rufe jene unaussprechlich süsse Ahnung, jenen eng- lischen Gruß des Friedens wieder in Dir herauf, und Du wirst ungefähr wissen können, wie dem Ritter Huldbrand während seines Lebens auf der Seespitze zu Sinne war.
Er sah oftmals mit innigem Wohlbehagen, wie der Waldstrom mit jedem Tage wilder ein- herrollte, wie er sich sein Bette breiter und brei- ter riß, und die Abgeschiedenheit auf der Insel so für immer längere Zeit ausdehnte. Einen Theil des Tages über, strich er mit einer alten Armbrust, die er in einem Winkel der Hütte ge- funden, und sich ausgebessert hatte, umher, nach den vorüberfliegenden Vögeln, lauernd, und, was er von ihnen treffen konnte, als guten Braten in die Küche liefernd. Brachte er nun seine Beute zurück, so unterließ Undine fast niemals, ihn aus- zuschelten, daß er den lieben, lustigen Thierchen oben im blauen Luftmeer so feindlich ihr fröhli- ches Leben stehle; ja sie weinte oftmals bitterlich bei dem Anblicke des todten Geflügels. Kam er aber dann ein andermal wieder heim, und hatte
rufe jene unausſprechlich ſuͤſſe Ahnung, jenen eng- liſchen Gruß des Friedens wieder in Dir herauf, und Du wirſt ungefaͤhr wiſſen koͤnnen, wie dem Ritter Huldbrand waͤhrend ſeines Lebens auf der Seeſpitze zu Sinne war.
Er ſah oftmals mit innigem Wohlbehagen, wie der Waldſtrom mit jedem Tage wilder ein- herrollte, wie er ſich ſein Bette breiter und brei- ter riß, und die Abgeſchiedenheit auf der Inſel ſo fuͤr immer laͤngere Zeit ausdehnte. Einen Theil des Tages uͤber, ſtrich er mit einer alten Armbruſt, die er in einem Winkel der Huͤtte ge- funden, und ſich ausgebeſſert hatte, umher, nach den voruͤberfliegenden Voͤgeln, lauernd, und, was er von ihnen treffen konnte, als guten Braten in die Kuͤche liefernd. Brachte er nun ſeine Beute zuruͤck, ſo unterließ Undine faſt niemals, ihn aus- zuſchelten, daß er den lieben, luſtigen Thierchen oben im blauen Luftmeer ſo feindlich ihr froͤhli- ches Leben ſtehle; ja ſie weinte oftmals bitterlich bei dem Anblicke des todten Gefluͤgels. Kam er aber dann ein andermal wieder heim, und hatte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0064"n="50"/>
rufe jene unausſprechlich ſuͤſſe Ahnung, jenen eng-<lb/>
liſchen Gruß des Friedens wieder in Dir herauf,<lb/>
und Du wirſt ungefaͤhr wiſſen koͤnnen, wie dem<lb/>
Ritter Huldbrand waͤhrend ſeines Lebens auf der<lb/>
Seeſpitze zu Sinne war.</p><lb/><p>Er ſah oftmals mit innigem Wohlbehagen,<lb/>
wie der Waldſtrom mit jedem Tage wilder ein-<lb/>
herrollte, wie er ſich ſein Bette breiter und brei-<lb/>
ter riß, und die Abgeſchiedenheit auf der Inſel<lb/>ſo fuͤr immer laͤngere Zeit ausdehnte. Einen<lb/>
Theil des Tages uͤber, ſtrich er mit einer alten<lb/>
Armbruſt, die er in einem Winkel der Huͤtte ge-<lb/>
funden, und ſich ausgebeſſert hatte, umher, nach<lb/>
den voruͤberfliegenden Voͤgeln, lauernd, und, was<lb/>
er von ihnen treffen konnte, als guten Braten in<lb/>
die Kuͤche liefernd. Brachte er nun ſeine Beute<lb/>
zuruͤck, ſo unterließ Undine faſt niemals, ihn aus-<lb/>
zuſchelten, daß er den lieben, luſtigen Thierchen<lb/>
oben im blauen Luftmeer ſo feindlich ihr froͤhli-<lb/>
ches Leben ſtehle; ja ſie weinte oftmals bitterlich<lb/>
bei dem Anblicke des todten Gefluͤgels. Kam er<lb/>
aber dann ein andermal wieder heim, und hatte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[50/0064]
rufe jene unausſprechlich ſuͤſſe Ahnung, jenen eng-
liſchen Gruß des Friedens wieder in Dir herauf,
und Du wirſt ungefaͤhr wiſſen koͤnnen, wie dem
Ritter Huldbrand waͤhrend ſeines Lebens auf der
Seeſpitze zu Sinne war.
Er ſah oftmals mit innigem Wohlbehagen,
wie der Waldſtrom mit jedem Tage wilder ein-
herrollte, wie er ſich ſein Bette breiter und brei-
ter riß, und die Abgeſchiedenheit auf der Inſel
ſo fuͤr immer laͤngere Zeit ausdehnte. Einen
Theil des Tages uͤber, ſtrich er mit einer alten
Armbruſt, die er in einem Winkel der Huͤtte ge-
funden, und ſich ausgebeſſert hatte, umher, nach
den voruͤberfliegenden Voͤgeln, lauernd, und, was
er von ihnen treffen konnte, als guten Braten in
die Kuͤche liefernd. Brachte er nun ſeine Beute
zuruͤck, ſo unterließ Undine faſt niemals, ihn aus-
zuſchelten, daß er den lieben, luſtigen Thierchen
oben im blauen Luftmeer ſo feindlich ihr froͤhli-
ches Leben ſtehle; ja ſie weinte oftmals bitterlich
bei dem Anblicke des todten Gefluͤgels. Kam er
aber dann ein andermal wieder heim, und hatte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/64>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.