
greiffen kan/ repræſentirt/ und alle Dinge/ als wie die goͤttliche exempla-
riſche/ ja auch auswirckende und Ende-bezielte Urſach/ in ſich beſchleuſt.
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/110>, abgerufen am 22.07.2024. |