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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der dritte Discurs/ darinn behauptet wird/
nach) nur eine einige Welt nothwendig seyn müsse? Dawider richtet
sich der Herr/ mit solchen Erweisungen/ die nicht eben aus der Ver-
nunfft/ sondern aus Göttlicher Allmachts-Offenbarung/ genom-
men. Daß die Welt aus Nichts erschaffen sey/ solchen Bericht er-
theilt uns nicht die blosse Vernunfft/ sondern das Buch göttlicher Offen-
barung. Ob aber/ aus der erschaffenen Welt-Materi mehr/ denn eine
Welt/ hette können geschaffen werden? davon schreibt die Feder deß H.
Geistes nichts ausdrückliches. Demnach so wird diese letzte Frage billig/
für den Richter-Stuhl der gesunden Vernunfft/ gestellet: da wir den
Ausspruch hören/ und gelten lassen müssen/ daß/ was aus einerley Ma-
teri erschaffen/ solches zwar unterschiedlich genaturirt seyn könne/ doch aber
alles miteinander sich/ zu einem allgemeinem Gestiffte/ müsse vereinigen/
und nicht zu vielen allgemeinen Wercken. Was nun der Herr diesem
entgegen gesetzt/ daß die göttliche Krafft eben so leicht/ ja noch wol leich-
ter/ aus dieser Materi/ habe viel Welten/ als nur eine/ können bauen:
das springt über die Grentzen der Vernunfft/ und also auch der angestelle-
ten Frage: angemerckt/ nicht gefragt wird/ was der Höchste/ nach seiner
Allmacht/ thun könne; sondern was/ nach dem Maß unserer Vernunfft/
die ein kleines Füncklein der Sonnen göttlicher Weisheit und Erleuch-
tung ist/ die Bewandniß der Materi/ natur- und ordentlicher Weise/ zu-
Unserm H.
Gott ist das
Grösseste
so leicht zu
machen wie
das Kleine-
ste.
gebe. Dem jenigen/ der alles vermag/ ist keines leichter/ denn das an-
dre; sondern das allergrösseste Kunststück so leicht/ als das kleineste; die
Sonne so leicht zu machen gewesen/ als wie das allergeringste Heerd-
Füncklein: und kan Er auch eben so leicht etwas überschwenglich thun/
über alle Natur/ als nach dem ordentlichem Lauffe der Natur. Der Herr
darff nicht sorgen/ als ob die göttliche Allmacht/ bey mir/ in so schlechtem
Concept/ und Wahn der Unvermöglichkeit/ stehe/ wie beym Galeno:
welcher fürgibt/ GOtt könne Nichtes machen/ ohn allein in einer füglich-
disponirten Materi.

Galeni
Jrrthum/
von der
Wür-
ckungs-
Krafft Got-
tes.
Schönwald. Wo sagt doch Galenus solches?

Adlerhaupt. Jn seinen Büchern von dem Gebrauch und Nutzen
der Theile: da er/ nach Betrachtung/ wie die Härlein an den Augbrau-
nen stets in gleicher Grösse beharren/ und nicht länger wachsen/ wie das
Haupt-Haar/ oder der Bart/ endlich fraget/ ob der Bauherr unseres
Leibes ihnen eine solche gleichmässige Grösse verordnet habe/ und sie/ aus
Respect und Ehrfurcht gegen dem Gebot Gottes/ diese ihnen anbefohlene
Weise beobachten? Hiezu zeucht er erstlich Mosis und Epicuri/ zweener
sehr ungleicher Lehrer/ ihre Sätze herbey; und bekennet/ daß Moses zwar
also/ von der Natur/ schreibe/ auch eine wahrscheinlichere Meinung füh-

