Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

doch hier unser Blätterdach wohl noch immer
werth. -- Es ist der Himmel! sagte Huld-
brand, und umschlang, inbrünstig küssend, die
schmeichelnde Schöne.

Da war unterdessen der alte Fischer an
das Ufer des Stromes gekommen, und rief zu
den beiden jungen Leuten herüber: ei, Herr Rit-
ter, ich habe Euch aufgenommen, wie es ein
biederherziger Mann dem andern zu thun pflegt,
und nun kos't Ihr mit meinem Pflegekinde so
heimlich, und laßt mich noch obenein in der
Angst nach ihr durch die Nacht umherlaufen. --
Ich habe sie selbst erst eben jetzt gefunden, al-
ter Vater, rief ihm der Ritter zurück. Desto
besser, sagte der Fischer; aber nun bringt sie
mir auch ohne Verzögern an das feste Land
herüber. Davon aber wollte Undine wieder gar
nichts hören. Sie meinte, eher wolle sie mit
dem schönen Fremden in den wilden Forst vol-
lends hinein, als wieder in die Hütte zurück,
wo man ihr nicht ihren Willen thue, und aus
welcher der hübsche Ritter doch über kurz oder

lang

doch hier unſer Blaͤtterdach wohl noch immer
werth. — Es iſt der Himmel! ſagte Huld-
brand, und umſchlang, inbruͤnſtig kuͤſſend, die
ſchmeichelnde Schoͤne.

Da war unterdeſſen der alte Fiſcher an
das Ufer des Stromes gekommen, und rief zu
den beiden jungen Leuten heruͤber: ei, Herr Rit-
ter, ich habe Euch aufgenommen, wie es ein
biederherziger Mann dem andern zu thun pflegt,
und nun koſ’t Ihr mit meinem Pflegekinde ſo
heimlich, und laßt mich noch obenein in der
Angſt nach ihr durch die Nacht umherlaufen. —
Ich habe ſie ſelbſt erſt eben jetzt gefunden, al-
ter Vater, rief ihm der Ritter zuruͤck. Deſto
beſſer, ſagte der Fiſcher; aber nun bringt ſie
mir auch ohne Verzoͤgern an das feſte Land
heruͤber. Davon aber wollte Undine wieder gar
nichts hoͤren. Sie meinte, eher wolle ſie mit
dem ſchoͤnen Fremden in den wilden Forſt vol-
lends hinein, als wieder in die Huͤtte zuruͤck,
wo man ihr nicht ihren Willen thue, und aus
welcher der huͤbſche Ritter doch uͤber kurz oder

lang
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0046" n="32"/>
doch hier un&#x017F;er Bla&#x0364;tterdach wohl noch immer<lb/>
werth. &#x2014; Es i&#x017F;t der Himmel! &#x017F;agte Huld-<lb/>
brand, und um&#x017F;chlang, inbru&#x0364;n&#x017F;tig ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;end, die<lb/>
&#x017F;chmeichelnde Scho&#x0364;ne.</p><lb/>
          <p>Da war unterde&#x017F;&#x017F;en der alte Fi&#x017F;cher an<lb/>
das Ufer des Stromes gekommen, und rief zu<lb/>
den beiden jungen Leuten heru&#x0364;ber: ei, Herr Rit-<lb/>
ter, ich habe Euch aufgenommen, wie es ein<lb/>
biederherziger Mann dem andern zu thun pflegt,<lb/>
und nun ko&#x017F;&#x2019;t Ihr mit meinem Pflegekinde &#x017F;o<lb/>
heimlich, und laßt mich noch obenein in der<lb/>
Ang&#x017F;t nach ihr durch die Nacht umherlaufen. &#x2014;<lb/>
Ich habe &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t er&#x017F;t eben jetzt gefunden, al-<lb/>
ter Vater, rief ihm der Ritter zuru&#x0364;ck. De&#x017F;to<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;agte der Fi&#x017F;cher; aber nun bringt &#x017F;ie<lb/>
mir auch ohne Verzo&#x0364;gern an das fe&#x017F;te Land<lb/>
heru&#x0364;ber. Davon aber wollte Undine wieder gar<lb/>
nichts ho&#x0364;ren. Sie meinte, eher wolle &#x017F;ie mit<lb/>
dem &#x017F;cho&#x0364;nen Fremden in den wilden For&#x017F;t vol-<lb/>
lends hinein, als wieder in die Hu&#x0364;tte zuru&#x0364;ck,<lb/>
wo man ihr nicht ihren Willen thue, und aus<lb/>
welcher der hu&#x0364;b&#x017F;che Ritter doch u&#x0364;ber kurz oder<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lang</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0046] doch hier unſer Blaͤtterdach wohl noch immer werth. — Es iſt der Himmel! ſagte Huld- brand, und umſchlang, inbruͤnſtig kuͤſſend, die ſchmeichelnde Schoͤne. Da war unterdeſſen der alte Fiſcher an das Ufer des Stromes gekommen, und rief zu den beiden jungen Leuten heruͤber: ei, Herr Rit- ter, ich habe Euch aufgenommen, wie es ein biederherziger Mann dem andern zu thun pflegt, und nun koſ’t Ihr mit meinem Pflegekinde ſo heimlich, und laßt mich noch obenein in der Angſt nach ihr durch die Nacht umherlaufen. — Ich habe ſie ſelbſt erſt eben jetzt gefunden, al- ter Vater, rief ihm der Ritter zuruͤck. Deſto beſſer, ſagte der Fiſcher; aber nun bringt ſie mir auch ohne Verzoͤgern an das feſte Land heruͤber. Davon aber wollte Undine wieder gar nichts hoͤren. Sie meinte, eher wolle ſie mit dem ſchoͤnen Fremden in den wilden Forſt vol- lends hinein, als wieder in die Huͤtte zuruͤck, wo man ihr nicht ihren Willen thue, und aus welcher der huͤbſche Ritter doch uͤber kurz oder lang

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/46
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/46>, abgerufen am 24.11.2024.