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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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ben, damit er sie seine Rache könne fühlen la-
ßen. Das soll er doch nicht, der schwächliche
Elementargeist. Was eine Menschenbrust ver-
mag, wenn sie so recht will, so recht aus ihrem
besten Leben will, das versteht der ohnmächtige
Gaukler nicht. -- Er fühlte die Wahrheit sei-
ner Worte, und daß er sich selbst dadurch einen
ganz erneuten Muth in das Herz gesprochen
habe. Auch schien es, als trete das Glück mit
ihm in Bunde, denn noch war er nicht wieder
bei seinem angebundenen Rosse, da hörte er
schon ganz deutlich Bertaldens klagende Stim-
me, wie sie unfern von ihm durch das immer
lauter werdende Geräusch des Donners und
Sturmwindes herüber weinte. Beflügelten Fu-
ßes eilt' er dem Schalle nach, und fand die er-
bebende Jungfrau, wie sie eben die Höhe hinan
zu klimmen versuchte, um sich auf alle Weise
aus dem schaurigen Dunkel dieses Thales zu
retten. Er aber trat ihr liebkosend in den Weg,
und so kühn und stolz auch früher ihr Entschluß
mochte gewesen sein, empfand sie doch jetzt nur

ben, damit er ſie ſeine Rache koͤnne fuͤhlen la-
ßen. Das ſoll er doch nicht, der ſchwaͤchliche
Elementargeiſt. Was eine Menſchenbruſt ver-
mag, wenn ſie ſo recht will, ſo recht aus ihrem
beſten Leben will, das verſteht der ohnmaͤchtige
Gaukler nicht. — Er fuͤhlte die Wahrheit ſei-
ner Worte, und daß er ſich ſelbſt dadurch einen
ganz erneuten Muth in das Herz geſprochen
habe. Auch ſchien es, als trete das Gluͤck mit
ihm in Bunde, denn noch war er nicht wieder
bei ſeinem angebundenen Roſſe, da hoͤrte er
ſchon ganz deutlich Bertaldens klagende Stim-
me, wie ſie unfern von ihm durch das immer
lauter werdende Geraͤuſch des Donners und
Sturmwindes heruͤber weinte. Befluͤgelten Fu-
ßes eilt’ er dem Schalle nach, und fand die er-
bebende Jungfrau, wie ſie eben die Hoͤhe hinan
zu klimmen verſuchte, um ſich auf alle Weiſe
aus dem ſchaurigen Dunkel dieſes Thales zu
retten. Er aber trat ihr liebkoſend in den Weg,
und ſo kuͤhn und ſtolz auch fruͤher ihr Entſchluß
mochte geweſen ſein, empfand ſie doch jetzt nur

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[142/0156] ben, damit er ſie ſeine Rache koͤnne fuͤhlen la- ßen. Das ſoll er doch nicht, der ſchwaͤchliche Elementargeiſt. Was eine Menſchenbruſt ver- mag, wenn ſie ſo recht will, ſo recht aus ihrem beſten Leben will, das verſteht der ohnmaͤchtige Gaukler nicht. — Er fuͤhlte die Wahrheit ſei- ner Worte, und daß er ſich ſelbſt dadurch einen ganz erneuten Muth in das Herz geſprochen habe. Auch ſchien es, als trete das Gluͤck mit ihm in Bunde, denn noch war er nicht wieder bei ſeinem angebundenen Roſſe, da hoͤrte er ſchon ganz deutlich Bertaldens klagende Stim- me, wie ſie unfern von ihm durch das immer lauter werdende Geraͤuſch des Donners und Sturmwindes heruͤber weinte. Befluͤgelten Fu- ßes eilt’ er dem Schalle nach, und fand die er- bebende Jungfrau, wie ſie eben die Hoͤhe hinan zu klimmen verſuchte, um ſich auf alle Weiſe aus dem ſchaurigen Dunkel dieſes Thales zu retten. Er aber trat ihr liebkoſend in den Weg, und ſo kuͤhn und ſtolz auch fruͤher ihr Entſchluß mochte geweſen ſein, empfand ſie doch jetzt nur

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/156>, abgerufen am 28.11.2024.