re/

Der dritte Discurs/ darinn behauptet wird/
nach) nur eine einige Welt nothwendig ſeyn muͤſſe? Dawider richtet
ſich der Herꝛ/ mit ſolchen Erweiſungen/ die nicht eben aus der Ver-
nunfft/ ſondern aus Goͤttlicher Allmachts-Offenbarung/ genom-
men. Daß die Welt aus Nichts erſchaffen ſey/ ſolchen Bericht er-
theilt uns nicht die bloſſe Vernunfft/ ſondern das Buch goͤttlicher Offen-
barung. Ob aber/ aus der erſchaffenen Welt-Materi mehr/ denn eine
Welt/ hette koͤnnen geſchaffen werden? davon ſchreibt die Feder deß H.
Geiſtes nichts ausdruͤckliches. Demnach ſo wird dieſe letzte Frage billig/
fuͤr den Richter-Stuhl der geſunden Vernunfft/ geſtellet: da wir den
Ausſpruch hoͤren/ und gelten laſſen muͤſſen/ daß/ was aus einerley Ma-
teri erſchaffen/ ſolches zwar unterſchiedlich genaturirt ſeyn koͤnne/ doch aber
alles miteinander ſich/ zu einem allgemeinem Geſtiffte/ muͤſſe vereinigen/
und nicht zu vielen allgemeinen Wercken. Was nun der Herꝛ dieſem
entgegen geſetzt/ daß die goͤttliche Krafft eben ſo leicht/ ja noch wol leich-
ter/ aus dieſer Materi/ habe viel Welten/ als nur eine/ koͤnnen bauen:
das ſpringt uͤber die Grentzen der Vernunfft/ und alſo auch der angeſtelle-
ten Frage: angemerckt/ nicht gefragt wird/ was der Hoͤchſte/ nach ſeiner
Allmacht/ thun koͤnne; ſondern was/ nach dem Maß unſerer Vernunfft/
die ein kleines Fuͤncklein der Sonnen goͤttlicher Weisheit und Erleuch-
tung iſt/ die Bewandniß der Materi/ natur- und ordentlicher Weiſe/ zu-
Unſerm H.
Gott iſt das
Groͤſſeſte
ſo leicht zu
machen wie
das Kleine-
ſte.
gebe. Dem jenigen/ der alles vermag/ iſt keines leichter/ denn das an-
dre; ſondern das allergroͤſſeſte Kunſtſtuͤck ſo leicht/ als das kleineſte; die
Sonne ſo leicht zu machen geweſen/ als wie das allergeringſte Heerd-
Fuͤncklein: und kan Er auch eben ſo leicht etwas uͤberſchwenglich thun/
uͤber alle Natur/ als nach dem ordentlichem Lauffe der Natur. Der Herꝛ
darff nicht ſorgen/ als ob die goͤttliche Allmacht/ bey mir/ in ſo ſchlechtem
Concept/ und Wahn der Unvermoͤglichkeit/ ſtehe/ wie beym Galeno:
welcher fuͤrgibt/ GOtt koͤnne Nichtes machen/ ohn allein in einer fuͤglich-
disponirten Materi.

Galeni
Jrrthum/
von der
Wuͤr-
ckungs-
Krafft Got-
tes.
Schoͤnwald. Wo ſagt doch Galenus ſolches?

Adlerhaupt. Jn ſeinen Buͤchern von dem Gebrauch und Nutzen
der Theile: da er/ nach Betrachtung/ wie die Haͤrlein an den Augbrau-
nen ſtets in gleicher Groͤſſe beharren/ und nicht laͤnger wachſen/ wie das
Haupt-Haar/ oder der Bart/ endlich fraget/ ob der Bauherꝛ unſeres
Leibes ihnen eine ſolche gleichmaͤſſige Groͤſſe verordnet habe/ und ſie/ aus
Reſpect und Ehrfurcht gegen dem Gebot Gottes/ dieſe ihnen anbefohlene
Weiſe beobachten? Hiezu zeucht er erſtlich Moſis und Epicuri/ zweener
ſehr ungleicher Lehrer/ ihre Saͤtze herbey; und bekennet/ daß Moſes zwar
alſo/ von der Natur/ ſchreibe/ auch eine wahrſcheinlichere Meinung fuͤh-

