Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

weiterhin auf der Donau, wenn einige seiner
guten Freunde hineingeströmt sind, fängt sein
Reich wieder an. Darum ließ ich den Stein
über des Brunnens Oeffnung wälzen, und schrieb
Zeichen darauf, die alle Kraft des eifernden
Oheims lähmen, so daß er nun weder Dir,
noch mir, noch Bertalden, in den Weg kommen
soll. Menschen freilich können trotz der Zeichen
mit ganz gewöhnlichem Bemühen den Stein
wieder abheben; die hindert es nicht. Willst
Du also, so thu' nach Bertalda's Begehr, aber
wahrhaftig, sie weiß nicht, was sie bittet. Auf
sie hat es der ungezogne Kühleborn ganz vor-
züglich angesehn, und wenn Manches käme,
was er mir prophezeien wollte, und was doch
wohl geschehen könnte, ohne daß Du es übel
meintest, -- ach Lieber, so wärest ja auch Du
nicht außer Gefahr!

Huldbrand fühlte tief im Herzen die Groß-
muth seiner holden Frau, wie sie ihren furcht-
baren Beschützer so emsig aussperrte, und noch
dazu von Bertalden darüber gescholten worden

weiterhin auf der Donau, wenn einige ſeiner
guten Freunde hineingeſtroͤmt ſind, faͤngt ſein
Reich wieder an. Darum ließ ich den Stein
uͤber des Brunnens Oeffnung waͤlzen, und ſchrieb
Zeichen darauf, die alle Kraft des eifernden
Oheims laͤhmen, ſo daß er nun weder Dir,
noch mir, noch Bertalden, in den Weg kommen
ſoll. Menſchen freilich koͤnnen trotz der Zeichen
mit ganz gewoͤhnlichem Bemuͤhen den Stein
wieder abheben; die hindert es nicht. Willſt
Du alſo, ſo thu’ nach Bertalda’s Begehr, aber
wahrhaftig, ſie weiß nicht, was ſie bittet. Auf
ſie hat es der ungezogne Kuͤhleborn ganz vor-
zuͤglich angeſehn, und wenn Manches kaͤme,
was er mir prophezeien wollte, und was doch
wohl geſchehen koͤnnte, ohne daß Du es uͤbel
meinteſt, — ach Lieber, ſo waͤreſt ja auch Du
nicht außer Gefahr!

Huldbrand fuͤhlte tief im Herzen die Groß-
muth ſeiner holden Frau, wie ſie ihren furcht-
baren Beſchuͤtzer ſo emſig ausſperrte, und noch
dazu von Bertalden daruͤber geſcholten worden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0147" n="133"/>
weiterhin auf der Donau, wenn einige &#x017F;einer<lb/>
guten Freunde hineinge&#x017F;tro&#x0364;mt &#x017F;ind, fa&#x0364;ngt &#x017F;ein<lb/>
Reich wieder an. Darum ließ ich den Stein<lb/>
u&#x0364;ber des Brunnens Oeffnung wa&#x0364;lzen, und &#x017F;chrieb<lb/>
Zeichen darauf, die alle Kraft des eifernden<lb/>
Oheims la&#x0364;hmen, &#x017F;o daß er nun weder Dir,<lb/>
noch mir, noch Bertalden, in den Weg kommen<lb/>
&#x017F;oll. Men&#x017F;chen freilich ko&#x0364;nnen trotz der Zeichen<lb/>
mit ganz gewo&#x0364;hnlichem Bemu&#x0364;hen den Stein<lb/>
wieder abheben; die hindert es nicht. Will&#x017F;t<lb/>
Du al&#x017F;o, &#x017F;o thu&#x2019; nach Bertalda&#x2019;s Begehr, aber<lb/>
wahrhaftig, &#x017F;ie weiß nicht, was &#x017F;ie bittet. Auf<lb/>
&#x017F;ie hat es der ungezogne Ku&#x0364;hleborn ganz vor-<lb/>
zu&#x0364;glich ange&#x017F;ehn, und wenn Manches ka&#x0364;me,<lb/>
was er mir prophezeien wollte, und was doch<lb/>
wohl ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nnte, ohne daß Du es u&#x0364;bel<lb/>
meinte&#x017F;t, &#x2014; ach Lieber, &#x017F;o wa&#x0364;re&#x017F;t ja auch Du<lb/>
nicht außer Gefahr!</p><lb/>
          <p>Huldbrand fu&#x0364;hlte tief im Herzen die Groß-<lb/>
muth &#x017F;einer holden Frau, wie &#x017F;ie ihren furcht-<lb/>
baren Be&#x017F;chu&#x0364;tzer &#x017F;o em&#x017F;ig aus&#x017F;perrte, und noch<lb/>
dazu von Bertalden daru&#x0364;ber ge&#x017F;cholten worden<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0147] weiterhin auf der Donau, wenn einige ſeiner guten Freunde hineingeſtroͤmt ſind, faͤngt ſein Reich wieder an. Darum ließ ich den Stein uͤber des Brunnens Oeffnung waͤlzen, und ſchrieb Zeichen darauf, die alle Kraft des eifernden Oheims laͤhmen, ſo daß er nun weder Dir, noch mir, noch Bertalden, in den Weg kommen ſoll. Menſchen freilich koͤnnen trotz der Zeichen mit ganz gewoͤhnlichem Bemuͤhen den Stein wieder abheben; die hindert es nicht. Willſt Du alſo, ſo thu’ nach Bertalda’s Begehr, aber wahrhaftig, ſie weiß nicht, was ſie bittet. Auf ſie hat es der ungezogne Kuͤhleborn ganz vor- zuͤglich angeſehn, und wenn Manches kaͤme, was er mir prophezeien wollte, und was doch wohl geſchehen koͤnnte, ohne daß Du es uͤbel meinteſt, — ach Lieber, ſo waͤreſt ja auch Du nicht außer Gefahr! Huldbrand fuͤhlte tief im Herzen die Groß- muth ſeiner holden Frau, wie ſie ihren furcht- baren Beſchuͤtzer ſo emſig ausſperrte, und noch dazu von Bertalden daruͤber geſcholten worden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/147
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/147>, abgerufen am 27.11.2024.