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[78/0104] Der dritte Discurs/ darinn behauptet wird/ nach) nur eine einige Welt nothwendig ſeyn muͤſſe? Dawider richtet ſich der Herꝛ/ mit ſolchen Erweiſungen/ die nicht eben aus der Ver- nunfft/ ſondern aus Goͤttlicher Allmachts-Offenbarung/ genom- men. Daß die Welt aus Nichts erſchaffen ſey/ ſolchen Bericht er- theilt uns nicht die bloſſe Vernunfft/ ſondern das Buch goͤttlicher Offen- barung. Ob aber/ aus der erſchaffenen Welt-Materi mehr/ denn eine Welt/ hette koͤnnen geſchaffen werden? davon ſchreibt die Feder deß H. Geiſtes nichts ausdruͤckliches. Demnach ſo wird dieſe letzte Frage billig/ fuͤr den Richter-Stuhl der geſunden Vernunfft/ geſtellet: da wir den Ausſpruch hoͤren/ und gelten laſſen muͤſſen/ daß/ was aus einerley Ma- teri erſchaffen/ ſolches zwar unterſchiedlich genaturirt ſeyn koͤnne/ doch aber alles miteinander ſich/ zu einem allgemeinem Geſtiffte/ muͤſſe vereinigen/ und nicht zu vielen allgemeinen Wercken. Was nun der Herꝛ dieſem entgegen geſetzt/ daß die goͤttliche Krafft eben ſo leicht/ ja noch wol leich- ter/ aus dieſer Materi/ habe viel Welten/ als nur eine/ koͤnnen bauen: das ſpringt uͤber die Grentzen der Vernunfft/ und alſo auch der angeſtelle- ten Frage: angemerckt/ nicht gefragt wird/ was der Hoͤchſte/ nach ſeiner Allmacht/ thun koͤnne; ſondern was/ nach dem Maß unſerer Vernunfft/ die ein kleines Fuͤncklein der Sonnen goͤttlicher Weisheit und Erleuch- tung iſt/ die Bewandniß der Materi/ natur- und ordentlicher Weiſe/ zu- gebe. Dem jenigen/ der alles vermag/ iſt keines leichter/ denn das an- dre; ſondern das allergroͤſſeſte Kunſtſtuͤck ſo leicht/ als das kleineſte; die Sonne ſo leicht zu machen geweſen/ als wie das allergeringſte Heerd- Fuͤncklein: und kan Er auch eben ſo leicht etwas uͤberſchwenglich thun/ uͤber alle Natur/ als nach dem ordentlichem Lauffe der Natur. Der Herꝛ darff nicht ſorgen/ als ob die goͤttliche Allmacht/ bey mir/ in ſo ſchlechtem Concept/ und Wahn der Unvermoͤglichkeit/ ſtehe/ wie beym Galeno: welcher fuͤrgibt/ GOtt koͤnne Nichtes machen/ ohn allein in einer fuͤglich- disponirten Materi. Unſerm H. Gott iſt das Groͤſſeſte ſo leicht zu machen wie das Kleine- ſte. Schoͤnwald. Wo ſagt doch Galenus ſolches? Galeni Jrrthum/ von der Wuͤr- ckungs- Krafft Got- tes. Adlerhaupt. Jn ſeinen Buͤchern von dem Gebrauch und Nutzen der Theile: da er/ nach Betrachtung/ wie die Haͤrlein an den Augbrau- nen ſtets in gleicher Groͤſſe beharren/ und nicht laͤnger wachſen/ wie das Haupt-Haar/ oder der Bart/ endlich fraget/ ob der Bauherꝛ unſeres Leibes ihnen eine ſolche gleichmaͤſſige Groͤſſe verordnet habe/ und ſie/ aus Reſpect und Ehrfurcht gegen dem Gebot Gottes/ dieſe ihnen anbefohlene Weiſe beobachten? Hiezu zeucht er erſtlich Moſis und Epicuri/ zweener ſehr ungleicher Lehrer/ ihre Saͤtze herbey; und bekennet/ daß Moſes zwar alſo/ von der Natur/ ſchreibe/ auch eine wahrſcheinlichere Meinung fuͤh- re/

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/104>, abgerufen am 24.11.2024.